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Spezielle Kinderarzneimittel – Kommt bald das nächste PUMA?

Bild: antic / Adobe Stock

Versorgungslücken bei Kinderarzneimitteln

Kinder sind spezielle Patienten: Sie benötigen bei Arzneimitteln, im Vergleich zu Erwachsenen, meist geringere Wirkstärken oder kleinere Dosierungen. Zudem fällt vielen Kindern das Schlucken von Tabletten oder Kapseln schwer. Selbst zur lediglich „leichteren Einnahme“ lässt sich nicht jedes Arzneimittel einfach teilen. Magensaftresistente Überzüge oder Retardformulierungen werden so unter Umständen zerstört. Oder durch den „Verlust“ der schützenden Oberfläche offenbart der Wirkstoff sein ganzes ungenießbares Potenzial – bei bitteren Wirkstoffen beispielsweise wie Cortison.

Arzneimittel, die sich in Dosierung und Darreichungsform für Kinder eignen sind jedoch nicht weniger wichtig als die für Erwachsene. Sieht man von gängigen typischen Kinderarzneimitteln ab – beispielsweise Paracetamol- oder Ibuprofen-Säfte, Zäpfchen mit Diphenhydramin gegen Übelkeit und Erbrechen – so ist es mit kindgerechten Arzneimitteln nicht weit her. Es gibt beispielsweise keine Hydrocortisontabletten für Kinder, deren Nebennieren nicht ausreichend gut funktionieren, um selbst genügend Cortisol zu bilden. 
Die Entwicklung spezieller Kinderarzneimittel tut Not. Und PUMA trägt dazu bei.

Was sind PUMA-Arzneimittel?

PUMA ist eine besondere Form der Arzneimittelzulassung, speziell für Kinder – sprich den pädiatrischen Bereich. Bei PUMA geht es nicht um völlig neue Wirkstoffe oder Therapieansätze. Vielmehr ist das Ziel bei PUMA, bereits in der Erwachsenen-Therapie seit langer Zeit eingesetzte Wirkstoffe so zu „bauen“, dass sie auch Kinder leicht und in der richtigen Dosierung einnehmen können.

PUMA steht für – Paediatric use marketing authorisation – also die Genehmigung des Arzneimittels zur pädiatrischen Verwendung. Zwei wesentliche Punkte bei PUMA-Arzneimitteln sind, dass eine für Kinder optimierte Dosierung und kindgerechte Darreichungsformen entwickelt werden.
So ist auch, wie im obigen Beispiel, Hydrocortison bereits seit Jahren in der EU zur Therapie der Nebennieren-Funktionsstörung zugelassen, jedoch in Tablettenform mit einem Wirkstoffgehalt von 10 mg je Tablette – die sich nur für Erwachsene eignen.

Bei Patienten mit Nebennieren-Insuffizienz produzieren die Nebennierenrinden unter anderem zu wenig Cortisol und die Patienten sind auf die lebenslange Gabe von Hydrocortison angewiesen. Die primäre Form einer reinen Nebennierenrinden-Insuffizienz ist auch als Morbus Addison bekannt. In der Folge entsteht ein Mangel an Gluco- und Mineralcorticoiden mit Symptomen wie Gewichtsverlust, Hypotonie, Hypoglykämie, Elektrolytstörungen, Muskelschwäche und Müdigkeit und Hyperpigmentierung der Haut.

Um eine für Kinder optimierte Hydrocortison-Therapie zu ermöglichen, stellen Apotheken aus dem Arzneimittel für Erwachsene kindgerechte Dosierungen her – oder die Eltern teilen die Erwachsenen-Tabletten für ihre Kinder, was immer mit einer Überdosierung oder Unterdosierung des Wirkstoffes einhergeht. Was ist noch das Problem bei Cortison? Der Wirkstoff schmeckt bitter. Die Akzeptanz der Kinder ist folglich gering und die Verabreichung problematisch. Bei einem Fertigarzneimittel wie Alkindi®, speziell für die Pädiatrie, ist sowohl die Dosierung genauer als auch der bittere Geschmack des Wirkstoffs besser maskiert.

Warum eignet sich Alkindi® für Kinder?

Der pharmazeutische Unternehmer plant, Alkindi®  in unterschiedlichen Stärken auf den Markt zu bringen, um kindgerechte Dosierungen zu ermöglichen. Das Hydrocortison-haltige Arzneimittel Alkindi® soll bei einer Nebennieren-Insuffizienz bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren das fehlende Hormon ersetzen. Alkindi®  wird, so die Europäische Kommission die Zulassung erteilt, in den Stärken 0,5 mg, 1 mg, 2 mg und 5 mg verfügbar sein. Die Kapseln enthalten ein Granulat und eignen sich somit zum Öffnen.

Warum sollen pharmazeutische Unternehmer PUMA-Arzneimittel entwickeln?

Betrachtet man die Erkrankung Nebennieren-Insuffizienz bei Kindern, so ist schnell klar: Alkindi® wird kein „Kassenschlager“, zu „wenige“ Kinder leiden darunter. Nichtsdestotrotz benötigen diese eine gute Therapie. Und folglich Pharmaunternehmen, die diese ermöglichen. Wie also bekommt man diese dazu, in ein nicht wirklich gewinnbringendes Therapiegebiet Forschungskosten zu stecken? Stichwort ist hier „Markt-Exklusivität“. Die Hersteller von PUMA-Arzneimitteln genießt der jeweilige Hersteller zehn Jahre exklusive Vermarktungsrechte für sein pädiatrisches Arzneimittel.

Noch ist Alkindi® nicht verfügbar für die kleinen Patienten. Die endgültige Entscheidung – Zulassung ja oder nein, trifft die Europäische Kommission.