COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Lipidhülle stabilisiert mRNA: Nanopartikel in mRNA-Impfstoffen?

Unzählige weiße, untershciedlich große Partikel vor weißem Hintergrund
Lipid-Nanopartikel umhüllen die mRNA der Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. | Bild: B@rmaley / Adobe Stock

Die seit einigen Wochen zugelassenen mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 enthalten Teile der Erbinformation von SARS-CoV-2 in Form von messenger-Ribonukleinsäure. Beim Impfen wird diese mRNA in den Muskel gespritzt und gelangt in einige Körperzellen. Diese Zellen bilden dann selbst ungefährliche Proteine des Virus und lösen dadurch eine spezifische Immunantwort aus. Die mRNA selbst wird nach einiger Zeit vom Körper wieder abgebaut.

mRNA wird mit Lipiden umhüllt

Um die Stabilität des Impfstoffs zu erhöhen und die Aufnahme dieser Bauplan-mRNA in die Zellen zu verbessern, muss die Ribonukleinsäure mit bestimmten Lipiden umhüllt werden. Reine RNA würde leicht durch spaltende Enzyme, sogenannte Ribonukleasen, abgebaut werden und könnte zudem die Zellmembran nur schwer überwinden. Eine Doppelschicht aus Lipid-Molekülen bildet dabei kleine Kügelchen, darin eingepackt befindet sich die mRNA.

Nanopartikel für Impfstoffwirksamkeit notwendig

Diese Umhüllung der mRNA mit Lipiden wird aufgrund ihrer geringen Größe auch als Lipid-Nanopartikel bezeichnet. Diese winzig kleinen Fettkapseln haben einen Durchmesser von etwa 100 Nanometer, also gerade mal ein Zehntausendstel eines Millimeters. Die geringe Größe ist dabei wichtig für die Funktionsfähigkeit der Impfstoffe. Denn wäre die mRNA in größere Teilchen verpackt, könnten körpereigene Fresszellen diese Partikel erkennen und zerstören und die verpackte mRNA wäre verloren. Die Lipid-Nanopartikel können dagegen über Endozytose, also durch eine Einstülpung im Bereich der Zellmembran, in die fremde Körperzelle gelangen und dort die transportierte mRNA ins Zytosol abgeben.

Gut zu wissen: Lipid-Nanopartikel erfordern niedrige Lagertemperatur

Die Umhüllung der mRNA mit Lipid-Nanopartikeln ist im Übrigen auch der Grund dafür, warum diese Art von Impfstoffen bei sehr niedrigen Temperaturen gelagert werden muss: Die Formulierung aus mRNA und Lipid-Nanopartikeln gilt als äußerst hitzeempfindlich, die Vakzine von Biontech/Pfizer muss bekanntlich bei –70 °C, der Impfstoff von Moderna bei –20 °C gelagert werden. Die verschiedenen Lagertemperaturen der beiden mRNA-Impfstoffe resultieren aus unterschiedlich zusammengesetzten Lipid-Umhüllungen.

Sind Lipid-Nanopartikel gesundheitsschädlich?

Nanomaterialien werden hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Gesundheit oft kritisch betrachtet. Oft wird befürchtet, dass diese sich in einigen Organen anreichern und unter anderem entzündliche Reaktionen auslösen können. Diese Probleme treten aber vor allem bei Nanopartikeln aus körperfremden Materialien wie Metallen oder Glas auf, hier bestehen tatsächlich noch Wissenslücken hinsichtlich ihrer Sicherheit.

Bei Lipid-Nanopartikeln liegt der Fall jedoch anders: Sie bestehen aus körperähnlichen Stoffen und sind zudem schon seit langem Gegenstand der Forschung. Die verwendeten Lipide ähneln unter anderem den Phospholipiden der Zellmembran, auch Cholesterol wird zur Stabilisierung der Lipid-Doppelschicht verwendet. Diese pharmazeutischen Hilfsstoffe gelten als völlig ungefährlich. Auch das Bundesministerium für Gesundheit weist darauf hin, dass von den in den mRNA-Impfstoffen verwendeten Lipid-Nanopartikeln keine gesundheitliche Gefährdung ausgeht und diese nicht schädigend auf die Zellen des menschlichen Körpers wirken.

Gut zu wissen: Nanopartikel ist nicht gleich Nanopartikel

Bei Nanopartikeln handelt es sich um Materialien, die in einer Dimension kleiner als 100 Nanometer (10-9 m) sind, sie kommen mittlerweile in zahlreichen Bereichen zum Einsatz. Antimikrobiell wirkende Silber-Nanopartikel werden beispielsweise in funktioneller Sportkleidung und in Schuheinlagen verwendet, Titandioxid und Zinkoxid sind als mineralische UV-Filter in Sonnenschutzprodukten bekannt. Ob von den Nanomaterialien bisher unbekannte Risiken für den Anwender ausgehen, ist wissenschaftlich tatsächlich noch nicht abschließend geklärt. Die größte gesundheitliche Gefahr besteht nach Meinung von Wissenschaftlern in der Einatmung von Nanopartikeln. Das Eindringen dieser Teilchen durch die gesunde Haut wird nach derzeitigem Kenntnisstand weitgehend ausgeschlossen.

Pharmazeutisch verwendete Nanopartikel, also auch solche in Impfstoffen, gelten nicht als Nanomaterialien im engeren Sinn. Diese Partikel weisen zwar auch eine Größe im Nanometerbereich auf, sie bestehen aber ausschließlich aus für den Körper unschädlichen Substanzen und sind meist sogar biologisch abbaubar. Nach getaner Arbeit lösen sie sich also vollständig wieder auf und können sich daher nicht im Körper anreichern.

Lipide mit Polyethylenglykol-Ketten

Weiterhin kommen zur Herstellung der Lipid-Nanopartikel auch noch Polyethylenglykol-modifizierte Lipide, sogenannte pegylierte Lipide, zum Einsatz. Diese bilden eine Hydrathülle und können dadurch die Löslichkeit der Lipidpartikel erhöhen. Polyethylenglykole sind in der Pharmazie auch als Macrogole bekannt, sie setzen sich aus Ethylenglykol-Grundeinheiten zusammen und gelten ebenfalls als gesundheitlich unbedenklich.

Polyethylenglykol und allergische Impfreaktionen

Allerdings gab es bei den Impfungen mit Comirnaty® von Biontech/Pfizer in einzelnen Fällen teils schwere allergische Reaktionen und es steht der Verdacht im Raum, dass es einen möglichen Zusammenhang zwischen den pegylierten Lipiden und den aufgetretenen Impfreaktionen gibt. Nach Meinung von Fachleuten sind diese seltenen allergischen Reaktionen zudem nicht spezifisch für den mRNA-Impfstoff, auch bei anderen Polyethylenglykol-haltigen Arzneimitteln können in Ausnahmefällen solche Reaktionen auftreten. Die Firma Biontech nimmt die Hinweise ernst und hat entsprechende Empfehlungen für den Einsatz der Impfung erteilt. Impflinge sollen hinsichtlich bekannter allergischer Reaktionen insbesondere auf Polyethylenglykol-Verbindungen in der Vergangenheit befragt und bei Verdachtsfällen soll zunächst eine allergologische Diagnostik durchgeführt werden.

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