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Leseprobe PTAheute-Ausgabe 9/2021: Der Zigarette Dampf machen

Vor einigen Jahren war die rechtliche Einordnung der E-Zigarette Streitthema. Inzwischen wird diskutiert, ob das Dampfen wirklich ungefährlich ist.
Verankerung im Tabakrecht
In den 2000er-Jahren fand die E-Zigarette aus China ihren Weg in den Rest der Welt und ist seit 2008 in Deutschland verfügbar. Nach vielen Rechtsstreitigkeiten ist inzwischen klar: E-Zigaretten und Liquids sind weder Arzneimittel noch Medizinprodukte und werden nicht in Apotheken verkauft, sondern fallen unter das Tabakrecht. Auch nicotinfreie Liquids gehören seit Januar 2021 in diese Kategorie. Das bedeutet, dass die Produkte nicht an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verkauft und nur in sehr eingeschränktem Rahmen beworben werden dürfen. Auf den Verpackungen müssen die Inhaltsstoffe, der Nicotingehalt und die Nicotinabgabe pro Dosis ausgezeichnet sein. An den Beipackzettel werden ähnliche Forderungen gestellt wie an den Beipackzettel in Medikamenten. Der Hersteller muss darin eine Gebrauchs- und Aufbewahrungsanleitung, Gegenanzeigen, Warnhinweise, toxikologische Daten und weitere Hinweise angeben.
Gut zu wissen: Was ist eigentlich eine E-Zigarette?
Eine E-Zigarette besteht üblicherweise aus dem Verdampfer, einer Batterie und einer austauschbaren Kartusche mit Flüssigkeit, Liquid genannt. Das Liquid wird durch den Verdampfer erhitzt, in den meisten Geräten auf etwa 150 bis 200 °C, dadurch wird Dampf erzeugt. Dieser wird dann vom Anwender inhaliert.
Das Liquid kann vom Konsumenten je nach Geschmack ausgewählt werden. Es enthält meistens Nicotin und Propylenglykol oder Glycerin als Trägerstoff, Linalool, Vanilleextrakt, Menthol oder andere Aromastoffe, die zur Verbesserung des Geschmacks beitragen sollen. Die genaue Zusammensetzung des Liquids unterscheidet sich je nach Hersteller.
Neben den E-Zigaretten gibt es auch sogenannte E-Shishas. Dabei handelt es sich jedoch nicht um elektrische Wasserpfeifen, wie der Name nahelegt, sondern ebenfalls um E-Zigaretten, nur dass das Liquid meist kein Nicotin enthält. Der Name kommt aus der Anfangszeit der E-Zigaretten, als diese vorwiegend als Einmalprodukte verwendet wurden und das Liquid nicht nachgefüllt werden konnte. Inzwischen kann dieses aber in der Regel nach Belieben ausgewechselt werden.
E-Zigarette als gesunde Alternative?
Viele Raucher versuchen inzwischen, von der herkömmlichen Zigarette auf die E-Zigarette umzusteigen, quasi als gesunde Alternative. Dabei muss klar sein, dass es sich dann nur um Risikoverminderung handelt, denn auch die E-Zigarette ist alles andere als gesund. Es entstehen zwar beim Vernebeln deutlich weniger gesundheitsschädliche Substanzen als beim Verbrennen, aber trotzdem wurden potenziell krebserzeugende Substanzen wie Formaldehyd und Acetaldehyd nachgewiesen. Einige der Aromen können Allergien auslösen. Andere Aromastoffe und Propylenglykol sind bei oraler Aufnahme zwar unbedenklich, können aber die tiefen Atemwege reizen.
Gesundheitliche Schäden
Die Folgen sind zunächst trockener Husten, Entzündungen der Atemwege und eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion. Studien zu langfristigen schädlichen Wirkungen stehen noch aus, es gibt aber Hinweise darauf, dass der Konsum von E-Zigaretten mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle und Herzerkrankungen einhergeht. Außerdem wurden vermehrt Bronchialerkrankungen ähnlich der COPD beobachtet.
Nach aktueller Empfehlung kein Hilfsmittel zum Rauchausstieg
Die seit Januar 2021 gültige neue Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“ empfiehlt aufgrund der mangelnden Langzeitdaten die E-Zigarette nicht zum Rauchausstieg. Obwohl die Gefahren der E-Zigarette geringer sind und sich durch einen Umstieg Atemwegsprobleme tendenziell bessern, sollen eher Nicotinersatztherapie und Verhaltenstherapie empfohlen werden. Ist das nicht erfolgreich, können bei einer Entzugssymptomatik Medikamente wie Bupropion oder Vareniclin empfohlen werden. Zu diesen Methoden liegen gesicherte Erkenntnisse vor, die eine Empfehlung rechtfertigen.
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
- „Super, dass Sie mit dem Rauchen aufhören wollen. Es hat sich gezeigt, dass das Aufhören leichter fällt, wenn man vorerst noch Nicotin als Pflaster, Kaugummi oder Lutschtablette zuführt. Wenn Sie Interesse haben, zeige ich Ihnen diese Produkte gerne.“
- „E-Zigaretten werden nicht als Hilfe zum Nichtrauchen empfohlen. Die Deklaration ist oft fehlerhaft, sodass Sie nicht wirklich wissen, was Sie einatmen. Der Dampf ist zwar gesünder als Zigarettenrauch, schadet aber trotzdem den Atemwegen.“
- „Wenn Sie sicher sind, dass Sie die E-Zigarette als Unterstützung nehmen möchten, können Sie einen Versuch machen. Manchen Rauchern gelingt es dadurch, ganz aufzuhören. Behalten Sie Ihr Ziel, das Nichtrauchen, im Blick. Auch die E-Zigarette sollte nach ein paar Wochen weg.“
Gegner der E-Zigarette führen auch an, dass viele Raucher nur teilweise umsteigen und dann sowohl auf Zigaretten als auch E-Zigaretten zurückgreifen. Ein Umstieg auf die E-Zigarette nutzt der Gesundheit aber nur, wenn das Zigarettenrauchen ganz aufgegeben wird. Zudem ist die Deklaration der Inhaltsstoffe auf den Liquids oft fehlerhaft, daher kann ein Dampfer nie ganz sicher sein, was er einatmet. Dampfer haben übrigens genau wie Raucher ein höheres Risiko, an COVID-19 zu erkranken.
Attraktiv für junge Menschen
Außerdem besteht die Befürchtung, dass die E-Zigarette für Jugendliche als Einstiegsdroge zum Zigarettenrauchen fungiert, denn die Vermarktung durch die Tabakindustrie spricht vor allem Jugendliche und junge Erwachsene an. Mit der Einstufung der nicotinfreien Liquids als Tabakerzeugnisse ist der Jugendschutz jedoch verbessert worden.
Dampfen als Zwischenstation
Die Gegenposition dazu lautet, dass viele Raucher es nicht schaffen, in einem Schritt ganz aufzuhören. Mehrere kleine Schritte sind leichter durchzuführen als ein großer, daher könnte die E-Zigarette auf dem Weg zum Nichtrauchen ein wichtiger Zwischenschritt sein. In einem im Oktober 2020 erschienenen Cochrane Review stellten Wissenschaftler fest, dass Raucher mithilfe der E-Zigarette besser von der Zigarette loskamen als durch Nicotinersatzprodukte. Die Autoren betonen aber auch, dass E-Zigaretten lediglich weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten sind und Langzeitstudien zu Nebenwirkungen der E-Zigarette fehlen. Das Hauptziel soll daher immer der komplette Verzicht sein.
Beratung in der Offizin
Bei einem so kontrovers diskutierten Thema eine klare Empfehlung in der Beratung auszusprechen, ist gar nicht so einfach. Aber in einem Gespräch mit Ihrem Kunden können Sie sicher heraushören, wohin dessen individueller Weg gehen kann. In Anbetracht der Datenlage und der Empfehlungen der Fachgesellschaften können die E-Zigaretten nicht als Hilfsmittel zum Rauchverzicht empfohlen werden. Aber hat sich ein Raucher in den Kopf gesetzt, vorerst auf die E-Zigarette umzusteigen, sollte man ihn auch nicht davon abbringen, denn immerhin ist auch das im Vergleich zum Zigarettenrauchen eine Verbesserung.
Unterstützen und motivieren
Grundsätzlich sollte die erste Empfehlung zu Nicotinersatzprodukten wie Pflastern, Kaugummis oder Spray gehen, mit dem Hinweis, dass eine Verhaltens- oder Gruppentherapie den Erfolg ebenfalls steigern kann. Wichtig ist es, jeden Raucher, der aufhören will, zu unterstützen und zu motivieren. Fragen Sie immer wieder nach, wie das Vorhaben vorankommt, bieten Sie Ihre Unterstützung an und ermutigen Sie bei Rückschlägen.
Das Wichtigste in Kürze
- E-Zigaretten sind als Tabakerzeugnisse im Handel und unterliegen damit Beschränkungen im Hinblick auf Verkauf und Werbung. Das Produkt muss bestimmte Warnhinweise und eine ausführliche Kennzeichnung aufweisen.
- Beim Verdampfen entstehen zwar weniger gesundheitsschädliche Substanzen als beim Rauchen, trotzdem wurden krebserzeugende und allergisierende Substanzen im Dampf nachgewiesen. Dampfen ist also keine gesunde Alternative zum Rauchen.
- Kurzfristige schädliche Wirkungen des Dampfens sind trockener Husten, Entzündungen der Atemwege und eine Einschränkung der Lungenfunktion. Studien zu langfristigen Wirkungen stehen noch aus. Es gibt Hinweise auf ein Risiko für Schlaganfälle, Herzerkrankungen und Bronchialerkrankungen.
- Wegen der fehlenden Langzeitstudien soll die E-Zigarette nicht als Hilfsmittel zum Rauchausstieg empfohlen werden. Methoden der Wahl sind Nicotinersatztherapie oder medikamentöse Unterstützung in Kombination mit Verhaltens- oder Gruppentherapie.