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LUA warnt vor „Blue Bulls Power“: Erneut Sildenafil in illegalem Potenzmittel gefunden 

Eine Packung „Blue Bulls Power“ mit blauen Tabletten.
Das vom Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz untersuchte Potenzmittel aus dem Internet enthält nicht deklariertes Sildenafil. | Bild: LUA

Wieder einmal wurde das Landesuntersuchungsamt (LUA) Rheinland-Pfalz fündig: Bei einem Potenzmittel, das der Zoll bei der Einfuhr nach Deutschland sicherstellte, entdeckten die Fachleute den Wirkstoff Sildenafil. Das Problem: Auf der Packung von „Blue Bulls Power“ wird der Wirkstoff nicht angegeben.

Zur Erinnerung: Wie wirkt Sildenafil?

Sildenafil zählt zur Gruppe der Phosphodiesterase-5(PDE-5)-Hemmer. Diese bewirken eine Gefäßerweiterung – unter anderem im männlichen Glied. Dadurch werden die Schwellkörper besser durchblutet und eine Erektion begünstigt. Gleichzeitig hält diese auch über eine längere Zeit an. Sildenafil (z. B. Viagra®) wird deshalb zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt.

Allerdings findet die Vasodilatation auch an anderen Gefäßen statt, was eine Senkung des Blutdruckes nach sich ziehen kann. Diese Wirkung macht man sich bei der Behandlung der pulmonalen Hypertonie (z. B. Revatio®) zunutze. 

Vorsicht vor schwerwiegenden Wechselwirkungen

Gefährlich wird die fehlende Deklaration vor allem dann, wenn die Anwender zeitgleich Präparate einnehmen, die Stickstoffmonoxid freisetzen (sog. NO-Donatoren, „Nitrate“). Das betrifft vor allem Patienten mit Angina Pectoris.

Da NO-Donatoren, wie z. B. Glyceroltrinitrat, die Gefäße auf ähnliche Weise erweitern, kann es bei gleichzeitiger Einnahme von PDE-5-Hemmern zu einem gravierenden Blutdruckabfall mit schwerwiegenden Folgen (z. B. Bewusstseinsverlust, Herzinfarkt)  kommen. Deshalb ist die gleichzeitige Anwendung von PDE-5-Hemmern und NO-Donatoren kontraindiziert.

Auch ist bei gleichzeitiger Anwendung von Alphablockern (z. B. Terazosin, Tamsolusin) oder Ritonavir (Proteaseinhibitor) Vorsicht geboten.

Des Weiteren ist Sildenafil alles andere als nebenwirkungsfrei: Es kann unter anderem zu Kopfschmerzen, Schwindel, Verdauungs- und Sehstörungen kommen. Für Personen mit z. B. schwerer Herzerkrankung, niedrigem Blutdruck oder einem vor Kurzem stattgefundenen Schlaganfall bzw. Herzinfarkt ist Sildenafil ebenfalls nicht geeignet.

Sildenafil: In Deutschland zulassungs- und verschreibungspflichtig

Produkte mit Sildenafil sind in Deutschland zulassungspflichtig, zudem dürfen sie nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden. Deshalb unterliegt Sildenafil hierzulande der Verschreibungspflicht. Beides wird bei „Blue Bulls Power“ der indischen Firma Walgrow nicht berücksichtigt. Rechtlich gesehen handelt es sich somit um ein illegales Medikament, welches in Deutschland nicht verkauft werden darf. Auch der Handel stellt bereits eine Straftat dar, die mit einer Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden kann. Das betreffende Produkt wurde über das Internet bestellt.

Fehlende Deklaration keine Seltenheit

Dieser Fund ist jedoch bei weitem kein Einzelfall: Immer wieder werden Potenzmittel – aber auch Diätprodukte – mit nicht deklarierten Wirkstoffen entlarvt. Daher rät das LUA Verbrauchern grundsätzlich davon ab, Potenzmittel im Internet zu bestellen.

Mehrere Tabletten-Blister mit den Aufdrucken „Great Penis“, „Black King Kong“ und „Long Sheng for Man“.
Packungen von „Great Penis“, „Black King Kong“ und „Long Sheng for Man“| Bild: LUA

2019 fand das LUA gleich vier mutmaßlich aus Asien stammende Produkte mit nicht deklariertem Sildenafil: „Great Penis“, „Black King Kong“ und zwei Versionen von „Long Sheng for Man“. Eine Zulassung hatten alle vier Produkte nicht. 

Und auch in den Globuli „Power Khan“, die als „100 Prozent natürliches Kräuterprodukt ohne Nebenwirkungen“ beworben wurden, entdeckte das LUA 2019 den Wirkstoff Sildenafil.

Im selben Jahr warnte auch das Regierungspräsidium Tübingen vor einem ähnlichen Fall: Das als „rein natürlich“ beworbene Nahrungsergänzungsmittel „Rammbock“ enthielt einer Untersuchung zufolge Sildenafil in nicht unerheblichen Mengen (bis zu 105 mg).

Da immer wieder Produkte mit nicht deklarierten Wirkstoffen vom LUA enttarnt werden, stellt das Amt auf seiner Website eine Übersicht aller beanstandeten Produkte zur Verfügung. Quellen: Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz;
Gebrauchsinfo Nitrolingual Nitrospray;
Fachinfo Molsidomin Heumann;
Fachinfo Sildenafil ratiopharm Filmtabletten