Auch Vierbeiner bzw. ihre Besitzer suchen immer wieder öffentliche Apotheken auf, um nach Rat zu fragen. In dieser Serie werfen wir daher einen Blick auf gängige Beschwerden, untern denen Hund, Katze und Co. immer wieder leiden.
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Arzneimittel für Tiere: Welche Rolle spielt die Apotheke?

Die Abgabe von Tierarzneimitteln bzw. Humanarzneimitteln für die Anwendung bei Tieren spielt im Apothekenalltag eine untergeordnete Rolle. Das liegt vor allem an der Gesetzgebung, die im Vergleich zur Abgabe an Menschen anders organisiert ist.
Tierärzte besitzen ein Dispensierrecht, was sie zum Führen einer tierärztlichen Hausapotheke in den Praxisräumen und zur Abgabe sowie Anwendung von Arzneimitteln berechtigt.
Die Verordnungen über verschreibungspflichtige Tierarzneimittel verbleiben also zum Großteil direkt in der Praxis und gelangen nur selten in die öffentlichen Apotheken.
Neu: Tierarzneimittelgesetz und EU-Verordnung
Seit Januar 2022 gelten für die Belieferung von Tierarzneimitteln die EU-Tierarzneimittel-Verordnung (VO (EU) 2019/6 Tierarzneimittel) sowie das neu geschaffene Tierarzneimittelgesetz (TAMG). Hier finden sich die wichtigsten Informationen für Apotheken bezüglich der Belieferung und Herstellung von Arzneimitteln an Tiere.
Das TAMG hat die bis dahin geltenden Regelungen aus dem Arzneimittelgesetz (AMG) abgelöst. Auf europäischer Ebene zielt die neue Verordnung auf eine Harmonisierung des europäischen Marktes für Tierarzneimittel sowie die verbesserte Eindämmung von Antibiotikaresistenzen ab.
Diese Neuerungen regeln, wann Tierärzte welche Arzneimittel verordnen dürfen und in welchen Fällen Humanarzneimittel eingesetzt werden.
Wann dürfen Tierärzte Humanarzneimittel verordnen?
Tierärzte verordnen im ersten Schritt immer ein Tierarzneimittel, dessen Zulassungsbedingungen sich mit dem jeweiligen Tier und der Indikation decken. Aufgrund des Dispensierrechts wird das Arzneimittel häufig direkt in der Praxis verordnet und aus der tierärztlichen Hausapotheke an den Halter abgegeben oder vor Ort angewendet.
Von den Zulassungsbedingungen darf nur im Therapienotstand abgewichen werden. In diesem Fall wird Schritt für Schritt eine Umwidmungskaskade durchlaufen, bis ein passendes Arzneimittel gefunden ist.
Bevor ein Humanarzneimittel verordnet werden darf, wird erst in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat nach einem passenden Tierarzneimittel gesucht. Ist keines zu finden, kann im zweiten Schritt die Verordnung über ein Humanarzneimittel erfolgen, welches entweder in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedsstaat zugelassen ist.
Die Regelung über das Verhalten im Therapienotstand führt letztendlich dazu, dass kaum Humanarzneimittel für Tiere verordnet werden. Bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, rückt die Option eines Humanarzneimittels in der Kaskade nochmal einen Schritt nach hinten. Auch eine Verordnung über Rezepturen ist möglich, wobei die Tierärzte diese ebenso in den eigenen Räumlichkeiten herstellen dürfen.
Zur Erinnerung: Dokumentation von Tierarzneimitteln in der Apotheke
In der Apotheke dürfen auf tierärztliche Verordnung hin verschreibungspflichtige Tierarzneimittel, Humanarzneimittel oder Rezepturen abgegeben werden.
Das Rezept besteht aus einem Original und einem Durchschlag für die Dokumentation. Auf dem Rezept müssen folgende Informationen angegeben sein:
- Name des Tieres, des Halters und des Tierarztes inkl. Kontaktinformationen
- Ausstellungsdatum
- Unterschrift des Tierarztes (auch elektronisch möglich)
- Angaben zum Arzneimittel (Wirkstoff, Darreichungsform, Stärke, Menge)
- Genaue Dosierungsempfehlung
- Warnhinweise, falls nötig
- Bei Humanarzneimittel oder Rezeptur: Umwidmungsvermerk
- Bei antimikrobiellen Arzneimitteln: Info, falls Einsatz zur Prophylaxe
- Bei Lebensmittel liefernden Tieren: Wartezeit
Der Erwerb und die Abgabe müssen in der Apotheke dokumentiert werden.
Die Dokumentation umfasst Angaben zum Erwerb (Anschrift Lieferant, Bezeichnung und Menge des Arzneimittels, Charge, Erwerbsdatum) und zur Abgabe (Halter und Tierarzt mit Name und Anschrift, Abgabedatum und Zulassungsnummer).
Hierfür können beispielsweise Rechnungen, Lieferscheine und der Durchschlag der Verordnung abgeheftet und mit den fehlenden Informationen ergänzt werden.
Bei Lebensmittel liefernden Tieren erhält der Halter das Original zurück, auf welchem die Charge vermerkt wird. Die Dokumentationsunterlagen müssen mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden.
Tierarzneimittel: Bestellung über Großhandel nicht immer möglich
Legt ein Kunde ein Rezept über ein verschreibungspflichtiges Tierarzneimittel in der Apotheke vor, sollte der pharmazeutische Großhandel am besten direkt angerufen werden. Viele Großhändler haben derartige Mittel nicht an Lager, können aber bei der Beschaffung helfen.
Hinzu kommt, dass Tierarzneimittel nicht in jedem Fall in der Apotheken-Software gelistet sind. Auf diesem Weg kann während der Wartezeit des Kunden direkt geklärt werden, ob eine Belieferung möglich ist und wann das Tierarzneimittel eintreffen wird.
Sollte die Beschaffung nicht möglich sein, ist der Kunde zurück an den verschreibenden Tierarzt zu verweisen. Diese arbeiten mit anderen Großhändlern zusammen, die sich vor allem auf Tierarzneimittel spezialisiert haben (z. B. Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher Tierärzte oder Meditech Vertriebs GmbH) und eine gesonderte Zulassung für den Vertrieb besitzen.
Freiverkäufliche Mittel zur Anwendung bei Tieren
Apotheken dürfen darüber hinaus apothekenpflichtige und freiverkäufliche Tierarzneimittel ohne die Vorlage einer Verschreibung und ohne Dokumentation abgeben. Dazu gehören auch registrierte, nicht verschreibungspflichtige Homöopathika zur Anwendung bei nicht Lebensmittel liefernden Tieren. Freiverkäufliche Produkte zur Anwendung im Veterinärbereich dürfen zusätzlich im Einzelhandel verkauft werden.
Auch hier ist zu beachten, dass Tierärzte nicht verschreibungspflichtige Mittel oft in Zusammenhang mit einer Behandlung abgeben. Das könnte beispielsweise eine reinigende Ohrspüllösung (freiverkäuflich) zusammen mit antientzündlichen Ohrentropfen (verschreibungspflichtig) für einen Hund sein.
Ob die Lagerhaltung apothekenpflichtiger oder freiverkäuflicher Tierarzneimittel in der Apotheke sinnvoll ist, kommt ganz auf die individuelle Situation der Apotheke und deren Beratungsschwerpunkt an.
Apothekenpflichtige Humanarzneimittel: Keine Abgabe zur Selbstmedikation bei Tieren
Die Abgabe von nicht verschreibungspflichtigen Humanarzneimitteln zur Behandlung von Tieren im Rahmen der Selbstmedikation wird durch die neuen Regelungen ausdrücklich untersagt.
Für die Abgabe ist auch hier eine Verordnung vom Tierarzt notwendig. Außerdem können viele Wirkstoffe, die beim Menschen angewendet werden, bei Tieren teils schwere Nebenwirkungen hervorrufen.