Titelbild: IMAGO / Westend61
Eine PTA als Influencerin

Videos drehen, Kooperationen pflegen und Kommentare beantworten – das gehört zu den Aufgaben von PTA und Influencerin Paulina Kuberczik (@paulini_mathini). Im Interview erzählt sie, wie sie dazu gekommen ist und gibt einen Einblick in ihren Arbeitsalltag.
Carolin Kühnast: Liebe Paulina, wann hast du deine Ausbildung zur PTA gemacht und was hat dich dazu bewegt?
Paulina Kuberczik: Meine PTA-Ausbildung habe ich im August 2017 direkt im Anschluss an meine fertige PKA-Ausbildung gestartet. Nachdem ich in der neunten Klasse ein Praktikum in einer öffentlichen Apotheke gemacht habe, wurde mir schnell klar, dass ich später einmal dort arbeiten möchte.
Die beiden Ausbildungen haben es mir ermöglicht, in allen Bereichen einsetzbar zu sein, und haben mir bis heute viele Vorteile gebracht. Ziel war es aber immer, im Handverkauf zu stehen und die Kunden zu bedienen. Das habe ich mir früher immer so romantisch vorgestellt, heute weiß ich, dass das nicht immer der Fall ist.
Carolin Kühnast: Wie ging es dann nach der abgeschlossenen PTA-Ausbildung weiter?
Paulina Kuberczik: Nach meinem sechsmonatigen Praktikum in einer öffentlichen Apotheke wollte mich meine damalige Chefin gleich übernehmen. Ich bin dann für circa drei Jahre dort geblieben und habe danach einmal die Apotheke gewechselt. Seitdem arbeite ich in derselben Apotheke.
Carolin Kühnast: Wann hast du angefangen, zusätzlich zu deiner Arbeit in der öffentlichen Apotheke Social Media zu machen? Und was hat dich ermutigt, genau diesen Weg zu gehen?
Paulina Kuberczik: In meinem Praktikum gab es so viele komische Situationen, bei denen ich dachte: „Das kann man doch niemandem erzählen.“ Man musste zu Corona-Zeiten den Kunden viel erklären und es gab auch einige Diskussionen, zum Beispiel beim Thema Lieferengpässe.
Da dachte ich mir zum ersten Mal, man müsste diese Geschichten, die man erlebt, in ein Video packen. Das habe ich am Anfang ganz privat nur für meine Familie gemacht. Doch sie sagten immer wieder: „Paulina, lade das doch mal auf TikTok hoch, das kommt bestimmt voll gut an.“ Erst habe ich mich nicht getraut, aber irgendwann nahm ich meinen Mut zusammen und was soll ich sagen: Es kam wirklich gut bei den Leuten an.
Es gab damals noch keine andere PTA, die solche Geschichten auf diese Art online geteilt hat. Meine Videos haben anscheinend einen Nerv bei anderen PTA und Apothekern getroffen, darauf wollte ich aufbauen.
Carolin Kühnast: Deine Inhalte richten sich also vor allem an pharmazeutisches Personal?
Paulina Kuberczik: Genau. Ich bezeichne mich auch gerne als PTAfluencerin, da meine Videos in erster Linie für die Menschen in der Apotheke sind. Die meisten meiner Follower sind PTA und Apotheker, aber auch Personen aus anderen Heilberufen oder dem Einzelhandel gehören dazu. Die haben auch viel Menschenkontakt und können meine Inhalte gut nachfühlen, weshalb sie mir auch gerne folgen.
Carolin Kühnast: Wie ging es dann mit Social Media weiter und wann wurde aus Freizeit langsam Arbeit?
Paulina Kuberczik: Ich bin in den Influencer-Alltag komplett hineingerutscht. Ich wusste damals nicht, wie man damit Geld verdienen sollte. Nach und nach kamen aber immer mehr Firmen aktiv auf mich zu und wollten mit mir zusammenarbeiten.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt deutlich unterschätzt, wie so eine Kooperation abläuft. Ich dachte, ich drehe ein oder zwei Videos und dann verdiene ich damit Geld. Doch so einfach ist es nicht, man muss schon viel Arbeit hineinstecken.
Nach meinen ersten beiden großen Kooperationen habe ich zum ersten Mal gedacht, dass Social Media ein schönes Standbein neben der Arbeit in der Apotheke sein könnte.
Carolin Kühnast: Wie groß war dein Account damals, als die ersten großen Anfragen aufkamen?
Paulina Kuberczik: Bei TikTok war ich ungefähr bei 20.000 Followern, wobei man auf dieser Plattform relativ schnell wachsen kann. Bei Instagram dauert es erfahrungsgemäß etwas länger. Da hatte ich zu Beginn ungefähr 5.000 bis 7.000 Follower.
Ich bin aktuell vor allem auf Instagram aktiv, da die meisten Firmen den Fokus auf diese Plattform legen. Es wäre mir ansonsten mittlerweile auch etwas zu viel. Ich habe zwar Spaß, mich als Influencerin kreativ auszuleben, brauche aber gleichzeitig den Kundenkontakt in der öffentlichen Apotheke. Natürlich auch für die Geschichten im Handverkauf.
Carolin Kühnast: Gab es eventuell Hürden bei der Entscheidung für die Tätigkeit als PTA-Influencerin?
Paulina Kuberczik: Ich habe im Kleingewerbe angefangen und musste mich erstmal belesen und beraten lassen, denn ich hatte von der ganzen Thematik rund um Steuern und Co. keine Ahnung. Meine kaufmännischen Vorkenntnisse durch die PKA-Ausbildung haben mir aber auf jeden Fall sehr dabei geholfen.
Da der Übergang zu einem richtigen Gewerbe Schritt für Schritt vonstattenging, bin ich langsam in die Arbeit hineingewachsen. Rückblickend lief alles relativ entspannt ab, auch wenn ich zu Beginn etwas Angst vor der neuen Aufgabe hatte.
Carolin Kühnast: Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag für dich aus?
Paulina Kuberczik: Ich arbeite Montag und Dienstag für je zehn Stunden in der Apotheke und drehe im Anschluss in den Apothekenräumlichkeiten meine Videos. Für die Kooperationen arbeite ich mit einer Videografin zusammen. Mittwochs bin ich nochmals bis Mittags in der Apotheke und Donnerstag sowie Freitag steht Büroarbeit für Social Media an: Buchhaltung, E-Mails beantworten, Skripte und Angebote schreiben, Telefonate führen und Vorbereitungen treffen. Nebenbei bediene ich dann den Instagram-Account und versuche einmal täglich, alle meine Nachrichten zu beantworten.
In der Apotheke arbeite ich derzeit 25 Stunden die Woche und als Influencerin nochmal 25 bis 35 Stunden, das variiert etwas. Kein Tag ist wirklich wie der andere, was mir sehr gefällt.
Carolin Kühnast: Hast du einen festen Plan, wann und wie du deine Videos hochlädst?
Paulina Kuberczik: Meine Videos poste ich eher aus dem Bauch heraus. Wenn mich Dinge beschäftigen, drehe ich auch mal spontan ein Video und lade es direkt hoch. Kooperationen plane ich fest ein, meine privaten Videos schiebe ich dann immer dazwischen, so wie es am besten passt. Ich habe meist auch zwei bis drei Videos vorgedreht, falls ich im Urlaub bin.
Carolin Kühnast: Woran erkennst du ein passendes Kundengespräch für ein neues Video?
Paulina Kuberczik: Ich greife im Alltag meist nur Themen auf, die mich verwundern oder bei denen bestimmte Kundenreaktionen besonders hervorstechen. Zuletzt kam eine Frau zu mir und hat mir eine Zecke gezeigt, mit der Frage, ob das Tierchen Borreliose hat. Hier weiß man ja eigentlich, dass das nicht so einfach zu erkennen ist.
Solche Anekdoten greife ich dann auf und gehe im Kopf gleich ein mögliches Gespräch durch. So kann ich den Verlauf des Videos gut steuern und überlege, welche Emotionen ich damit herüberbringen möchte. Es gibt Tage, da passieren einfach viele komische Geschichten in der Apotheke, das glaubt man gar nicht.
Carolin Kühnast: Was macht dir an der Arbeit als Influencerin am meisten Spaß?
Paulina Kuberczik: Ich finde es immer sehr schön, wenn ich einmal pro Woche die fertigen Videos von meiner Videografin bekomme. Wenn ich mir das Ergebnis angucke, freue ich mich jedes Mal, wie aus meiner Idee letztendlich das fertige Video geworden ist. Es ist wie bei einem Puzzle, bei dem sich am Ende alles zusammenfügt.
Auch Reaktionen und Kommentare auf Instagram lese ich sehr gerne und finde die Erzählungen anderer sehr spannend. Man denkt immer, es ist schon verrückt, was einem im Alltag alles passiert, und dann erzählen mir andere ihre Geschichten und ich denke: Okay, es geht noch verrückter!
Carolin Kühnast: Was schätzt du an der Selbstständigkeit als Influencerin besonders?
Paulina Kuberczik: Die Arbeit fühlt sich oft nicht wie Arbeit an. Natürlich ist man auch mal müde und es kann auch anstrengend sein, 20 Mails zu beantworten und Buchhaltung zu machen, aber wenn ich jetzt auf Instagram Nachrichten beantworte, macht mir das einfach Spaß. Ich interessiere mich wirklich sehr dafür, welche Dinge mir meine Follower schreiben. Es zählt natürlich in die Arbeitsstunden mit rein, fühlt sich aber in diesem Fall gar nicht danach an.
Carolin Kühnast: Könntest du dir vorstellen, die öffentliche Apotheke zu verlassen und nur noch Influencerin zu sein?
Paulina Kuberczik: Nein, ich würde eher mit Social Media aufhören als in der öffentlichen Apotheke. Ich schätze meine derzeitige Apotheke sehr, denn ich kann dort flexibel arbeiten und mir meine Zeit relativ frei einteilen. Um hauptberuflich als klassische Influencerin arbeiten zu können, müsste ich viel mehr Privates teilen. Dazu wäre ich nicht bereit, ich brauche da eine klare Grenze. Außerdem denke ich, dass mir langfristig der Spaß daran verloren gehen würde.
Carolin Kühnast: Welchen Tipp gibst du anderen PTA, die gerne einen Beruf in diesem Bereich ausüben würden?
Paulina Kuberczik: Ich werde von PTA häufig auf Instagram oder auch auf Veranstaltungen gefragt: „Paulina, wie wird man jetzt Influencer?“ Ich sage dann immer, dass man das nicht wirklich lernen kann, sondern sich alles mit der Zeit ergibt. Man sollte eine passende Nische finden und sich von anderen Influencern inspirieren lassen, anstatt Inhalte zu kopieren. So wird der eigene Social-Media-Auftritt erst authentisch. Das Ziel sollte nicht in erster Linie sein, mit den Beiträgen viral zu gehen, sondern ein Thema für sich selbst zu finden, was wirklich zu einem passt.
Außerdem ist ein bisschen Schauspieltalent von Vorteil, damit die Videos nicht „wie auswendig gelernt“ klingen. Ich habe mir zu Beginn auch nicht zu viele Gedanken gemacht, das nimmt den Druck raus. Zu viel Perfektionismus führt im schlimmsten Fall dazu, dass man keine Ideen mehr hat. Am besten also einfach anfangen und sich langsam weiterentwickeln. Die Firmen kommen dann schon von ganz alleine auf einen zu.
Carolin Kühnast: Liebe Paulina, vielen Dank für das Interview! Möchtest du den PTA zum Schluss noch etwas mit auf den Weg geben?
Paulina Kuberczik: Ich bekomme viele Nachrichten von PTA-Schülern, die sich sehr auf die Arbeit in der Apotheke freuen und meine Videos anschauen. Auch wenn ich alles immer sehr überspitzt darstelle, ist der Apothekenalltag meist durch schöne, positive und dankbare Erlebnisse geprägt. Und das jeden Tag. Man sollte die Arbeit in der Apotheke schätzen und nicht als selbstverständlich hinnehmen, sondern jeden Kunden einzeln betrachten und mit Menschlichkeit individuell auf dessen Bedürfnisse eingehen.