Allergie
Gräser, Pollen und vieles mehr machen Allergikern das Leben in den ersten Monaten des Jahres schwer. Verstopfte Nase, Niesen, tränende Augen sorgen bei vielen für einen hohen Leidensdruck. Da die meisten Präparate rezeptfrei erhältlich sind, ist Allergie eines der Top-Beratungsthemen im Frühling und Sommer.
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Was hilft bei Allergie in der Schwanger­schaft?

schwangere Frau steht mit Taschentuch unter einem Baum und putzt sich die Nase
Auch während einer Schwangerschaft bleiben Frauen nicht von Allergien verschont. | Bild: Maria Sbytova / AdobeStock

Unter einer Allergie versteht man eine Reaktion des Körpers auf ungefährliche Stoffe aus der Umgebung. Dafür verantwortlich sind vor allem Proteine, die beispielsweise in Baumpollen, Schimmelpilzsporen, Nahrungsmitteln, Insektengift oder Tierhaaren vorkommen. 

Wie sich die allergische Reaktion äußert, ist abhängig vom Allergen selbst und der Kontaktfläche, mit der es in Berührung kommt. In einer Schwangerschaft können die Symptome einer Allergie die Frauen besonders stark belasten.

Pollenallergie: Wann sollten Schwangere zum Arzt?

Auch während einer Schwangerschaft können Betroffene mit Heuschnupfen zu kämpfen haben. Zu den typischen Symptomen gehören

  • Fließschnupfen,
  • Niesattacken,
  • juckende und tränende Augen sowie
  • Rötung und Schwellung der Schleimhäute.

Ist die Allergie bereits bekannt und treten die Symptome in gewohnter Ausprägung auf, ist eine Behandlung im Rahmen der Selbstmedikation möglich. 

Bei einer Verschlimmerung der Symptome mit Ausweitung auf die Bronchien, trockenem Husten, häufigem Räuspern, pfeifender Atmung oder Kurzatmigkeit sollte die Kundin unbedingt an einen Arzt verwiesen werden.

Zur Erinnerung: Wie entsteht eine Pollenallergie?

Bei Heuschnupfen oder allergischer Rhinokonjunktivitis handelt es sich um eine Allergie vom Soforttyp oder Typ-1-Allergie. Die Reaktion des Immunsystems auf das Allergen – in diesem Fall Pollen – erfolgt sofort, innerhalb von Sekunden bis Minuten. Voraussetzung hierfür ist ein zuvor erfolgter Erstkontakt mit dem Allergen. 

Durch den Allergenkontakt schütten T-Helferzellen Interleukin-4 aus, welches die B-Helferzellen aktiviert, um spezifische IgE-Antikörper gegen das Allergen zu produzieren. Diese binden u. a. an Mastzellen, wodurch sie zu zellständigen Antikörpern werden. 

Bei einem erneuten Allergenkontakt bindet das Allergen an diese zellständigen IgE-Antikörper und es kommt zur Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Histamin, Leukotrienen und Prostaglandinen.

Orale Therapie mit Loratadin und Cetirizin bei Schwangeren geeignet

Allergische Symptome können je nach Ausmaß der Beschwerden mit oralen oder lokalen Wirkstoffen behandelt werden. Unter den oralen H1-Antihistaminika der zweiten Generation können Loratadin und Cetirizin empfohlen werden. Sie hemmen die Wirkung von Histamin, wodurch verschiedene Allergiesymptome gleichzeitig behandelt werden.

Laut dem Portal embryotox liegen für Loratadin mittlerweile mehr als 5.000 und für Cetirizin 1.300 Erfahrungsberichte an Schwangeren vor, bei denen keine Hinweise auf eine schädigende Wirkung aufgetreten sind. Beide Wirkstoffe dürfen in allen Phasen der Schwangerschaft angewendet werden. In den Packungsbeilagen vieler Hersteller wird vor der Einnahme dennoch ein Gespräch mit dem Arzt oder in der Apotheke zur Nutzen-Risiko-Abwägung angeraten.

Desloratadin und Levocetirizin sind noch deutlich weniger gut untersucht. Da es sich bei den beiden Substanzen um direkte Abbauprodukte der Ausgangsstoffe Loratadin und Cetirizin handelt, können die Empfehlungen als gleichwertig angesehen werden.

Dimetinden und Bilastin in Schwangerschaft ungeeignet

Dimetinden (z. B. Fenistil® Tropfen) gehört zu den H1-Antihistaminika der ersten Generation. Der Wirkstoff kann nach oraler Einnahme aufgrund der Überwindung der Blut-Hirn-Schranke Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Übelkeit oder Schwindel auslösen. Bei langfristiger Behandlung könnten in seltenen Fällen beim Neugeborenen Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit und Durchfall auftreten, weshalb es nicht zu den Mitteln der Wahl in der Schwangerschaft gehört.

Für den Wirkstoff Bilastin (z. B. Allegra® Allergietabletten), der erst seit 2022 für die orale Behandlung von allergischen Symptomen in der Selbstmedikation zur Verfügung steht, existieren derzeit noch zu wenige Daten, die eine Einnahme in der Schwangerschaft als sicher einstufen.

Gut zu wissen: Was tun bei einem anaphylaktischen Schock in der Schwangerschaft?

Ein anaphylaktischer Schock kann lebensbedrohlich sein und stellt die stärkste Form einer allergischen Reaktion dar. Häufig kommt es in diesem Zusammenhang zu einem Blutdruckabfall, der die Sauerstoffversorgung des Fötus vermindern kann. 

Um Schäden beim Ungeborenen zu verhindern, sollte die Betroffene schnell in eine liegende oder sitzende Position gebracht werden. Anschließend erfolgt die Anwendung eines Adrenalin-Pens (z. B. Fastject®, Jext®), der für die Kreislaufstabilisierung wichtig ist und auch ohne Bedenken in der Schwangerschaft angewendet werden kann. 

Danach sollte der Rettungswagen gerufen werden. Ob zusätzlich Glucocorticoide und Antihistaminika verabreicht werden sollten, entscheidet der Notarzt nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung.

Lokale Behandlung: Cromoglicinsäure als Mittel der Wahl bei Schwangeren

Sind die Allergiebeschwerden mild oder treten ausschließlich an Nase oder Augen auf, kann Schwangeren eine lokale Behandlung mit Augentropfen oder Nasensprays empfohlen werden. 

Mittel der Wahl ist der Wirkstoff Cromoglicinsäure bzw. Natriumcromoglicat (z. B. Vividrin® antiallergische Augentropfen). Es liegen zahlreiche Erfahrungsberichte vor, bei denen sich keine Hinweise auf eine schädigende Wirkung ergeben haben. Da der Wirkstoff erst nach 24 bis 48 Stunden sein Wirkmaximum erreicht, sollte die Anwendung bereits vorbeugend angeraten werden.

Aufgrund einer sehr geringen Resorptionsrate bei lokaler Anwendung können außerdem Produkte mit dem Antihistaminikum Levocabastin (z. B. Livocab® direkt) in der Schwangerschaft empfohlen werden.

Bei trockenen Schleimhäuten können zur Befeuchtung auch Produkte mit Dexpanthenol, Meerwasser oder Hyaluronsäure angewendet werden.

Wie steht es um Glucocorticoide, Azelastin und Co. in der Schwangerschaft?

Die Datenlage für die Wirkstoffe Ketotifen (z. B. Zaditen® ophtal) und Azelastin (z. B. Pollival® Augentropfen, Allergodil® akut Nasenspray) ist stattdessen relativ gering. Auch wenn bei lokaler Anwendung keine bedeutenden Wirkstoffspiegel im Körper zu erwarten sind, sollte von einer Abgabe im Rahmen der Selbstmedikation, insbesondere im ersten Drittel der Schwangerschaft, abgesehen werden.

Glucocorticoide zur nasalen Applikation wie Mometason (z. B. MometaHEXAL® Heuschnupfenspray) oder Fluticason (z. B. OtriAllerg® Nasenspray) sind bei sachgemäßer Anwendung grundsätzlich sicher. Da sie aber zur Behandlung von Heuschnupfen meist über einige Wochen angewendet werden müssen, sollte dies nur nach ärztlicher Diagnose und Empfehlung geschehen und nicht in der Selbstmedikation.

Bei allergischer Hautreaktion: Produkte nur kurzzeitig anwenden

Im Rahmen einer allergischen Reaktion kann es beispielsweise nach einem Insektenstich zu Juckreiz und Quaddelbildung an der Haut kommen. Solange es sich nur um eine kleine Hautstelle handelt, dürfen entzündungshemmende und juckreizstillende Produkte mit 

  • Hydrocortison (z. B. Ebenol, Hydrocortison-ratiopharm®), 
  • Polidocanol (z. B. Anaesthesulf® Lotio, Soventol® Anti-Juck Stift) oder
  • Dimetinden (z. B. Fenistil® Gel) 

in der Selbstmedikation an Schwangere abgegeben werden. Die Behandlung sollte immer nur kurzzeitig, dünn und nicht großflächig erfolgen, um systemische Wirkungen zu vermeiden. Zusätzlich kann die Haut zur Symptomlinderung gekühlt werden.

Beratungstipp bei Schwangeren: Auf Allergenvermeidung im Alltag achten

Ist bekannt, welche Pollen die Allergie auslösen, kann man sich über die Pollenflug-Vorhersage informieren, wann das Pollenrisiko am größten ist, und Aktivitäten im Freien danach planen. Zwischen 6:00 Uhr und 8:00 Uhr morgens ist die Pollenkonzentration in der Stadt am niedrigsten, während sie auf dem Land abends zwischen 19:00 Uhr und 24:00 Uhr am geringsten ist.

Eine weitere Option ist der Einbau eines Pollenfilters im Auto, der für Entlastung sorgen kann. Auch für die Fenster am Haus sind Pollenschutzgitter erhältlich. 

Außerdem sollte die Wäsche nicht im Freien getrocknet werden, um keine Pollen einzuschleppen. Draußen getragene Kleidung sollte möglichst nicht im Schlafzimmer ausgezogen und abgelegt werden. 

Nach längerem Aufenthalt im Freien oder am Ende des Tages hilft eine Dusche, um Pollen von Haut und Haaren zu entfernen. Quellen:
- Abhau A, Selbstmedikation in Schwangerschaft und Stillzeit - Handbuch für die Beratung, Deutscher Apotheker Verlag, 2021, 1. Auflage
- https://online-academy.ch/de/learning-objects/tile/details/kurs481/kurs492/module487
- https://www.embryotox.de
 

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