Aktuelles
3 min merken gemerkt Artikel drucken

Lässt sich mit Baloxavir die Ansteckung bei Grippe verringern?

Bild: auremar / Adobe Stock

Neue Arzneimittel mit innovativen Ansätzen sind vor allem bei Infektionskrankheiten – ob viraler oder bakterieller Genese – stets willkommen. Im Falle der Influenza sind die therapeutischen Möglichkeiten überschaubar, forschungstechnisch war es nach den Neuraminidasehemmern Oseltamivir (Tamiflu®), Zanamivir (Relenza®) und Peramivir (Alpivab®) – letzteres ist in Deutschland nicht auf dem Markt – ruhig geworden. Roche brachte mit Baloxavir (XofluzaTM) wieder etwas Leben in die Grippewirkstoff-Forschung: In Japan wurde Baloxavir bereits im Februar 2018 für Kinder und Erwachsene zugelassen, in den Vereinigten Staaten erhielt Roche die Zulassung im Oktober 2018, und zwar für die Therapie der akuten, unkomplizierten Influenza ab zwölf Jahren. Derzeit liegt bereits ein ergänzender Zulassungsantrag bei der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA), dass Baloxavir auch bei Risikopatienten (ab 65 Jahren oder mit Grunderkrankungen, wie Asthma, chronischen Lungenerkrankungen, Herzerkrankungen) zum Einsatz kommen kann – hier ist das Risiko für komplizierte Influenzaverläufe erhöht. 
Nun lieferte eine klinische Studie, Blockstone, in Phase III neue Daten zur Post-Expositionsprophylaxe bei Influenza: Baloxavir reduzierte in der Untersuchung die Ansteckungsgefahr mit Grippeviren.

Post-Expositionsprophylaxe mit Baloxavir nach Grippekontakt 

Getestet wurde die Wirksamkeit von Baloxavir als Post-Expositionsprophylaxe in der vergangenen Grippesaison 2018/19 in Japan, und zwar an nicht-infizierten Kindern und Erwachsenen, die jedoch einem influenzainfizierten Haushaltsmitglied ausgesetzt (exponiert) waren. In der Studie wurde Baloxavir gegen Placebo getestet. Baloxavir nahmen die Probanden einmalig oral ein, dosiert wird Baloxavir nach Körpergewicht. Laut Roche erreichte die Blockstone-Studie ihren primären Endpunkt, also ihr erstrangiges Ziel: Bei wie vielen Personen konnte eine Influenzainfektion, Fieber und grippetypische Symptome nachgewiesen werden? 1,9 Prozent der Baloxavirbehandelten hatten einen positiven Influenzatest (innerhalb von zehn Tagen), in der Placebogruppe waren es 13,6 Prozent. Gemessen wurde mit einem Influenzaschnelltest. Laut den Studiendaten war Baloxavir ähnlich gut verträglich wie Placebo, die Häufigkeit der unerwünschten Ereignisse lag bei Baloxavir bei 22,2 Prozent, bei Placebo bei 20,5 Prozent. 

Wie wirkt Baloxavir? 

Baloxavir hemmt einen – verglichen mit den Neuraminidasehemmern – relativ frühen Schritt in der Grippevirusvermehrung. Der Wirkstoff blockiert die CAP-Endonuklease und folglich die virale Proteinbiosynthese. Die Neuraminidasehemmer Oseltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®) hemmen erst nach der Vermehrung der Viren die Freisetzung der neuen Virionen in den Wirtsorganismus.  

Die Vorteile von Xofluza 

Roche betont bei Baloxavir vor allem zwei Vorteile. Zum einen den bislang therapeutisch nicht genutzten Angriffspunkt der Endonuklease und die – zumindest in-vitro, sprich im Reagenzglas und somit außerhalb eines lebenden Organismus – festgestellte Wirksamkeit von Baloxavir auch gegen Oseltamivir-resistente Grippestämme. Zum anderen ist bei XofluzaTM die lediglich einmalige orale Gabe fraglos vorteilhaft, was Probleme der Therapietreue (Adhärenz) der Patienten außen vor lassen dürfte. Nichtsdestotrotz gab es 2018 einem Bericht im amerikanischen Ärzteblatt (New England Journal of Medicine, NEJM) zufolge, auch unter Baloxavir bereits Hinweise auf Resistenzen. Allerdings vermochten die Wissenschaftler die tatsächlichen klinischen Auswirkungen dieser Mutanten bislang nicht abzuschätzen.