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Celestamine N liquidum immer noch dauerdefekt

Bild: Frank Rumpenhors / dpa

Im Frühjahr dieses Jahres sah es noch so aus, als würde der Engpass von Celestamine® N 0,5 liquidum bis zum Sommer behoben sein – zumindest stellte MSD dies den Insektengiftallergikern in Aussicht. Nun muss der Pharmahersteller seine Aussage korrigieren, denn noch immer kann MSD das Betamethason-haltige Notfallarzneimittel nicht vollumfänglich und zuverlässig liefern. In flüssiger Darreichungsform ist Celestamine® N 0,5 liquidum – neben einem Antihistaminikum und Epinephrin – Teil der initialen Notfallmaßnahmen nach einem Bienen- oder Wespenstich bei Allergikern.

MSD fordert Rezept mit Indikation für Celestamine® N 0,5 liquidum

Somit gilt die im März 2018 von MSD eingeführte Rationierung des Corticoids nach wie vor: Nur Patienten mit Bienen- oder Wespengiftallergie dürfen das Arzneimittel erhalten. Zugelassen ist es daneben noch zur Therapie der akuten rheumatoiden Arthritis, der juvenilen idiopathischen Arthritis und zur Therapie von Systemvaskulitiden. Um diese Patientenselektion tatsächlich zu gewährleisten, hatte der Hersteller bereits im Frühjahr gewisse Maßnahmen eingeführt, die MSD nun erneut kommuniziert und hinsichtlich der seit Ende Mai in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung nochmals aktualisiert: „Um die Versorgung von Notfallpatienten sicherzustellen, die Celestamine® N 0,5 liquidum mit sich führen müssen, werden Ärzte ausnahmsweise gebeten, die Indikation ‚Insektengiftallergie‘ beziehungsweise ‚Bestandteil des Notfallsets zur Soforthilfe bei anaphylaktischen Reaktionen‘ auf dem Rezept zu vermerken“, erklärt MSD.

Apotheke muss Patientendaten unkenntlich machen

Dieses Rezept solle die Apotheke direkt an den Pharmakonzern übermitteln. Allerdings müssten aus datenschutzrechtlichen Gründen nun die Patientendaten unkenntlich gemacht werden. Darauf weist der Celestamine-Hersteller hin. Apotheker können folglich Celestamine® N 0,5 liquidum noch immer nicht über den Großhandel beziehen, die Bestellung erfolgt schon seit März mittels eines speziellen Formulars, direkt an MSD adressiert. Bislang forderte der Hersteller die Übermittlung der ärztlichen Verordnung nicht.

Alternativen zu Celestamine N 0,5 liquidum

Glücklicherweise bietet die Pharmazie noch weitere schnell verfügbare Glucocorticoide. Der Pferdefuß daran: Nicht alle Präparate sind zur Therapie anaphylaktischer Reaktionen zugelassen. Infectodexakrupp® 2mg/5ml Saft enthält Dexamethason. Hinsichtlich ihrer glucocorticoiden Potenz sind Betamethason (Celestamine® N 0,5 liquidum) und Dexamethason (Infectodexakrupp® 2mg/5ml Saft) vergleichbar und wirken 25- bis 30-fach stärker als endogenes Cortisol. Allerdings: Die Zulassung von Infectodexakrupp® 2mg/5ml Saft umfasst – neben onkologischen, neurologischen und autoimmunen Erkrankungen – nur den schweren akuten Asthmaanfall.

Anders bei Infectocortikrupp® Zäpfchen. Mit dem Wirkstoff Prednisolon sind die Rectalia zur Behandlung von allergischen Reaktionen vom Soforttyp zugelassen. Prednisolon wirkt nur etwa viermal stärker als Cortisol und damit deutlich schwächer als Betamethason und Dexamethason.

Vorteile von Okrido®: bereits für Säuglinge zugelassen

Seit dem 1. April erweitert ein weiteres flüssiges Corticoid die Sparte der Alternativen zu Celestamine® N 0,5 liquidum: Okrido®. Die Vorteile des Prednisolon-haltigen Saftes liegen in einem breiten Indikationsbereich und einem frühen Applikationsalter. So dürfen bereits Säuglinge Okrido® erhalten. Die Zulassung umfasst „die Behandlung von Erkrankungen, die, je nach klinischem Bild und Schweregrad, eine systemische Therapie mit Glucocorticoiden erfordern“, heißt es in der Fachinformation zu Okrido®. Insgesamt zählen hierzu über 50 Indikationen, unter anderem auch schwere allergische und anaphylaktische Reaktionen.

Ursachen des Engpasses von Celestamine® N 0,5 liquidum

Gab sich MSD hinsichtlich der Gründe für die Lieferschwierigkeiten bei Celestamine® N 0,5 liquidum bislang bedeckt, macht der Hersteller nun zumindest vage Angaben: „Nach den uns vorliegenden Informationen gibt es in der Produktionsstätte Probleme, die durch eine weltweite Cyberattacke im letzten Jahr hervorgerufen wurden und bisher nicht gänzlich behoben werden konnten“, erklärt MSD in einer aktuellen Mitteilung. Wie lange die Lieferschwierigkeiten andauern werden, gab MSD gegenüber DAZ.online bislang noch nicht bekannt.