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Warum schneidet Naturkosmetik nur „gut“ ab? – Teil 1 von 2 : Die beste Sonnencreme für Kinder

Bild: yanadjan / Adobe Stock

„Vermeiden Sie unbedingt Sonnenbrand!“, so der Imperativ des Bundesinstitutes für Strahlenschutz (BfS). Den besten Sonnenschutz im Freien erreicht man den Strahlenexperten zufolge mit UV-Schutzkleidung. Ungeschützte Haut sollte mit einer auf den Hauttyp abgestimmten Sonnencreme vor schädlichen UV-Strahlen geschützt werden.

Ökotest hat sich in diesem Jahr Sonnenschutzcremes für Kinder genauer angeschaut. Die wichtigsten Prüfkriterien waren:

  • Enthalten Sonnenschutzprodukte bedenkliche chemische UV-Filter?
  • Wie hoch ist der Anteil an Nanopartikeln bei mineralischen Filtern?
  • Welche Sonnenschutzmittel kommen ohne PEG (Polyethylenglykole), Silikone und Kunststoff aus?

PTAheute hat sich die Ökotest-Bewertung in einem Kinder-Sonnencreme-Zweiteiler angeschaut.

Cremes aus dem Apothekensortiment im Test

Geprüft hat Ökotest 21 Kindersonnencremes mit Lichtschutzfaktor 50 oder 50+ (die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät bei Kindern mindestens zu Lichtschutzfaktor 30). Zudem waren alle getesteten Produkte als „sensitiv“ oder „parfümfrei“ eingestuft. Mit dabei waren auch fünf zertifizierte Naturkosmetik-Sonnencremes, wie Weleda Baby & Kids Sun Edelweiss Sensitiv Sonnencreme 50, und Sonnenschutz, den es auch in Apotheken gibt: Ladival für Kinder Sonnenschutz Milch 50+, Eau Thermale Avène Kinder-Sonnenmilch SPF 50+, Eucerin Sensitive Protect Kids Sun Lotion 50+ und La Roche-Posay Anthelios Dermo-Pediatrics 50+ Lotion. Vorneweg: Über die Hälfte der Sonnencremes fand Ökotest „sehr gut“ und „gut“, je einmal kam Ökotest auch zu einer „mangelhaften“ und „ungenügenden“ Bewertung.

Übrigens: Säuglinge und Kleinkinder bis zum Alter von zwei Jahren sollten dem direkten Sonnenlicht nicht ausgesetzt werden, findet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Und: Auf Sonnencreme sollte im ersten Lebensjahr verzichtet werden.

Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung „Naturkosmetik“?

Wer als Hersteller auf Naturkosmetik setzt, verpflichtet sich den Grundsätzen, keine Polyethylenglykole (PEG), keine Silikone, Parabene, synthetischen Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe, Paraffine und andere Mineralöle (Erdölprodukte) und gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe einzusetzen. Eine einheitliche Definition für Naturkosmetik existiert jedoch nicht, auch gibt es nicht „das eine“ Siegel, das eine „zertifizierte Naturkosmetik“ auslobt. Die Gütesiegel sind vielfältig.

Mineralischer UV-Filter am besten für Kinder, aber …

Geht es nach Ökotest, sind Sonnencremes mit mineralischem UV-Filter, Titandioxid und Zinkoxid, die bessere Wahl für Kinder. Die als Naturkosmetik zertifizierten Sonnencremes setzen ausschließlich auf diese mineralischen Filter, allein oder in Kombination – dennoch kommt Ökotest in der Gesamtbewertung bei allen fünf Kindersonnencremes und -lotionen am Schluss „nur“ zu einem „gut“. Warum?

Ökotest kritisiert vor allem, dass bei Biarritz Alga Maris Kinder, Biosolis Sonnenmilch Baby & Kids, Eco Cosmetic Baby & Kids, Lavera Kids und der Edelweiß-Sonnencreme für Baby & Kids von Weleda die Hersteller das „nano“ bei den Filtersubstanzen Titandioxid und Zinkoxid nicht deklarieren. Was bedeutet das?

Nanoteilchen, also besonders winzige Teilchen (siehe Box), sollten als solche gekennzeichnet werden, wenn sie über die Hälfte der Teilchen ausmachen. Da es sich bei den mineralischen Filtern um natürliche Substanzen handelt, sei „ein bisschen nano“ immer dabei, erklärt Ökotest. Allerdings fanden die Verbraucherschützer, dass die „zwergenhaften Weißpartikel bei allen fünf Naturkosmetikcremes sogar über 80 Prozent ausmachen“. Und darüber sollten die Naturkosmetikhersteller informieren, findet Ökotest.

Vor- und Nachteile von Nanoteilchen in Sonnencremes 

Werden Nanoteilchen von Titandioxid und Zinkoxid in Sonnenschutzprodukten eingesetzt, handelt es sich dabei um winzige Partikel der mineralischen Lichtschutzfaktoren. Das bringt vor allem drei Vorteile:

Dadurch dass die Teilchen so klein sind, schützen sie besser vor UV-Strahlung, weil sich die Partikel näher aneinander packen lassen und keine „Sonnenlücken“ entstehen. Die Schutzwirkung wird so erhöht, ohne dass dafür mehr Titandioxid oder Zinkoxid eingesetzt werden müsste.
Außerdem lässt sich die Sonnencreme durch die Nanotechnologie leichter auf der Haut verteilen.
Und: Titandioxid- und Zinkoxid-Nanoteilchen streuen das Sonnenlicht in verschiedene Richtungen und verhindern dadurch, dass ein sichtbarer Film auf der Haut entsteht.
Nanopartikel wirken somit den beiden großen Mankos mineralischer Sonnencremes entgegen: dem zähen Auftragen und dem „Weißeffekt“. Allerdings fürchtet man, dass die winzigen Teilchen über die Haut aufgenommen werden, sich im Körper ablagern und zu gesundheitlichen Risiken führen können.

Es gibt Daten, die zeigen, dass das Stratum corneum – die oberste Hautschicht (Hornschicht) – keine Nanoteilchen von Titandioxid und Zinkoxid „durch“ lässt. Eine andere Arbeit kommt jedoch zu dem Schluss, dass geringe Menge von Zinkoxid-Nanoteilchen über die menschliche Haut aufgenommen werden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung bezieht sich in seiner Einschätzung auf das wissenschaftliche Expertengremium der EU-Kommission SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety), das gesundheitliche Risiken durch Nano-Titandioxid als UV-Filter in einer Konzentration von bis zu 25 Prozent in Sonnenschutzmitteln als unwahrscheinlich einstuft (Anwendung als Creme/Lotion, wenn das Titandioxid „gebunden“ ist und somit nicht eingeatmet werden kann). Dies gelte bei gesunder, intakter und sonnenverbrannter Haut. Menschen, deren Haut krankheitsbedingt (Allergiker, Akne, Neurodermitis) geschädigt sei, sollten sich hingegen mit einem Facharzt abstimmen. Die EU prüft derzeit Nanopartikel in Kosmetika.

Naturkosmetik-Sonnencreme – nicht alles Gold, was glänzt

Die Nanoteilchen waren jedoch nicht der einzige Kritikpunkt, den Ökotest bei Naturkosmetik fand. Manche Hersteller verzichten zudem auf Sonnenschutzhinweise. Denn das Auftragen von Sonnencreme entbindet nicht von Allgemeinen Sonnenschutz-Regeln wie, dass starke Sonne zur Mittagszeit gemieden werden soll, Säuglinge nicht in die pralle Sonne gehören, beim Baden an Sonnenschutz gedacht und auch die Sonnenbrille nicht vergessen werden sollte.

Für die richtige Anwendung von Sonnencremes empfiehlt die EU-Kommission folgende Anwendung- bzw. Warnhinweise :

  • „Sonnenschutz großzügig auftragen“
  • „Auch Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor bietet keinen vollständigen Schutz vor UV-Strahlen.“ 
  • „Babys und Kleinkinder vor direkter Sonneneinstrahlung schützen.“

Diese Hinweise gehören nach Ansicht von Ökotest auf die Packung der Sonnencreme. Fehlen diese, bewertet Ökotest das Produkt schlechter. Nach Testergebnissen von Ökotest haben hier nur die Hersteller von zertifizierter Naturkosmetik gespart: Biarritz Alga Maris 50+ Sonnenschutz für Kinder parfümfrei, Biosolis Sonnenmilch Baby & Kids 50+, ohne Parfüm, und Lavera Kids Sensitiv Sonnenlotion LSF 50. Für alle Produkte kommt Ökotest am Schluss zur Bewertung „gut“.

Im zweiten Teil von „Die beste Sonnencreme für Kinder“ geht es um bedenkliche UV-Filter, Paraffine, PEG und Silikone und was Ökotest davon hält. Außerdem: Wer ist Ökotest-Testsieger beim Kindersonnenschutz? Die vollständigen Testergebnisse gibt es bei Ökotest.