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Neue Formulierung: Euthyrox-Rezeptur wird verändert

Bild: DAZ.online

Merck ändert die Formulierung seines Schilddrüsenpräparates Euthyrox®. Auf Drängen verschiedener Gesundheitsbehörden, darunter auch die französische Arzneimittelbehörde ANSM, hat der Darmstädter Pharmakonzern eine neue Rezeptur für Euthyrox® entwickelt. Die Gesundheitsbehörden forderten schärfere Wirkstoffspezifikationen von Schilddrüsen-Präparaten. Die Rezepturänderung soll eine höhere Stabilität und Konsistenz des Wirkstoffes während der ganzen Haltbarkeitsdauer gewährleisten. Künftig muss der Levothyroxin-Gehalt über die Gesamtdauer der Haltbarkeit innerhalb eines Bereiches von 95 bis 105 Prozent liegen. Bislang war für die Wirkstoffspezifikation ein Schwankungsbereich von 90 bis 110 Prozent Levothyroxin-Natrium erlaubt. 

In Frankreich und der Schweiz gibt es die neue Formulierung bereits – vor allem in Frankreich protestierten die Patienten gegen das neue Arzneimittel. Nun hat auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die neue Formulierung des Merck-Schilddrüsenmedikaments zur Zulassung empfohlen.

Neues Euthyrox soll Schilddrüsenhormon-Level stabiler machen

Die neue Rezeptur kürzt die Variabilität im Levothyroxin-Gehalt um jeweils 5 Prozent zur oberen und zur unteren Grenze. „Die neue Formulierung zielt darauf ab, die Dosierung des Wirkstoffs präziser zu steuern und Patienten dabei zu helfen, ihr Schilddrüsenhormon-Level während der Behandlung besser zu kontrollieren“, erklärt Merck die Rezepturänderung in einem Schreiben an DAZ.online. Und weiter: „Die Rezepturänderungen haben keine Auswirkung auf die Wirksamkeit oder das Sicherheitsprofil von Levothyroxin, da der Wirkstoff derselbe bleibt.“ Die neue Formulierung entspreche somit den strengsten internationalen Standards.

Was ändert sich vom alten zum neuen Euthyrox?

Merck bestätigt, dass die neue Rezepturformulierung bioäquivalent zur früheren ist. Die Zusammensetzung, der Wirkstoff und die Erscheinungsweise bleiben nach Angaben von Merck gleich. Allerdings hat Merck zwei Hilfsstoffe geändert: Die neue Formulierung enthält Mannitol statt Lactose-Monohydrat und zusätzlich wasserfreie Zitronensäure.

Neues Euthyrox in Frankreich: Patienten gingen auf die Barrikaden

In anderen europäischen Ländern hat Merck das neu formulierte Levothyroxin-Präparat bereits eingeführt. Startland war Frankreich – dort unter dem Handelsnamen Levothyrox® – im März 2017. Es folgte die Schweiz im April dieses Jahres. In der Türkei haben die dortigen Behörden die Rezepturänderung ebenfalls bereits genehmigt, und Merck rechnet noch 2018 mit der Markteinführung. Proteste gab es vor allem in Frankreich. Dort initiierten Patienten im Juni 2017 eine Online-Petition. In dieser verlangten sie, dass Levothyrox® wieder auf die alte Rezeptur umgestellt wird. Grund für den Patienten-Unmut waren häufiger beobachtete Nebenwirkungen unter der neuen Levothyrox®-Formulierung.

Merck stellte in Frankreich kurzzeitig auf alte Formulierung um

Diese Online-Aktion blieb nicht erfolglos. Sie stieß auf große mediale Resonanz, die Polizei durchsuchte gar die Geschäftszentrale des Pharmakonzerns in Lyon. Tatsächlich wurde sodann die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn aktiv und forderte Merck im September 2017 auf, innerhalb von 15 Tagen die ursprüngliche Levothyroxin-Formulierung wie in Euthyrox® wieder einzuführen – allerdings nur temporär, nur unter ärztlicher Verordnung und auch nur für Patienten, die unter dem neuen Levothyrox® an persistierenden Nebenwirkungen litten. Die Forderung von Agnès Buzyn hat Merck zum 2. Oktober 2017 umgesetzt. Merck wird für 2018 die Versorgung dieser Patienten mit dem alten Euthyrox® gewährleisten, jedoch nicht darüber hinaus.

Nebenwirkungen unter der neuen Levothyrox-Formulierung

Das pharmazeutische Unternehmen betonte damals, dass für das Gros der rund drei Millionen französischen Patienten die Umstellung von Euthyrox® auf das neu formulierte Schilddrüsenmedikament Levothyrox® problemlos und erfolgreich verlaufen sei. Die nun von einzelnen Patienten beobachteten Nebenwirkungen waren keine völlig neuen. Die Patienten beschrieben klassische Symptome einer Hypo- oder Hyperthyreose, beispielsweise Müdigkeit, gastrointestinale Beschwerden wie Obstipation und Durchfall, Gewichtsveränderungen, Haarausfall, Schlafstörungen, Palpitationen und Flush. 

Ein solches Szenario möchte Merck in Deutschland offenbar verhindern. Der Pharmakonzern empfiehlt, in Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden, dass Ärzte in der Zeit der Umstellung engmaschig kontrollieren sollen, um unter Umständen die Dosis anzupassen.