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Cannabis bei Schwangerschaftsübelkeit?

Schwangere hält Cannabisblatt in der Hand
Konsumieren Schwangere Cannabis, steigt das Risiko einer Frühgeburt signifikant an. | Bild: Elroi / AdobeStock

Im Zuge der geplanten Cannabis-Legalisierung lohnt sich der Blick auf Erfahrungen aus anderen Ländern. So konsumieren in den USA seit der dortigen Legalisierung vermehrt auch Frauen im gebärfähigen Alter Cannabis. 

Teilweise wird der Konsum während einer Schwangerschaft fortgesetzt oder Cannabis gezielt gegen Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit angewendet. Dass dies keine gute Idee ist, wird erneut durch eine aktuelle Studie deutlich, in der ein geringeres Körpergewicht und ein kleinerer Kopfumfang bei Neugeborenen festgestellt wurden.

Wegen Cannabis: Babys haben verringertes Geburtsgewicht

Dazu wurden die elektronischen Patientenakten von 109 Schwangeren, die Cannabis konsumierten, mit 171 Kontrollen verglichen. Es zeigte sich eine signifikante Verminderung des Körpergewichts bei Neugeborenen um 154 g, wenn Cannabis während des ersten Trimenons konsumiert wurde, und um 185 g bei Konsum während der gesamten Schwangerschaft. 

Der Kopfumfang von Neugeborenen war signifikant geringer, wenn Schwangere Cannabis im ersten und zweiten Trimenon (–0,83 cm) und während der gesamten Schwangerschaft (–0,79 cm) anwendeten. Die Körpergröße der Neugeborenen wurde durch den Konsum nicht signifikant reduziert.  

Zur Erinnerung: Schwangerschaftswochen vs. Trimenon

Eine normale Schwangerschaft dauert circa neun Monate, was ungefähr 40 Wochen entspricht. Die Einteilung dieser Zeitspanne erfolgt sowohl anhand von Schwangerschaftswochen als auch in Form von Schwangerschaftsdritteln:

  • Das erste Drittel (Trimenon) besteht aus Schwangerschaftswoche 1 bis 12,
  • das zweite Trimenon beinhaltet Schwangerschaftswoche 13 bis 28 und
  • das dritte und letzte Trimenon umfasst Schwangerschaftswoche 29 bis 40.

Bereits frühere klinische Untersuchungen zeigten Effekte von Cannabis auf die Schwangerschaft, wie

  • eine erhöhte Inzidenz von Totgeburten, 
  • ein geringeres Geburtsgewicht, 
  • dass die Babys zu klein für das Schwangerschaftsalter (SGA) waren und vermehrt in neonatale Intensivstationen aufgenommen wurden, 

im Vergleich zu Säuglingen, deren Mütter kein Cannabis konsumierten. 

Cannabis in der Schwangerschaft: Babys kommen früher zur Welt 

2019 hatten Forschende in einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie aus Kanada die Risiken von Cannabiskonsum in der Schwangerschaft untersucht und konnten schwerwiegende Folgen insbesondere für die Geburt feststellen.

Insgesamt werteten sie 661.617 Schwangerschaften aus (Zeitraum April 2012 bis Dezember 2017). Die werdenden Mütter waren mindestens 15 Jahre alt. 9.427 Schwangere gaben an, während ihrer Schwangerschaft Cannabis konsumiert zu haben. Die Mütter waren im Schnitt 30,4 Jahre alt, die Babys kamen im Durchschnitt in der 39. Woche auf die Welt. 

Während 6,1 Prozent der Frauen ohne Cannabiskonsum ihr Kind vor der 37. Schwangerschaftswoche gebaren, waren es in der Cannabiskohorte 12 Prozent. „Bei schwangeren Frauen in Ontario, Kanada, war der berichtete Cannabiskonsum signifikant mit einem erhöhten Risiko einer Frühgeburt verbunden“, erklären die Autoren. 

Weniger Präeklampsie und Schwangerschaftsdiabetes 

Allerdings zeigten die Cannabiskonsumentinnen auch zwei kleine „Vorteile“: Das Risiko einer Präeklampsie sowie die Gefahr für einen Gestationsdiabetes waren geringer als bei Nichtkonsumenten. 

4,9 Prozent der Schwangeren ohne Cannabis hatten eine Präeklampsie und 7,4 Prozent entwickelten einen Gestationsdiabetes. Bei den Cannabiskonsumentinnen waren es 4,2 Prozent mit Präeklampsie und 4,2 Prozent mit Schwangerschaftsdiabetes. Literatur

Dodge P et al. The impact of timing of in utero marijuana exposure on fetal growth. Front Pediatr 2023;11:1103749, doi: 10.3389/fped.2023.1103749

Skelton KR et al. Recreational Cannabis Legalization in the US and Maternal Use during the Preconception, Prenatal, and Postpartum Periods. Int J Environ Res Public Health 2020 Feb 1;17(3):909, doi: 10.3390/ijerph17030909
 

Zur Erinnerung: Was ist Präeklampsie?

Präeklampsie ist eine schwere Komplikation im Rahmen einer Schwangerschaft, aufgrund derer weltweit jährlich 70.000 Mütter und 500.000 Babys sterben. 

Dabei kommt es zu erhöhten Blutdruckwerten (≥ 140/90 mmHg) mit laut Leitlinienautoren „mindestens einer neu auftretenden Organmanifestation“ ohne anderweitig erklärbare Ursache, wie Proteinurie oder pathologische Befunde der Niere, Leber, des Atemsystems, der Plazenta oder des zentralen Nervensystems. Je nach zeitlichem Auftreten der Präeklampsie unterscheidet man 

  • Early-Onset-Präeklampsie: früh einsetzende Präeklampsie mit Entbindung vor der vollendeten 34. Schwangerschaftswoche (33 + 6)
  • Frühpräeklampsie mit Entbindung ab vollendeter 34. bis 37. Schwangerschaftswoche (34 + 0 bis 36 + 6)
  • Termin-Präeklampsie mit Entbindung ab vollendeter 37. Schwangerschaftswoche