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Übergebrauch von Kopfschmerzmitteln: richtig vorbeugen

Mindestens eine halbe Million Deutsche nehmen zu oft und zu viel Schmerz- und Migränemittel. | Bild: RFBSIP / Adobe Stock

Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln – davon sind in Deutschland mindestens eine halbe Million Menschen betroffen. Das Krankheitsbild ist häufiger bei Frauen, konstatiert Professor Hans-Christoph Diener, Kopfschmerzexperte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Auch Patienten mit Depressionen, Angsterkrankungen oder anderen chronischen Schmerzen seien häufiger betroffen.

Schmerzmittel an mehr als 14 Tagen im Monat

Ein chronischer Kopfschmerz durch Übergebrauch von Medikamenten liegt vor, wenn Patienten mit vorbestehenden primären Kopfschmerzen wie Spannungskopfschmerz oder Migräne

  • über mindestens drei Monate an 15 oder mehr Tagen im Monat unter Kopfschmerzen leiden und
  • an mehr als 14 Tagen im Monat Schmerzmittel einnehmen oder
  • an mehr als neun Tagen im Monat Migränemittel (Triptane oder Mutterkornalkaloide), Opioide oder Schmerzmittelkombinationen einnehmen.

Viele Patienten sind ahnungslos

„Die meisten Patienten ahnen nicht, dass Schmerztabletten die Schmerzursache sein können“, berichtet Professor Diener. Umso wichtiger sei es, die Betroffenen über das Risiko aufzuklären und über wirksame Behandlungsalternativen zu beraten. Was bei Kopfschmerz infolge Übergebrauch von Schmerzmitteln zu tun ist, empfiehlt eine neue Leitlinie. Sie wurde gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) vorgelegt.

Beratung an erster Stelle

Die Leitlinie rät zu einem dreistufigen Vorgehen:

  • An erster Stelle sollte die Beratung und Schulung der Patienten stehen – mit dem Ziel, die Einnahme von Akutmedikamenten zu reduzieren.
  • Der zweite Schritt ist eine medikamentöse Prophylaxe der zugrunde liegenden Kopfschmerzerkrankung.
  • Wirkt diese Therapie nicht, sollte als dritter Schritt eine ärztlich überwachte Medikamentenpause angestrebt werden. Dieser Entzug kann ambulant, tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden.

Was Betroffene selbst tun können

Patienten sollten möglichst erst gar nicht in den Teufelskreis aus Schmerzen und Medikation geraten. Die Experten empfehlen daher, den Kopfschmerzattacken konsequent vorzubeugen. Neben Medikamenten zählen dazu Maßnahmen, die der Patient selbst in die Wege leiten kann: Ausdauersport, Entspannung, Stressmanagement. Auch die Verhaltenstherapie habe sich in der Prophylaxe als wirksam erwiesen.

Patienten wissen zu wenig über Vorbeugung

Solche präventiven Möglichkeiten würden jedoch nicht genügend ausgeschöpft, bemerkt Dr. Stefanie Förderreuther von der DMKG. „Viele Patienten wissen schlicht nicht, dass man vorbeugend gegen Kopfschmerzen vorgehen kann“, bedauert die Kopfschmerzexpertin und erklärt weiter: „Das liegt unter anderem daran, dass sie in der Werbung nur die Akutbehandlung von Kopfschmerzen sehen. Für vorbeugende, in der Regel verschreibungspflichtige Medikamente darf dagegen nicht geworben werden. Und hinter verhaltenstherapeutisch ausgerichteten vorbeugenden Strategien steht keine Firma, die ein Interesse an Werbung hätte.“ Dennoch betont die Ärztin, dass den meisten Kopfschmerzpatienten geholfen werden könne. Selbst ein Kopfschmerz durch Übergebrauch von Akutmedikamenten sei behandelbar und keine Sackgasse. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)