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PFAS: Werden die „Ewigkeits­chemikalien“ verboten?

Wasser- und schmutzabweisende Oberflächen enthalten zum Teil per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Diese können in die Umwelt und letztlich in den Organismus gelangen. | Bild: standret / AdobeStock

PFAS ist die Abkürzung für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Diese Stoffe haben sehr nützliche Eigenschaften: Sie sind wasserabweisend, schmutzabweisend, fettabweisend und außerdem sehr stabil. 

Daher werden sie in verschiedensten Produkten des täglichen Lebens eingesetzt. Man findet sie zum Beispiel in Antihaftbeschichtungen von Pfannen und Töpfen, in regendichter Outdoor-Kleidung und in schmutzabweisenden Teppichen. Sie sind außerdem in der wachsähnlichen Innenschicht von Tiefkühlkost-Verpackungen und Coffee-to-go-Bechern enthalten sowie in Kosmetika, Ski-Wachsen und Imprägniersprays. Auch in Auto-Klimaanlagen und Feuerlöschschäumen stecken diese Chemikalien. Darüber hinaus kommen sie in vielen industriellen Prozessen zum Einsatz.  

Künstlich erzeugte Stoffgruppe mit mehr als 10.000 Einzelverbindungen

Bei den PFAS handelt sich um organische Verbindungen, deren Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind – entweder vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert). Die Stoffgruppe umfasst aktuell mehr als 10.000 verschiedene Verbindungen. Die bekanntesten Vertreter sind PFOS (Perfluoroktansulfonsäure) und PFOA (Perfluoroktansäure).  

PFAS sind nicht natürlichen Ursprungs, sondern werden industriell hergestellt. Da sie so vielfältig eingesetzt werden, gelangen sie auch auf vielerlei Weise in die Umwelt: bei der Herstellung und Verarbeitung, beim Gebrauch der Produkte und bei deren Entsorgung.

Kaum abbaubar – bei Anreicherung sind gesundheitliche Risiken möglich

PFAS sind sehr langlebig und kaum abbaubar. Daher werden sie auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet. Sie reichern sich mit der Zeit in Organismen an. Im menschlichen Körper können einige PFAS an Proteine in Blut, Leber und Niere binden. Da sie im Vergleich zu anderen Chemikalien nur sehr langsam ausgeschieden werden, können manche PFAS deshalb im Körper akkumulieren. Einige dieser Substanzen werden während Schwangerschaft und Stillzeit von der Mutter ans Kind weitergegeben.  

Für den Großteil der Einzelsubstanzen innerhalb der Gruppe der PFAS gibt es noch keine Daten über mögliche toxische Wirkungen. Von den am besten untersuchten Substanzen PFOA und PFOS allerdings weiß man, dass sie im menschlichen Blut gesundheitliche Risiken haben: Sie können die Wirkung von Impfungen vermindern, die Neigung zu Infekten verstärken und zu erhöhten Cholesterinwerten führen. Auch krebserregende und fertilitätsmindernde Wirkungen werden befürchtet. Studienergebnisse haben gezeigt, dass bereits Kinder und Jugendliche zu viele PFAS im Blut haben.

Substanzen gelangen über Nahrung und Luft in den Körper 

PFAS nehmen wir vor allem durch Lebensmittel – inklusive Trinkwasser – auf. Die Verbindungen werden auf unterschiedliche Weise in Lebensmittel eingetragen: aus Böden, Trinkwasser, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen. 

Laut Europäischer Lebensmittelbehörde (EFSA) sind vor allem tierische Lebensmittel mit PFAS belastet. Auch über die Luft ist eine Aufnahme möglich. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn man sich viel in Innenräumen aufhält, die mit PFAS-behandelten Materialien (z.B. schmutzabweisende Teppiche) ausgestattet sind. Manche PFAS entweichen nämlich aus den behandelten Textilien und sind dann vermehrt in der Raumluft vorhanden. 

Weitreichende Kontaminationen aufgedeckt 

Dass die Umweltbelastung mit PFAS wohl größer ist als bisher angenommen, hat kürzlich ein internationales Rechercheteam unter Beteiligung der deutschen Medien NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung (SZ) ermittelt. 

Demnach sind in Deutschland mehr als 1.500 Orte kontaminiert. Das sind zum Beispiel Orte, wo in der Vergangenheit größere Mengen Feuerlöschschaum verwendet wurden, oder Industriestandorte, an denen PFAS produziert oder eingesetzt werden.

Verbotsvorschlag für PFAS an die Europäische Chemikalienagentur übermittelt   

Für die besonders kritischen PFAS-Substanzen PFOS und PFOA gelten bereits weitgehende Verbote in der EU. An ihrer Stelle werden vermehrt andere PFAS verwendet. Möglicherweise kommt es aber demnächst zu einem gänzlichen Verbot von PFAS in der EU. Die Initiatoren hierfür sind Behörden von fünf europäischen Ländern – neben dem deutschen Umweltbundesamt Behörden aus Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden. Sie haben einen gemeinsamen Vorschlag zur Beschränkung von PFAS bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht.  

Nach den Recherchen von NDR, WDR und SZ formiert sich dagegen bereits massiver Widerstand von Industrieverbänden und Unternehmen. Sie wollen ein PFAS-Gruppenverbot verhindern. Die Industrievertreter warnen vor Arbeitsplatzverlusten sowie Einschränkungen der Wettbewerbsfähigkeit. Auch die Innovationskraft und die Energiewende seien durch ein generelles PFAS-Verbot gefährdet. Denn PFAS steckten etwa in Lithiumionenbatterien und in Membranen für Brennstoffzellen.  

Die ECHA will nun den Verbotsvorschlag wissenschaftlich prüfen. Es ist zudem eine öffentliche Konsultation vorgesehen, in der Bürger, Organisationen und Industrievertreter zu Wort kommen. Sobald eine Stellungnahme der ECHA vorliegt, entscheidet die Europäische Kommission zusammen mit den EU-Mitgliedsstaaten über eine potentielle Beschränkung. Wie es mit den PFAS langfristig weitergeht, wird wohl erst im Jahr 2025 feststehen. Quellen: Umweltbundesamt; Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); www.tagesschau.de; www.deutschlandfunk.de