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Erhöht ein Kaiserschnitt das Risiko für Leukämie beim Kind?

Frau mit Kaiserschnittnarbe trägt Baby auf der Hüfte

Weltweit werden immer mehr Kinder per Kaiserschnitt geboren – oft auch dann, wenn es keinen zwingenden medizinischen Grund dafür gibt. In Schweden liegt die Rate bei etwa 18 Prozent, in anderen Ländern sogar deutlich höher. 

Gut zu wissen: Kaiserschnitte weltweit im Trend

1990: ca. 7 % aller Geburten weltweit erfolgen per Kaiserschnitt

2021: rund 21 % der Geburten sind Kaiserschnitte – Tendenz steigend

Prognose 2030: fast 30 % aller Geburten sind Kaiserschnitt-Geburten

Deutschland: Anstieg von 16,9 % (1993) auf ca. 32 % (2023)

Besonders hohe Raten: Brasilien, Mexiko, China (teilweise über 40–50 %)

WHO-Empfehlung: Eine Rate über 10–15 % bringt keinen zusätzlichen Nutzen für Mutter und Kind.

Schon länger diskutieren Fachleute darüber, ob eine Geburt per Kaiserschnitt langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes haben könnte. Bekannt ist zum Beispiel ein Zusammenhang mit Asthma oder Typ-1-Diabetes.

Nun zeigt eine große schwedische Studie: Auch das Risiko für akute lymphatische Leukämie (ALL) – das ist die häufigste Form von Blutkrebs im Kindesalter – könnte durch einen geplanten Kaiserschnitt leicht erhöht sein.

Leukämierisiko und geplanter Kaiserschnitt: Groß angelegte Studie

Die Forschenden haben die Gesundheitsdaten von über 2,4 Millionen schwedischen Kindern ausgewertet, die zwischen 1982 und 2015 geboren wurden. Dabei zeigte sich:

  • Kinder, die per geplanten Kaiserschnitt vor Einsetzen der Wehen zur Welt kamen, hatten ein erhöhtes Risiko, an ALL zu erkranken.
  • Das Risiko betraf vor allem die sogenannte B-Zell-Vorläufer-ALL, die häufigste Form dieser Leukämie.
  • Besonders betroffen waren Jungen sowie Kinder, die bis zum 5. Lebensjahr erkrankten.
  • Ein Notkaiserschnitt, also ein ungeplanter Eingriff während der Geburt, zeigte kein erhöhtes Risiko.

Der Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn man andere Faktoren wie das Alter der Mutter, Schwangerschaftsdiabetes, Infektionen in der Schwangerschaft oder Geburtsgewicht berücksichtigte.

Leukämie: Warum ist ein geplanter Kaiserschnitt ein möglicher Risikofaktor?

Die Forschenden haben zwei Erklärungsansätze für die Studienergebnisse: Erstens fehlt beim geplanten Kaiserschnitt der Kontakt mit den mütterlichen Bakterien aus dem Geburtskanal. Diese Bakterien helfen dem Kind, ein stabiles Immunsystem aufzubauen. Stattdessen nehmen Kaiserschnittkinder eher Bakterien von der Haut oder aus der Umgebung im Krankenhaus auf.

Zweitens kommt es beim Kaiserschnitt nicht zur natürlichen Stressreaktion, die eine vaginale Geburt auslöst. Dabei werden wichtige Hormone wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt. 

Diese Hormone unterstützen das Immunsystem dabei, entartete oder kranke Zellen zu erkennen und zu bekämpfen. Diese Schutzmechanismen fehlen bei Kindern, die per geplanten Kaiserschnitt geboren werden.

Besonders auffällig war in der schwedischen Studie, dass dieser Zusammenhang vor allem bei Jungen auftrat. Frühere Untersuchungen zeigten hingegen eher ein erhöhtes Risiko für Mädchen – die genauen Ursachen dafür sind noch unklar.

Wie sicher sind die Ergebnisse?

Die schwedische Studie gilt als besonders aussagekräftig, weil sie Daten aus einem landesweiten Register verwendet hat. Die Forschenden konnten viele begleitende Faktoren mit einrechnen, was früheren Studien oft nicht gelang. Trotzdem weisen die Forschenden darauf hin, dass Leukämie im Kindesalter insgesamt sehr selten ist und das Risiko auch nach einem Kaiserschnitt weiterhin niedrig bleibt.

Wichtig zu erwähnen ist auch: Die Studie wurde in Schweden durchgeführt, wo die Kaiserschnittrate relativ niedrig ist. In Ländern mit höheren Raten könnten die Zusammenhänge daher möglicherweise anders ausfallen.

Was heißt das für die Beratung in der Apotheke?

Auch wenn das Risiko insgesamt gering bleibt, zeigt die Studie, dass die Art der Geburt durchaus langfristige Auswirkungen auf das Immunsystem haben kann. Wenn werdende Eltern in der Apotheke Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt haben, können wir sie auf die Vorteile der natürlichen Geburt aufmerksam machen – ohne Panik zu machen, aber mit Wissen im Hintergrund. Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/05/PD25_N024_23.html?templateQueryString=kaiserschnitte
https://www.who.int/publications/i/item/WHO-RHR-15.02
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ijc.70027
www.aerztezeitung.de/Medizin/Geplanter-Kaiserschnitt-offenbar-mit-erhoehtem-kindlichen-ALL-Risiko-assoziiert-459297.html