Biochemisches Grundwissen
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Aufgefrischt! Biochemisches Grundwissen: Enzyme: Katalysatoren des Körpers

Enzyme ermöglichen den Ablauf zahlreicher chemischer Reaktionen bei Körpertemperatur. Sie können in der Zellmembran verankert sein (membrangebundene Enzyme, siehe Abbildung) oder frei im Plasma vorliegen. | Bild: Juan Gärtner / AdobeStock

Als Biokatalysatoren sind Enzyme an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Sie werden deshalb nicht nur selbst als Arzneimittel eingesetzt, sondern sind vor allem als Zielstruktur für Wirkstoffe von pharmazeutischem Interesse.

Zur Erinnerung: Was ist ein Katalysator?

Katalysatoren reduzieren die für eine chemische Reaktion notwendige Energie (Aktivierungsenergie) und beschleunigen dadurch die Reaktionsgeschwindigkeit. Katalysatoren werden dabei selbst nicht verbraucht und können so nach der Reaktion erneut verwendet werden. /sn

Aufbau von Enzymen

Das Enzym in seiner Gesamtheit wird auch Holoenzym genannt und setzt sich aus dem sogenannten Apoenzym (Proteinteil) und einem Cofaktor zusammen. Cofaktoren können dabei Coenzyme (z. B. Vitamine) oder Ionen (z. B. Eisen oder Zink) sein.

Mit Ausnahme von Ribozymen, die aus RNA bestehen, zählen Enzyme zu den Eiweißen (Proteinen). 

Das Schlüssel-Schloss-Prinzip

Schematische Darstellung der Enzymfunktion. | Bild: Annette Thomas

Eine höhlenartige Vertiefung in der knäuelartigen Quartärstruktur bildet das aktive Zentrum. Hier kann ein enzymspezifisches Substrat andocken und chemisch umgesetzt werden. So spaltet z. B. das Verdauungsenzym Lactase den Milchzucker Lactose (Substrat) in die Einfachzucker Galactose (Produkt 1) und Glucose (Produkt 2). 

Da Enzym und Substrat in ihrer Struktur optimal zusammenpassen müssen, spricht man auch von einem Schlüssel-Schloss-Prinzip.

Zur Erinnerung: Was ist die Quartärstruktur?

Proteine bestehen aus Aminosäuren, die zu langen Ketten zusammengelagert sind. Diese erhalten in vier Schritten ihre räumliche Struktur:

  1. Primärstruktur: Aneinanderreihung von Aminosäuren ergibt eine lange Aminosäurekette.
  2. Sekundärstruktur: Wechselwirkungen zwischen den Ketten erzeugen schraubenförmige Bereiche (sog. Alpha-Helix) und zickzackförmige Bereiche (sog. Beta-Faltblatt).
  3. Tertiärstruktur: Durch weitere Faltung entsteht eine knäuelartige Struktur. Im wässrigen Milieu ordnen sich die Ketten dabei so an, dass die hydrophoben Bereiche innen liegen und die hydrophilen Bereiche nach außen zeigen.
  4. Quartiärstruktur: Mehrere Proteinknäuel (Tertiärstrukturen) lagern sich mit Hilfe verschiedener Wechselwirkungen aneinander. /sn

Was die Bezeichnung verrät

An der typischen Endung -ase sind Enzyme auf den ersten Blick zu erkennen (z. B. Amylase, Lactase, Cholinesterase). Einige Vertreter weichen jedoch von dieser Nomenklatur ab, wie z. B. Trypsin, Renin, Bromelain oder Thrombin.

Aus der Benennung lässt sich zum Teil noch mehr ableiten: Sie weist entweder 

  • auf das zugehörige Substrat hin (z. B. Lipase, spaltet Lipide) oder
  • auf die Art der katalysierten Reaktion (z. B. Hydrolase, spaltet das Substrat hydrolytisch, d. h. mit Hilfe von Wasser).

Temperatur- und pH-abhängig

Verschiedene Parameter beeinflussen die Enzymaktivität. So besitzt jedes Enzym ein pH-Optimum und ein Temperaturoptimum. Vereinfacht gesprochen nimmt die Aktivität mit steigender Temperatur zu – sie kann jedoch nicht beliebig erhöht werden, da das Eiweiß sonst denaturieren (d. h. zerstört) würde.

Bedeutung in der Pharmazie

Pharmazeutisch kann die Enzymfunktion auf zweierlei Art genutzt werden. Bei Verdauungsbeschwerden kann z. B. die Zufuhr von Lipasen (Fettverdauung), Amylasen (Kohlenhydratverdauung) oder Proteasen (Proteinverdauung) Besserung bewirken. Bromelain kann darüber hinaus das Abklingen von Entzündungen beschleunigen.

Häufiger werden Enzyme jedoch als Zielstruktur genutzt und durch spezifische Wirkstoffe reversibel oder irreversibel gehemmt. 

Enzyme als Zielstrukturen

Schematische Darstellung der Enzymhemmung. | Bild: Annette Thomas

ACE-Hemmer wie Ramipril oder der Thrombinhemmer Dabigatran sind dem physiologischen Substrat in ihrer chemischen Struktur sehr ähnlich und konkurrieren daher mit ihm um die Bindungsstelle am aktiven Zentrum. Man spricht hier von einer kompetitiven Hemmung, die reversibel ist, sobald der Wirkstoff abgesetzt wird. 

Nichtkompetitive Hemmstoffe wie z. B. der HIV-Protease-Hemmer Indinavir setzen außerhalb des aktiven Zentrums an und inaktivieren entweder das freie Enzym oder den Enzym-Substrat-Komplex. Quelle: Sorg, Bernd; Imhof, Diana: Biochemie und Klinische Chemie für Pharmazeuten. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.
Derendorf, Hartmut u. a.: Arzneimittelkunde für PTA. Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag, 2019
 

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