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Sind UV-Filter gesundheitsschädlich?

In der EU gelten strenge Regeln für den Einsatz von UV-Filtern in Kosmetikprodukten. | Bild: IMAGO / Panthermedia 

Draufschmieren, fertig. Mit dem Thema Sonnenschutz nehmen es viele Apothekenkunden nicht so genau. Doch gerade in Zeiten der Coronavirus-Pandemie, die so viele Einschränkungen im täglichen Leben mit sich bringt, genießen viele die Zeit im Freien. Das kann schnell zu einem Sonnenbrand führen, wenn man nicht sorgfältig vorbeugt. Immerhin schlägt in den vergangenen Jahren ein Rekordhitze-Sommer den nächsten. Und auch für dieses Jahr erwarten Meteorologen wieder extreme Wetterbedingungen.

Sind chemische UV-Filter krebserregend?

Manch ein Kunde hält die in Sonnencremes enthaltenen UV-Filter jedoch für gesundheitlich bedenklich. Bestimmte chemische Filter stehen in Verdacht, eine Hormon-ähnliche Wirkung zu besitzen und letztlich das Krebsrisiko zu erhöhen. Der Deutsche Krebsinformationsdienst sieht derzeit keine wissenschaftliche Evidenz für eine krebserregende Wirkung chemischer Sonnenschutz-Komponenten. „Ein gesteigertes Risiko für hormonabhängigen Brustkrebs durch Sonnenschutzmittel oder ihre Inhaltsstoffe, wie chemische UV-Filter, ist nicht belegt. Dies trifft auch für Rückfälle von hormonabhängigem Brustkrebs sowie andere Krebsarten zu“, schreiben die Wissenschaftler auf ihrer Website. „Selbst wenn Stoffe eine mögliche Hormonwirkung haben, verhindert die intakte Haut weitgehend das ungehemmte Eindringen von Substanzen.“

BfR: Keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten

Und auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beruhigt: „Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft sind gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Sonnenschutzmitteln, die in der Europäischen Union erhältlich sind, nicht zu erwarten.“ Der Grund: In der EU dürften nur Produkte mit bewerteten UV-Filtern verkauft werden, heißt es in einer Mitteilung des Instituts. Ein wissenschaftliches Expertengremium der EU-Kommission, das Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS), muss die sichere Verwendung einer Substanz als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln bis zu einer bestimmten Höchstkonzentration vorab bestätigen.

EU-Kommission erstellt Positivliste

Für den Vertrieb von kosmetischen Produkten – dazu gehören auch Sonnencremes – benötigen Hersteller in der Europäischen Union zwar keine Genehmigung. Für jeden Inhaltsstoff muss jedoch eine Sicherheitsbewertung vorliegen. „Eine Sonderstellung nehmen neben Farb- und Konservierungsmitteln dabei die UV-Filter ein“, betont das BfR. Denn alle drei Substanzgruppen dürfen demnach in kosmetischen Mitteln nur verwendet werden, wenn sie auf Basis einer Risikobewertung durch das SCCS von der EU-Kommission in eine Positivliste aufgenommen werden. Genaues regelt die EU-Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009 (EU-KVO), in deren Anhang sich auch die Positivliste befindet. Zurzeit umfasst diese insgesamt 30 Filtersubstanzen.

Das SCCS prüft die UV-Filter auf mögliche gesundheitliche Gefahren. „Grundlage dafür sind wissenschaftliche Daten, in denen alle wichtigen toxikologischen Informationen beschrieben werden müssen und Informationen, ob und in welcher Menge die Stoffe über die Haut in den Körper gelangen können“, informiert das BfR. Hersteller dürfen UV-Filter nur dann einsetzen, wenn bei der für das Produkt vorgesehenen Konzentration von keinem Risiko für den Anwender auszugehen ist.

Chemiereste im Blutkreislauf

Das Institut bezieht zudem Stellung zu einer Studie der US-amerikanischen Überwachungsbehörde FDA, die im Mai 2019 im Fachjournal „JAMA“ erschien. Darin berichten die Autoren um Dr. Murali Matta, Chef der bioanalytischen Abteilung der FDA, dass chemische UV-Filter in Sonnencremes durch die Haut in den Blutkreislauf gelangen.

USA: Sonnenschutz als Arzneimittel

Wie lässt sich dieses Ergebnis einordnen? „Die Untersuchung der FDA ist vor dem Hintergrund der amerikanischen Gesetzgebung zu sehen“, erklärt das BfR. In den USA werden Sonnenschutzmittel demnach als Arzneimittel ohne Rezeptpflicht verkauft. Erlaubt sind dem Bundesinstitut zufolge lediglich Produkte, deren UV-Filter nur begrenzt in das Blut gelangen. Die Konzentration im Blutplasma darf einen Wert von 0,5 ng/ml nicht überschreiten. Andernfalls müssen die Hersteller toxikologische Studien veranlassen.

Bis dato hatten die Firmen jedoch keinerlei entsprechende Untersuchungen eingereicht. Aus diesem Grund wollte die FDA wissen, ob der Grenzwert tatsächlich eingehalten wird. Sie betont im Zuge der Veröffentlichung, dass die Ergebnisse kein Grund seien, auf die Anwendung von Sonnenschutzmitteln zu verzichten.

EU: UV-Filter müssen untersucht sein

In der Europäischen Union hingegen gelten andere Regeln als in den USA: Hier müssen UV-Filter untersucht und bewertet werden – auch mit Blick auf einen möglichen Übergang in den Blutkreislauf. Zudem sind Angaben zu Maximalmengen erforderlich. So gilt etwa für Zinkoxid (ZnO), das häufig als physikalischer UV-Filter zum Einsatz kommt, eine Höchstkonzentration von 25 Prozent in Sonnencremes. Hält der Hersteller diese Grenze ein, gilt die Zubereitung – zumindest mit Blick auf den ZnO-Anteil – als unbedenklich.

Physikalische UV-Filter: BfR sieht keine Gefahr

Eine Stellungnahme zu Zinkoxid in Sonnenschutzmitteln hatte das BfR bereits im Jahr 2010 vorgelegt. Darin erläutert das Institut auch, aus welchen Gründen es zu der Einschätzung kommt, die dermale Applikation sei nicht gesundheitsschädlich. Es verweist unter anderem auf die breite toxikologische Prüfungsbasis der Substanz, auf die sich auch die SCCS in ihrer Bewertung bezieht. „Partikuläres ZnO ist kaum wasserlöslich“, schreibt das BfR. „Aus ZnO-Partikeln können Zinkionen zwar in geringem Maße freigesetzt werden, doch führt dies bei dermaler Anwendung nicht zu einer signifikanten Erhöhung der Zinkionenkonzentration im Blut.“ Über Produkte, die Anteile an nanoskaligem ZnO kleiner als 10 nm enthalten, müsse gegebenenfalls gesondert entschieden werden, da hier eine inhalative und dermale Penetration nicht auszuschließen ist. „Solche Produkte sind dem BfR allerdings bislang nicht bekannt.“

Mikrofeine ZnO-Partikel mit einem Duchmesser von mehr als 100 nm, die in Sonnenschutzmitteln verwendet werden, enthalten laut Bundesinstitut meist nanoskalige Corepartikel (Primärpartikel) in einer Größenordnung von etwa 20–60 nm, die zusätzlich beschichtet sind. Durch diese Beschichtungen vergrößern sich die Partikeldurchmesser. Zudem agglomerieren die Partikel in den Sonnenschutzmitteln und bilden Agglomerate in einer Größenordnung von etwa 200 bis 500 nm. „Die Beschichtungen bestehen zum größten Teil aus mineralischen Komponenten, insbesondere Al2O3, SiO2, aber zum Teil auch aus organischen Materialien wie Cyclomethicon“, erläutert das BfR. „Durch diese Modifikationen sollen beispielsweise die Photostabilität und die Dispersionseigenschaften der Produkte verbessert werden.“

Titandioxid: inhalativ gefährlich, dermal unbedenklich

Was die Nutzung von Titandioxid in Sonnencremes betrifft, kommt das BfR vorerst zu einem vergleichbaren Schluss. „Dermal, also über die Haut, wird Titandioxid über Hautpflegeprodukte nicht aufgenommen“, heißt es auf der Website des Instituts. Solche Produkte könnten ohne Bedenken sowohl auf intakte als auch auf Sonnenbrand-geschädigte Haut aufgetragen werden. Lediglich das Einatmen von Titandioxid-Partikeln sei gefährlich. „Das Einatmen von feinen Partikeln und insbesondere von Nanopartikeln wird allgemein als gesundheitlich kritisch angesehen, da diese in Tierstudien zum Teil tief in die Lunge eindringen und chronische Entzündungen hervorrufen können.“ Dies sei zum Beispiel beim Auftragen von Lacken von Bedeutung, die entsprechende Pigmente enthalten. Insgesamt bestehe zur Anwendung von TiO2 jedoch noch immer Forschungsbedarf, räumt das BfR ein.

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