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Arzneimitteleinnahme und Alkohol – worauf ist zu achten?

Glas mit Alkohol und Tabletten liegen auf dem Tisch
Die Einnahme von Medikamenten in Kombination mit Alkohol kann zu Wechselwirkungen führen. | Bild: WoGi / AdobeStock

Wechselwirkungen zwischen Alkohol und Medikamenten sind auf vielfältige Weise möglich. Sowohl die Wirkung des Arzneistoffs als auch die Freisetzung, Verteilung und Metabolisierung (Verstoffwechselung) können davon beeinflusst werden. 

In welchen Fällen muss also komplett auf Alkohol verzichtet werden und wann ist ein mäßiger Genuss möglich?

Alkohol beeinflusst Freisetzung und Verteilung von Wirkstoffen

In seiner Funktion als Lösungsmittel kann Alkohol die Freisetzung eines Arzneistoffs aus oralen Arzneiformen beschleunigen. Bei Retardpräparaten kann dies dazu führen, dass der Wirkstoff nicht wie geplant über mehrere Stunden verteilt, sondern auf einmal freigesetzt wird (bekannt als „dose dumping“). 

Handelt es sich dabei um ein stark wirksames Arzneimittel z. B. ein opioidhaltiges Schmerzmittel, können die durch die hohen Wirkstoffspiegel verursachten Nebenwirkungen schwerwiegend oder schlimmstenfalls tödlich sein. 

Außerdem verursacht Alkohol eine Verzögerung der Magenentleerung. Orale Arzneiformen verweilen dadurch länger im Magen und geben bereits dort einen Großteil des Wirkstoffs frei. Der im Magen akkumulierte Wirkstoff wird „bolusartig“ in den Dünndarm entleert und führt so zu deutlich erhöhten Wirkstoffspiegeln.

Coffein, Theophyllin und Phenytoin: Risiko erhöhter Blutplasmaspiegel

Akuter Alkoholkonsum hemmt das Leberenzym CYP2E1. Über diesen Subtyp der Leberenzyme werden z. B. Coffein, Theophyllin und Phenytoin abgebaut. Wird das Enzym gehemmt, steigen in Folge die Blutplasmaspiegel der betroffenen Wirkstoffe an. Damit erhöht sich auch das Risiko für Nebenwirkungen. Da Theophyllin und Phenytoin zu den Wirkstoffen mit einer geringen therapeutischen Breite gehören, ist dies bei ihnen besonders gefährlich. 

Die Problematik dieser Wechselwirkung zeigt sich auch im gleichzeitigen Konsum von koffeinhaltigen Energydrinks und Alkohol. Aufgrund des Alkohols wird Coffein langsamer abgebaut, die aufputschende Wirkung steigt und verdeckt somit Anzeichen eines beginnenden Rausches.

Auf Schmerzmittel mit leberschädigender Wirkung achten

Aufgrund seiner leberschädigenden Wirkung sollte Alkohol nicht mit Wirkstoffen kombiniert werden, die ebenfalls zu Nebenwirkungen an der Leber führen können. In der Selbstmedikation empfiehlt es sich daher, bei einer vorgeschädigten Leber (z. B. bei Alkoholikern) auf Paracetamol zu verzichten. Aus demselben Grund sollte auch während der Einnahme des Antirheumatikums Methotrexat auf Alkohol verzichtet werden.

Ebenso kann der Konsum von Alkohol das Risiko für Magen-Darm-Geschwüre (gastrointestinale Ulzera) sowie Blutungen im Gastrointestinaltrakt erhöhen – wie auch bei der Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Daher sollte während der Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen und Diclofenac ebenfalls kein Alkohol konsumiert werden.

Vorsicht bei Schlaf- und Beruhigungsmitteln

Durch seine zentral dämpfende Wirkung verstärkt Alkohol die sedierenden Eigenschaften verschiedener Arzneistoffe. Dazu zählen z. B. Schlafmittel, Antiallergika vom Histamintyp, Antidepressiva sowie Neuroleptika.

Die Wirkungspotenzierung kann zu Benommenheit, Schläfrigkeit und Gangunsicherheit führen und erhöht, insbesondere bei älteren Patienten, die Sturzgefahr.

Kunden auf Wechselwirkung aufmerksam machen

In der Beratung muss der Kunde über mögliche Wechselwirkungen zwischen seiner Medikation und dem Konsum von Alkohol aufgeklärt werden. Um eine möglichst hohe Compliance zu gewährleisten, sollte jedoch nicht nur der Hinweis „bitte keinen Alkohol dazu trinken“ mitgegeben, sondern auch die jeweiligen Hintergründe verständlich erläutert werden.

Diabetiker sollten besonders aufpassen

Außerdem hemmt Alkohol die Neubildung von Glucose in der Leber und verstärkt die Wirkung verschiedener Antidiabetika. Dadurch steigt die Gefahr einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) sowie in Kombination mit Metformin das Auftreten einer Laktatazidose (Übersäuerung des Blutes durch Milchsäure).

Warnzeichen einer Unterzuckerung wie leichtes Frösteln oder Müdigkeit werden zudem durch die Alkoholwirkung überdeckt. Diabetiker sollten Alkohol deshalb nur in Maßen konsumieren und auf jeden Fall immer mit einer kohlenhydratreichen Mahlzeit kombinieren, um das Auftreten einer Hypoglykämie zu vermeiden.

Alkohol und Antibiotika

Eine weit verbreitete Annahme ist, dass man während der Einnahme von Antibiotika keinesfalls Alkohol trinken darf. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Wechselwirkung zwischen Alkohol und den entsprechenden Wirkstoffen, sondern um die Empfehlung, das Immunsystem durch den Genuss von Alkohol nicht weiter zu schwächen.

Eine Ausnahme bilden allerdings das Antibiotikum Amoxicillin, kombiniert mit dem Betalactamase-Inhibitor Clavulansäure. Aufgrund der leberschädigenden Wirkung der Clavulansäure sollte während der Therapie mit dem Antibiotikum auf Alkohol verzichtet werden.

Alkohol und Antikoagulantien

Wird Alkohol mit der Einnahme von älteren Antikoagulantien wie Phenprocoumon und Warfarin kombinier, besteht eine erhöhte Blutungsgefahr. Bei den neueren Wirkstoffen (z. B. Apixaban) wird diese Wechselwirkung nur in geringem Ausmaß beobachtet.

Je nach Wirkstoff sollte also entweder komplett auf Alkohol verzichtet oder höchstens in kleinen Dosen konsumiert werden.

Antabus-Effekt als Nebenwirkung

Verschiedene Wirkstoffe hemmen den Abbau von Alkohol. Durch die Ansammlung von Zwischenabbauprodukten können Symptomen wie Gesichtsrötung, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Blutdruckabfall auftreten. 

Zu den Wirkstoffen gehört Disulfiram (Antabus®), das diesem Effekt den Namen gegeben hat und früher zur Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit eingesetzt wurde. Weitere Wirkstoffe, die dieselbe Wechselwirkung zeigen, sind Ketoconazol und Metronidazol, die beide aber eher selten systemisch eingesetzt werden.

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