Retax-Fragen
Praxiswissen
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Biological: Nullretax wegen generischer Verordnung?

Rosanes Rezept in einer Hand
Für den Austausch von Biologicals gilt es einige Punkte des Rahmenvertrags zu beachten. | Bild: cineberg / AdobeStock

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:

Uns lag ein Rezept zulasten der AOK Bayern (IK 108310400) mit folgender Verordnung vor: Adalimumab 40 mg 6 FS (Abgabedatum: 18.12.18).

Abgegeben wurde von uns AMGEVITA 40 mg/0,8 ml Inj.-Lsg. in einem Fertigpen, 6 St. N3, Amgen (PZN 14270223), da dieses zum Abgabezeitpunkt das günstigste im Markt befindliche Arzneimittel war und wir somit wirtschaftlich gearbeitet haben (die nächst teureren Alternativen wären 2.000 Euro teurer gewesen!).

Nun haben wir von der Krankenkasse eine Nullretaxation erhalten, und zwar mit der Begründung, dass es sich um eine Wirkstoffverordnung handele, die keine Prüfung auf Anlage 1 des Rahmenvertrags erlaube.

Wir haben uns vom Arzt schriftlich bestätigen lassen, dass diese wirtschaftliche Abgabe in seinem Einverständnis geschehen ist, allerdings haben wir dies bei der Abrechnung nicht beigefügt. Können wir die Bestätigung noch nachreichen? Lässt sich die Abgabe eventuell noch heilen?

Antwort

Gemäß Rahmenvertrag war und ist ein Austausch bei biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln nur unter sehr strengen Bedingungen möglich. Sie unterliegen der Austauschpflicht nur, wenn

  • sie mit Bezug auf das Referenz-Biological zugelassen wurden, 
  • sie sich in den Ausgangsstoffen und im Herstellungsprozess nicht unterscheiden,
  • sie in der Anlage 1 des Rahmenvertrags namentlich aufgeführt sind. 

Adalimumab war zum Abgabezeitpunkt nicht in der Anlage 1 des Rahmenvertrages als austauschbar gelistet und ist auch aktuell nicht in der Auflistung zu finden:

Abbildung: Anlage 1 zum Rahmenvertrag, Stand: 15.03.2020

Reine Wirkstoffverordnung nicht eindeutig

Um beurteilen zu können, ob ein Austausch gemäß der obigen Liste zulässig ist, ist jedoch eine eindeutige Verordnung mit Firmenangabe oder PZN erforderlich. Eine reine Wirkstoffverordnung ist meist weder eindeutig noch hilfreich. Daher werden nicht eindeutig bestimmte Verordnungen, die nicht zweifelsfrei der Arzneimitteltaxe zugeordnet werden können, wie in diesem Beispiel häufig retaxiert.

Vorgehensweise durchdacht, aber nicht ganz korrekt

Die Begründung der AOK Bayern zur Retaxation im genannten Fall lautete: „Erläuterung zum Korrekturgrund 256: Unklare Verordnung aufgrund der Nicht-Austauschbarkeit bei Adalimumab-Biosimilars.“

Nun mag die AOK hier formal im Recht sein, aber Sie haben sich bei der Abgabe durchaus Gedanken gemacht und auch mit der Arztpraxis Kontakt aufgenommen. Sie gingen davon aus, dass bei einer reinen Wirkstoffverordnung eines der drei günstigsten Arzneimittel abgegeben werden muss und dies im Sinne der Krankenkasse und des Gesundheitssystems ist, da so viel Geld gespart werden kann.

In diesem konkreten Fall war diese Herangehensweise aber leider nicht ganz richtig, da auch das für viele Krankenkassen inzwischen rabattierte Humira® bzw. austauschbare Importe in Frage gekommen wären. Mehr Informationen zu dieser Thematik finden Sie in den DAP Arbeitshilfen.

Dazu besagt § 4 Abs. 1a des alten Rahmenvertrags (2016):

Situation nach neuem Rahmenvertrag

Im aktuell gültigen Rahmenvertrag (April 2020) besteht die Regelung für die Austauschbarkeit von Biologicals wie oben zitiert fort (dort in § 9 Abs. 3a zu finden).

Fazit

Da zum Abgabezeitpunkt weder das Erstanbieterprodukt noch das abgegebene Produkt für die AOK Bayern rabattiert war, ist der AOK in der Tat kein Schaden entstanden (weder Adalimumab noch Humira® steht auf der Austauschliste in Anlage 1 des Rahmenvertrags). Außerdem können Sie nachweisen, dass die Abgabe auf Wunsch des Arztes zustande kam. Zudem ist weder vertraglich noch gesetzlich festgehalten, dass eine Nullretax in diesem Fall angemessen und zulässig ist. Da weder ein wirtschaftlicher noch ein therapeutischer Schaden entstanden ist, würde es sich also durchaus anbieten, dass die AOK hier Ihrem Einspruch stattgibt und die ärztliche Bestätigung der Apothekenversorgung anerkennt.

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