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Mehr Muskeln durch Proteinshakes und Kreatin?

Sportler trinkt Proteinshake
Nicht nur Protein, auch Kreatin ist bei Sportlern beliebt. | Bild: WavebreakmediaMicro / Adobe Stock

Eine gesteigerte Proteinzufuhr bei intensivem Kraft- und Ausdauertraining über den Breiten- und Freizeitsport hinaus ist durchaus sinnvoll und erforderlich. Doch selbst ein solch erhöhter Bedarf an Protein lässt sich ohne Probleme durch eine proteinreiche Ernährung – ganz gleich ob omnivor, vegetarisch oder vegan – abdecken. 

Wer dennoch das Gefühl hat, bestimmte Proteinmengen über die eigene Ernährungsweise nicht ganz zu erreichen, kann diese mittels Proteinsupplementen, meist in Form von Proteinshakes, ergänzen. Das ist zum Beispiel für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten oder Allergien eine Option.

Und so ergänzen einige Sportler mit EAA (Essential Amino Acid)-Supplementen ihre Ernährung. Solche EAA-Formula zur Nahrungsergänzung beinhalten ausschließlich die neun essenziellen Aminosäuren – aus pflanzlichen und/oder tierischen Proteinen – und sind teilweise auch in Apotheken erhältlich (z. B. von Pure Encapsulations).

Zur Erinnerung: Das sind die neun essenziellen Aminosäuren

  • Histidin,
  • Isoleucin,
  • Leucin,
  • Lysin,
  • Methionin,
  • Phenylalanin,
  • Threonin,
  • Tryptophan und
  • Valin.

Sind pflanzliche Proteine besser?

Die Auswahl an verschiedenen Proteinshakes ist riesig, sodass bezüglich des Geschmacks, der Zusammensetzung oder der Quelle der Proteine jeder problemlos auf seine Kosten kommt. Fest steht aber: Ob die Proteine tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind, spielt für die Muskelkraft und -masse keine Rolle. 

Daher sollten bei der Wahl der Proteinquelle vorzugsweise jene Proteine gewählt werden, die am besten vertragen werden. Aktuell kann für die sportliche Leistungsfähigkeit keine Proteinquelle als überlegen angesehen werden.

Was sind verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA)?

Ein – aus diversen Gründen – heiß diskutiertes Thema im Sport und in der Wissenschaft sind die BCAA (Branched-Chain Amino Acids). Anders als die restlichen Aminosäuren wandern die verzweigtkettigen Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin) nach der Absorption im Dünndarm direkt in den systemischen Körperkreislauf und umgehen die Verstoffwechselung in der Leber.

BCAA stehen dem Muskel zur Energiegewinnung und der Proteinbiosynthese sofort zur Verfügung. Darüber hinaus aktiviert Leucin das Enzym mTOR, den zentralen Regulator für Wachstum und Stoffwechsel. mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) steuert je nach Nährstoffüberfluss oder -mangel in der Zelle entweder anabole oder katabole Stoffwechselwege und gilt daher als Trigger für die Proteinbiosynthese im Muskel.

Bei Ernährung alle essenziellen Aminosäuren beachten

Neben Leucin sind aber auch Arginin – als nicht verzweigtkettige Aminosäure – und postprandiales Insulin – infolge eines Blutzuckeranstiegs – bedeutende mTOR-Aktivatoren. Abgesehen davon fehlt bis jetzt eine eindeutige Tendenz unter den Studienergebnissen, die die BCAA als leistungsförderndes Supplement belegen könnte.

Diese beiden Punkte sprechen also eher dafür, dass eine proteinreiche Mahlzeit mit allen essenziellen Aminosäuren inklusive Kohlenhydraten nicht nur die einfachste, sondern auch die effektivste Methode zu sein scheint, um die Proteinbiosynthese im Muskel anzukurbeln.

Gut zu wissen: erst Sport, dann Protein

Während des Trainings muss der Körper Kraft aufbringen und Energie verbrennen, er befindet sich somit in einem katabolen (abbauenden) Zustand. In der Ruhephase hat der Körper Zeit, Muskelprotein wiederaufzubauen (anaboler Zustand) und mögliche Schäden einer Überbeanspruchung zu reparieren. 

Bis zu 24 Stunden nach Belastung soll die muskuläre Proteinbiosynthese noch erhöht sein. Für eine adäquate Regeneration und ein maximales Wachstum der Muskeln braucht der Körper in diesem anabolen Zustand der Ruhephase die richtigen Nährstoffe in der richtigen Menge. Ein einzelner Proteinshake unmittelbar vor oder nach dem Training wird dafür logischerweise nicht genügen. 

Stattdessen sollten Proteine mehrmals am Tag in Dosierungen von bis zu insgesamt circa 2 g/kg Körpergewicht zugeführt werden. Am besten und einfachsten gelingt dies durch eine proteinreiche Ernährung mit mehreren Mahlzeiten am Tag. 

Wer trotzdem nicht auf seinen Proteinshake zum Training verzichten möchte, sollte darauf achten, eher gut verdauliche Proteine (z. B. Molke oder Soja) zu sich zu nehmen.

Kreatin für die schnelle Energiebereitstellung

Zwar kein Bestandteil von Muskelprotein, aber ein weiteres sehr beliebtes Produkt unter den Sportlern zur Leistungssteigerung ist Kreatinmonohydrat, welches ebenfalls in manchen Apotheken als Pulver erhältlich ist. So gaben in einer amerikanischen Umfrage 14 Prozent von etwa 21.000 befragten College-Athleten an, Kreatin einzunehmen. In den sozialen Netzwerken erwecken Fitness-Influencer den Eindruck, dass Muskelaufbau ohne Kreatin nicht möglich sei.

Kreatin wird vom Körper selbst hergestellt, vor allem in Leber und Niere. In Verbindung mit Phosphat bildet das Molekül einen wichtigen Energiespeicher im Muskel und dient zur schnellen Regenerierung von ATP (Adenosintriphosphat). 

Kreatin: Nichts für Ausdauersportler

In der Theorie versorgt das „Kreatin-Loading“ den Muskel uneingeschränkt mit Energie für mehr Kraft und Ausdauer. In der Praxis bestätigen Studien zwar, dass eine Kreatin-Supplementierung zu einem Anstieg der Kreatinspeicher im Körper führt. Jedoch korrelierten die erhöhten Kreatinspeicher der Trainierenden nur bei Sportarten mit kurzzeitigen und intensiven Belastungseinheiten, nicht aber bei Ausdauersportarten, positiv mit einer Leistungsverbesserung. 

Zu beachten ist zudem, dass den Studienteilnehmern Kreatin in einer meist einwöchigen „Loading Phase“ über eine Dosis von 20–25 g Kreatinmonohydrat am Tag innerhalb des Interventionszeitraums zugeführt wurde und nicht, wie für viele ambitionierte Sportler üblich, als alltägliche Einzeldosis von 3–6 g über mehrere Monate hinweg. 

Ernährungswissenschaftler Martin Smollich vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein veranschaulicht: „Das Kreatin dient der schnellen Energiebereitstellung in Muskelzellen. Das ist etwa beim Power-Lifting oder bei Sprints wichtig.“ Wie der Wissenschaftler erklärt, können sich Muskeln Energie aus verschiedenen Quellen holen, neben Kreatin auch aus Zucker und Fett, dafür brauche der Körper aber mehr Zeit. Dementsprechend helfe das Kreatin zum Beispiel bei einer langen Joggingeinheit eher nicht, so Smollich.

Wer profitiert von einer Kreatin-Supplementierung?

Der Experte für Muskelphysiologie und Stoffwechsel am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (Dife) Maximilian Kleinert erklärt: In den Muskelzellen seien die Kreatinspeicher normalerweise bis zu 80 Prozent gefüllt. Mit der Einnahme versuche man die Speicher auf 100 Prozent zu füllen. „Wahrscheinlich reicht das, was wir sowieso schon haben, aus, aber es gibt eben noch den Tick Luft nach oben.“ Durch diesen Energiepuffer könnten Sportlerinnen und Sportler ihre Gewichte ein- bis zweimal mehr heben, sagt Kleinert.

Damit erhöhe das Kreatin nicht nur die Leistung innerhalb kurzer Zeit, sondern auch das Muskelvolumen und die Maximalkraft, sagt Ernährungswissenschaftler Smollich. Ob eine Einnahme im Freizeitsport sinnvoll sei, hänge von den persönlichen Zielen ab – man brauche es nicht. „Aber wenn man sagt: ‚Ich möchte durch mein Training eine höhere Maximalkraft und einen dickeren Bizeps haben‘, dann beschleunigt Kreatin diesen Prozess.“

Dife-Experte Kleinert stellt fest, dass sich die Vorteile im Prozentbereich bewegen. „Wenn man natürlich bei den olympischen Athleten ist, dann können die ein, zwei Prozent natürlich schon den Unterschied zwischen einer Gold- oder Silbermedaille machen. Aber für den Freizeitsportler ist es, glaube ich, eher wichtig, sich vernünftig zu ernähren.“

Gut zu wissen: größere Muskeln, aber nicht mehr Kraft

Unter jenen Freizeitsportlern, die in erster Linie aus ästhetischen Gründen trainieren, ist Kreatin deshalb so beliebt, weil die vermehrte Wassereinlagerung in den Muskeln einen tatsächlich muskulöser aussehen lässt. Mit gesteigerter Leistungsfähigkeit und Kraft hat das allerdings nichts zu tun.

In den Studien zur Kreatin-Supplementierung zeigte sich, dass vorrangig Probanden (vor allem Vegetarier) mit anfänglich niedrigen Kreatinwerten von einer Supplementierung profitierten. 

Auch Dife-Experte Kleinert bemerkt, dass Vegetarier oder Veganer teilweise niedrigere Kreatinlevel im Muskel hätten. Er erklärt: „Man findet Kreatin in relativ hohen Konzentrationen in rotem Fleisch und Fisch, und zusammen mit der körpereigenen Synthese deckt eine ausgewogene Ernährung unseren Kreatinbedarf ab.“ Niedrigere Kreatinwerte seien im täglichen Leben jedoch nicht weiter schlimm, sagt Kleinert.

Wer dank einer fisch- oder fleischlastigen Ernährung ohnehin schon volle Kreatinspeicher hat, kann demzufolge also von einer Nahrungsergänzung mit Kreatin nicht allzu große Effekte erwarten.

Kreatin-Einnahme für Senioren sinnvoll?

Die Einnahme sei Smollich, Kleinert und der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) zufolge generell unbedenklich. Lediglich Menschen etwa mit Vorerkrankungen der Niere sollten vorsichtig sein.

Smollich zufolge könnten Menschen über 55 Jahren von einer Kreatin-Einnahme profitieren. Denn Ältere bauen Muskeln stärker und schneller ab, und das gehe mit einem Funktionsverlust einher. „Das heißt, ältere Menschen kommen nicht mehr so gut die Treppen hoch, können nicht mehr so gut einkaufen gehen, sind körperlich einfach schwächer. Hier kann Kreatin zusammen mit Krafttraining dazu beitragen, dass die Muskelmasse im Alter länger erhalten bleibt – und damit Funktionalität und Lebensqualität“, erläutert Smollich. Quelle: dpa / mia 

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