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Was ist eigentlich Galaktosämie?

Patienten mit Galaktosämie müssen ein Leben lang Lebensmittel mit Galactose und Lactose meiden. | Bild: bubutu / AdobeStock

Schwere Symptomatik in ersten Lebenstagen

Bei der Geburt erscheinen Kinder mit Galaktosämie noch ganz gesund. Doch schon in den ersten Lebenstagen geht es ihnen zunehmend schlechter. Sie wollen nicht mehr trinken und erbrechen immer wieder. Dadurch verlieren sie an Gewicht und werden apathisch. Weiterhin nimmt die Leber Schaden, erkennbar an Gelbsucht. Es kommt zu Blutgerinnungsstörungen. Krampfanfälle oder Sepsis können zum Tod führen.

Test beim Neugeborenen-Screening

Normalerweise kommt solch ein schwerwiegendes Krankheitsbild in Deutschland nicht mehr vor. Die Galaktosämie wird nämlich im Rahmen der Neugeborenen-Früherkennungsuntersuchung rechtzeitig festgestellt. Nur eines von 40.000 Kindern wird in Deutschland mit der genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung geboren. 

Dass die Galaktosämie so selten ist, liegt daran, dass beide Elternteile ein entsprechend defektes Gen in sich tragen und an das Kind vererben müssen (rezessiver Erbgang). Erhält das Kind nur von einem Elternteil das veränderte Gen, prägt sich die Erkrankung nicht aus.

Enzymmangel führt zur Galaktose-Akkumulation

Bei der veränderten Erbanlage handelt es sich um Mutationen im GALT-Gen. Dieses kodiert für ein wichtiges Enzym im Kohlenhydratstoffwechsel – die Galaktose-1-Posphat-Uridyltransferase (GALT). Das Enzym ist in der Leber für die Umwandlung des Monosaccharids Galaktose in den Energielieferanten Glukose unverzichtbar. Fehlt das Enzym, reichert sich folglich Galaktose im Blut an.

Gefährliche Muttermilch

Galaktose nimmt man mit der Nahrung hauptsächlich in Form des Zweifachzuckers Laktose auf. Im Dünndarm wird die Laktose durch das Enzym Laktase in ihre beiden Bestandteile Glukose und Galaktose zerlegt. 

In Muttermilch sowie in normaler Säuglingsanfangsnahrung ist Laktose das Hauptkohlenhydrat. Im Körper eines Neugeborenen mit Galaktosämie würde sich deshalb schon nach wenigen Tagen so viel Galaktose ansammeln, dass es zu den oben beschriebenen Symptomen käme.

Verzicht auf Galaktose und Laktose

Wird Galaktosämie beim Säugling festgestellt, muss er statt Muttermilch oder herkömmlicher Flaschennahrung eine Spezialnahrung erhalten. Da sich die Galaktosämie nicht kausal behandeln lässt, müssen Betroffene ihr ganzes Leben lang Laktose-haltige Lebensmittel meiden. 

Das bedeutet nicht nur Verzicht auf Milch und Milchprodukte, sondern auf alle Laktose-haltigen Produkte, zum Beispiel Fertiggerichte oder auch Tabletten. Da in einigen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Getreide Galaktose in unterschiedlichem Maße enthalten ist, gelten auch hier Restriktionen.

Entwicklungsverzögerungen und weibliche Unfruchtbarkeit

Galaktose stellt der Körper in kleinen Mengen auch selbst her. Trotz optimaler Diät reichert sich daher bei Galaktosämie-Patienten Galaktose an. Das kann auf Dauer zu Organschäden und verschiedenen Gesundheitsbeeinträchtigungen führen. Erste Anzeichen sind oft Trübungen der Augenlinse. 

Im Kindes- und Jugendalter können körperliche und kognitive Entwicklungsverzögerungen auftreten, vor allem Lese- oder Rechenschwäche sowie Konzentrationsschwierigkeiten. Etwa 60 Prozent der jungen Patienten entwickeln sich jedoch normal. 

Mädchen und Frauen mit Galaktosämie erfahren jedoch eine weitere Einschränkung: Sie leiden unter Hormonmangel und können nur in Ausnahmefällen Kinder bekommen. Quellen: Galaktosämie Initiative Deutschland e.V. (GAL ID); www.orpha.net; PTAheute Nr. 5/2017 

Galaktosämie in Kürze

  • Seltene, genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung. Führt aufgrund eines Enzymmangels zur Akkumulation von Galaktose im Blut. In der Folge schwere Organschäden. 
  • Galaktose ist Bestandteil von Laktose. Daher unter herkömmlicher Säuglingsernährung schwere Symptomatik schon wenige Tage nach der Geburt. 
  • Erkrankung wird in Deutschland im Rahmen des Neugeborenen-Screenings festgestellt. 
  • Keine kausale Behandlungsmöglichkeit. Daher strikte Galaktose- und Laktose-arme Diät erforderlich. Dennoch Organschäden und Entwicklungsstörungen möglich. Frauen meist unfruchtbar.