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Sublingual- und Buccaltabletten richtig anwenden

Die gut durchblutete Schleimhaut des Mundes ist zur Aufnahme von Wirkstoffen in den Blutkreislauf grundsätzlich geeignet. Vor allem lipophile, undissoziiert vorliegende Substanzen können auf diese Weise rasch resorbiert werden. Verzögerungen durch die Passage des Magen-Darm-Traktes sowie First-Pass-Effekte entfallen.
Da die Mundschleimhaut jedoch mit etwa 0,02 m2 nur eine kleine Resorptionsfläche hat, kommt sie vor allem für die Applikation niedrig dosierter Wirkstoffe infrage. Zur Anwendung in der Mundhöhle bieten sich für orale Arzneiformen hauptsächlich folgende Applikationsorte an:
- unter der Zunge oder am Mundboden (sublinguale Anwendung),
- in der Wangentasche (buccale Anwendung).
Eine strenge Unterscheidung zwischen diesen beiden Anwendungsarten ist in der Praxis jedoch nicht immer möglich. Oft können entsprechende Tabletten auf beide Arten angewendet werden.
Sublingual- & Buccaltabletten: Welche Fertigarzneimittel sind erhältlich?
Tabletten zur Anwendung in der Mundhöhle sind mittlerweile mit zahlreichen Wirkstoffen erhältlich.
In der nachfolgenden Tabelle sind Beispiele für Sublingual- und Buccaltabletten aufgeführt:
Wirkstoff | Fertigarzneimittel | Anwendung | Applikationsort |
---|---|---|---|
Buprenorphin-HCl |
| Behandlung der Opioidabhängigkeit | bei starken und sehr starken Schmerzen unter der Zunge |
Fentanyl | Fentanyl-Hexal® 67 µg/133 µg/267 µg/400 µg/533 µg/800 µg Sublingualtabletten | Durchbruchsschmerzen bei Krebserkrankungen | unter der Zunge |
Fentanylcitrat | Effentora ® 100 µg/200 µg/400 µg/600 µg/ 800 µg Buccaltabletten | Durchbruchsschmerzen bei Krebserkrankungen | zwischen Wange und Zahnfleisch in der Nähe eines Backenzahns |
Isosorbiddinitrat | Isoket® 5 mg Sublingualtabletten | Behandlung eines Angina-pectoris-Anfalls | unter der Zunge oder in der Wangentasche |
Dimenhydrinat | Vomex A® Reise 50 mg Sublingualtabletten | Behandlung und Prävention von Reisekrankheit | unter der Zunge |
Gräserpollenallergenextrakt | Oralair® 100 IR/300 IR Sublingualtabletten | Behandlung der durch Gräserpollen ausgelösten allergischen Rhinitis
| unter der Zunge |
Hinweise zur Anwendung von Sublingual- und Buccaltabletten
Sublingual- und Buccaltabletten werden durch die Mundschleimhaut an Ort und Stelle gehalten. Wichtig ist es, dem Patienten zu erklären, dass die Tabletten nicht zerbissen und auch nicht gelutscht werden dürfen. Die Tabletten sollten vielmehr in den leeren Mund unter die Zunge oder in die Wangentasche gelegt werden und dort langsam zergehen.
Meist lösen sich die Darreichungsformen innerhalb weniger Minuten auf. Um das Auflösen zu erleichtern, kann die Mundschleimhaut, vor dem Einlegen der Tablette, mit einem Schluck Wasser befeuchtet werden. Ansonsten sollte erst wieder getrunken oder gegessen werden, wenn sich die Tablette vollständig aufgelöst hat.
Welche Besonderheiten gibt es bei Effentora® Buccaltabletten?
Eine technologische Besonderheit stellen die Effentora® Buccaltabletten dar. Diese enthalten als Hilfsstoffe Citronensäure und Natriumhydrogencarbonat, wodurch sich die Tabletten beim Kontakt mit der Feuchtigkeit der Mundschleimhaut rasch auflösen.
Durch diese Brausereaktion wird der Wirkstoff Fentanylcitrat freigesetzt und löst sich im Speichel auf. Sollten 30 Minuten nach dem Einlegen in die Wangentasche noch Reste der Tablette vorhanden sein, können diese mit Wasser geschluckt werden.
Zur Erinnerung: Was ist eine Brausereaktion?
Kommen Substanzen wie Natriumhydrogencarbonat und organische Säuren mit Wasser in Kontakt, bildet sich zunächst Kohlensäure, die rasch zu Kohlenstoffdioxid und Wasser zerfällt. Dadurch entsteht der typische Brauseeffekt und die Darreichungsform kann sich leicht auflösen.
Bei den Effentora®-Tabletten sorgen vorübergehende Veränderungen des pH-Wertes zudem für eine schnelle Auflösung des Wirkstoffs im Speichel und anschließend für eine gute Durchlässigkeit durch die Mundschleimhaut.
Wichtig: Vorsichtiges Öffnen der Blisterpackung
Die Effentora® Buccaltabletten sind also sehr feuchtigkeitsempfindlich, daher darf die Verpackung erst unmittelbar vor der Anwendung geöffnet werden. Die Patienten sollten in der Apotheke darüber informiert werden, dass die Tabletten auch nicht aus der Blisterpackung gedrückt werden dürfen. Dabei könnten die empfindlichen Tabletten sonst beschädigt werden.
Die korrekte Vorgehensweise zur Entnahme der Tablette ist dabei folgendermaßen:
- Zunächst wird eine Blistereinheit durch Abreißen entlang einer Perforationslinie vom Blisterstreifen abgetrennt.

- Der einzelne Blister wird dann an der rückseitig markierten Linie geknickt.

- Anschließend kann die Lasche angehoben und die Sicherheitsfolie abgezogen werden.
Die Tablette kann nun vorsichtig aus der Packung entnommen und unmittelbar in die Wangentasche gelegt werden. Wahlweise kann die Effentora® Tablette auch unter die Zunge gelegt werden. Die Tablette darf dabei nicht zerdrückt oder gar zerteilt werden.
Müssen mehrere Tabletten gleichzeitig angewendet werden, sollte eine Tablette in die rechte und die andere in die linke Wange gelegt werden.
Nach der Entnahme aus der Blisterpackung darf die Tablette nicht für eine spätere Anwendung beispielsweise in einer Tablettenbox aufbewahrt werden.
Was sind mukoadhäsive Tabletten?
Neben herkömmlichen Sublingual- und Buccaltabletten sind auch sogenannte mukoadhäsive Darreichungsformen zur Anwendung in der Mundschleimhaut erhältlich. Diese Hafttabletten haften mithilfe bestimmter Hilfsstoffe fester an der betreffenden Schleimhautstelle als normale Sublingual- und Buccaltabletten.
Beispiele für mukoadhäsive Tabletten zur Anwendung in der Mundhöhle:
Wirkstoff | Fertigarzneimittel | Anwendung | Applikationsort |
---|---|---|---|
Fentanylcitrat | Abstral® 100 µg/200 µg/300 µg/400 µg/600 µg/800 µg Sublingualtabletten | Durchbruchsschmerzen bei Krebserkrankungen | unter der Zunge |
Triamcinolonacetonid | Aftab® Hafttablette | bei Aphten der Mundschleimhaut | Tablette mit weißer Seite auf die betroffenen Schleimhautstellen legen |
Die Abstral®-Tablette wird vom Patienten an die tiefste Stelle im Mund unter die Zunge gelegt, dort zerfällt sie dann rasch in einzelne Partikel. Die einzelnen Teilchen enthalten den Gelbildner Croscarmellose-Natrium, wodurch die Partikel gut auf der Mundschleimhaut haften und den fein verteilten Wirkstoff freisetzen.
So werden die Aftab®-Hafttabletten angewendet
Die Hafttabletten enthalten den entzündungshemmenden Wirkstoff Triamcinolonacetonid und werden direkt an den betroffenen Schleimhautstellen im Mund angewendet. Bei größeren Läsionen können bis zu drei Tabletten gleichzeitig aufgetragen werden.
Zur Anwendung wird die Tablette nach Entnahme aus der Blisterpackung mit der weißen Seite nach unten auf ein sauberes Papiertaschentuch gelegt, die orangefarbene Seite zeigt nach oben. Mit einer befeuchteten Fingerkuppe berührt der Patient nun die orangefarbene Trägerschicht, die Tablette haftet dann am Finger. Die weiße Schicht der Tablette kann jetzt auf die zu behandelnde Schleimhaut gedrückt und für wenige Sekunden gehalten werden.
Unter Einfluss des Speichels bildet sich ein Gel und die Tablette haftet auf dem Schleimhautdefekt. Quellen:
- Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.
- Fachinformation Temgesic®
- Gebrauchsinformation Subutex®
- Fachinformation Effentora®
- https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Risikoinformationen/EducationMaterial/Anlagen/a-f/fentanylcitrat_effentora_aerzte.pdf?__blob=publicationFile
- Fachinformation Abstral®