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Antibiotische Gabe bei Bindehautentzündung?: Ofloxacin als Augentropfen: bei Kindern nicht notwendig

Kind bekommt Augentropfen verabreicht
Experten raten davon ab, bei einer Bindehautentzündung Kindern antibiotische Augentropfen zu verabreichen. | Bild: vitalis83 / AdobeStock

Bindehautentzündungen (Konjunktivitis) im Kindesalter sind sehr häufig. Sie können nichtinfektiös durch mechanische Reize oder Allergien ausgelöst werden oder infektiöser Natur sein. Typische Erreger sind beispielsweise Staphylokokken, Streptokokken, Moraxella catarrhalis, H. influenzae, Gonokokken, Chlamydien sowie häufig Viren wie beispielsweise Adenoviren. 

Ist das Auge morgens also verklebt und rot, geraten Eltern schnell in Panik. Denn schließlich gilt die Bindehautentzündung als hochansteckend, sodass Kindertagesstätte, Kindergarten oder Schule ohne ärztliches Attest meist den Zutritt verweigern. Also geht es rasch zum Arzt. Allzu oft verlassen Eltern die Praxis mit einem Rezept über antibiotische Augentropfen. Ganz oben mit dabei: Ofloxacin.

Wie wird Ofloxacin angewendet?

Das Breitbandantibiotikum Ofloxacin wirkt als Gyrasehemmer bakterizid und wird üblicherweise mindestens viermal täglich angewendet. Die Behandlung sollte nach Verschwinden der Symptome noch zwei Tage fortgesetzt werden und fünf Tage nicht unterschreiten. Auch bei zunächst einseitigem Befall sollten immer beide Augen behandelt werden. 

Systemisch wäre der Einsatz von Ofloxacin bei Kindern und Jugendlichen übrigens kontraindiziert, um das Knorpelwachstum nicht negativ zu beeinflussen. Augentropfen zur lokalen Anwendung sind hingegen ab einem Jahr zugelassen. 

Experten empfehlen Gentamicin- oder Kanamycin-haltige Augentropfen als erste Wahl

Blickt man jedoch auf das Konsensuspapier der Arbeitsgemeinschaft Antibiotic Stewardship ambulante Pädiatrie (ABSaP) der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie, passt die häufige Verschreibungspraxis von Ofloxacin nicht zur Empfehlung der Experten. 

Dort steht wörtlich: „Eitrige Konjunktivitis: In der Regel keine Antibiotikatherapie, Kita-Besuch möglich“. Bei Tränengangsstenose sei ebenfalls keine antibiotische Therapie nötig. Sie mahnen zu einer strengen Indikationsstellung, nicht zuletzt wegen der indirekten Wirkung auf die nasopharyngeale Flora. 

Je nach Ausmaß und Dauer der Sekretion und Rötung empfehlen die Experten Gentamicin- oder Kanamycin-haltige Augentropfen als erste Wahl. Diese Meinung teilen auch weitere Autoren, um Ofloxacin als Reserveantibiotikum bei schweren Infektionen vorzubehalten. 

Gut zu wissen: Was ist eine Tränengangsstenose

Vor der Geburt verschließt die sogenannte Hasner-Membran den Tränennasengang. Fast immer bildet sich dieses dünne Häutchen innerhalb weniger Tage nach der Geburt zurück. 

Bei etwa 5 bis 7 Prozent der Kinder bleibt es im ersten Lebensjahr bestehen, sodass der behinderte Tränenabfluss zu tränenden und/oder verklebten Augen führt. Diese Symptome müssen nicht mit antibiotischen Tropfen behandelt werden.

Eine sanfte Reinigung mit Wasser und einem weichen Waschlappen ist vollkommen ausreichend. Durch Massagen kann eine Öffnung unterstützt werden, die meist innerhalb der ersten drei Lebensmonate spontan erfolgt. In einigen Fällen kann eine ärztliche Behandlung beispielsweise durch Spülung nötig werden.

Konjunktivitis heilt häufig spontan aus

Fakt ist: Bei einer Konjunktivitis gibt es eine sehr hohe Rate an Spontanheilungen. Schon im Jahr 2005 wurde im Journal „Lancet“ eine Studie veröffentlicht, in der selbst bei nachgewiesener bakterieller Konjunktivitis innerhalb einer Woche unter Placebo bei 80 Prozent eine Heilung eintrat. 

Hierbei wurden Kinder im Alter von sechs Monaten bis zwölf Jahren in die Studie eingeschlossen. Auch die deutsche ophthalmologische Gesellschaft (DOG) riet bereits vor zehn Jahren zur Zurückhaltung, da eine Konjunktivitis in 60 Prozent der Fälle auch ohne Behandlung ausheile.  

Fakt ist aber auch, dass Symptome durch eine antibiotische Therapie rascher abklingen, die Übertragungsgefahr sinkt und Fehlzeiten reduziert werden. Nicht zuletzt der Druck der Eltern, rasch wieder arbeiten zu müssen und es sich nicht erlauben zu können, mehrere Tage beim Kind zu Hause zu bleiben, verleitet womöglich zu einem raschen und frühen Einsatz antibiotischer Tropfen. Diese Gründe sollten jedoch kritisch hinterfragt werden.

Symptome am Auge richtig einschätzen

Tritt eine Bindehautentzündung im ersten Lebensmonat auf, sollte unbedingt an eine Chlamydien- oder Gonokokkeninfektion durch die Geburt gedacht werden. Betroffene Säuglinge müssen unbedingt einem Augenarzt vorgestellt werden. 

Gleiches gilt auch, wenn das Auge schmerzt, eine Verletzung möglich ist oder eine Visuseinschränkung (Verminderung der Sehschärfe) vorliegt. Auch Kinder mit Einblutung im Auge sollten – notfalls unter einem Vorwand – zum Augenarzt verwiesen werden. Schlimmstenfalls könnte dahinter Gewalt und Missbrauch stecken.

In den meisten Fällen und insbesondere bei leichter Symptomatik oder bei einer Erkältung können Eltern durchaus einige Tage abwarten. Haben Kleinkinder Schnupfen, ist das verklebte Auge oft schlichtweg Ausdruck einer Abflussstörung. Denn bedingt durch ihre Anatomie kann bereits bei einer leichten Schwellung der Abfluss des Nasensekrets derart behindert sein, dass sich Sekret als sogenannter „Augenschnupfen“ präsentiert. In diesen Fällen könnte eine symptomatische Behandlung mit Nasentropfen in altersgerechter Dosierung Abhilfe verschaffen. 

Da Zugluft ein ohnehin entzündetes Auge zusätzlich reizt, sollten Fahrten mit dem Fahrradanhänger besser für ein paar Tage gemieden werden.