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Beratungswissen für die Apotheke: Hormontherapie bei Transmenschen: Das sollten PTA wissen

Wenn das biologische Geschlecht und das gefühlte Geschlecht nicht miteinander übereinstimmen, spricht man von Transsexualität. | Bild: Matthias Stolt / Adobe Stock

Was bedeutet „trans“? 

Menschen, deren Geschlecht nicht mit ihren körperlichen Merkmalen übereinstimmt, werden als transgender, transidentitär, transsexuell, transgeschlechtlich oder einfach „trans“ bezeichnet. Der Begriff „trans“ berücksichtigt sowohl Menschen, die eindeutig als Frau oder Mann leben (z. B. transsexuell, transident), als auch non-binäre Personen, die sich weder männlich noch weiblich identifizieren (z. B. genderqueer, agender). Transmenschen haben nicht automatisch den Wunsch, sich mit Sexualhormonen, durch chirurgische Eingriffe oder weitere Maßnahmen (Epilation, Logopädie etc.) behandeln zu lassen, schließen das aber auch nicht aus. Gemeinsam haben Transmenschen eine Diskrepanz zwischen der Geschlechtsidentität bzw. dem (empfundenen) Geschlecht bzw. der (empfundenen) Geschlechtszugehörigkeit einerseits und den körperlichen Geschlechtsmerkmalen andererseits. Diese wird auch als Geschlechtsinkongruenz bezeichnet. Warum diese Geschlechtsindentitätsstörung auftritt, ist bis dato nicht geklärt. Wenn eine Person fortdauernd unter dieser Diskrepanz und der häufig als falsch empfundenen Wahrnehmung des eigenen Geschlechts durch andere leidet, wird von Geschlechtsdysphorie (GD) gesprochen. Als Transfrauen bezeichnet man biologisch männliche Menschen mit weiblicher Geschlechtsidentität, als Transmänner entsprechend biologisch weibliche Menschen mit männlicher Geschlechtsidentität. Laut dem Statistikportal Statista haben im Jahr 2018 etwa 1.800 Menschen in Deutschland eine geschlechtsangleichende Operation vornehmen lassen. Laut Statistischem Bundesamt haben sich im selben Jahr mehr Frauen (619) als Männer einer geschlechtsangleichenden OP unterzogen.  

Was ist LGBTQ?

LSBTQ ist die Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich und „queer“. Es handelt sich also um ein Akronym. Im englischsprachigen Raum wird LGBT für lesbian, gay, bisexual and transgender verwendet.

So funktioniert die Hormontherapie

Die Behandlung von Transmenschen erfolgt in der Regel interdisziplinär. Einer Hormontherapie geht immer eine psychosoziale Einschätzung und psychotherapeutische Betreuung voraus. Die World Professional Association for Transgender Health (WPATH) empfiehlt, dass Patienten vor Therapiebeginn folgende Kriterien erfüllen sollen: 

  • Anhaltende und gut dokumentierte Geschlechtsdysphorie, 
  • Fähigkeit, nach einer umfassenden Aufklärung eine Entscheidung zu treffen und der Therapie zuzustimmen, 
  • ausreichende Kontrolle signifikanter medizinischer oder psychischer Probleme. 

Der Weg einer Geschlechtsumwandlung ist also lang. Nach einer langwierigen interdisziplinären Begleitung folgt dann oft eine Therapie mit kontrasexuellen Hormonen. 

Geschlechtsinkongruenz von Mann zu Frau

Bei einer geschlechtsangleichenden Hormontherapie (GAHT) von Mann zu Frau wird 17-ß-Estradiol oder 17-ß-Estradiolvalerat oral oder transdermal verordnet. Aufgrund deutlich erhöhten thromboembolischen Risikos ist eine Gabe von Ethinylestradiol nur noch für die Initialbehandlung jüngerer Patientinnen in Betracht zu ziehen, nicht jedoch für die Dauerbehandlung älterer Patientinnen. Das Risiko für thromboembolische Komplikationen ist unter oraler Estradioltherapie höher, sodass bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Übergewicht, höherem Alter oder Nikotinkonsum eine transdermale Applikationsform bevorzugt wird. Da auch die Absenkung der Androgene eine wichtige Voraussetzung für die erwünschte Feminisierung des Körpers darstellt, erfolgt ergänzend eine antiandrogene Medikation. Standard ist dabei die Gabe von Cyproteronacetat. Eine mögliche Alternative ist die Verabreichung von Spironolacton. Auch die Applikation eines GnRH-Analogons ist möglich. Die antiandrogene Medikation wird spätestens nach erfolgter geschlechtsangleichender Operation abgesetzt.

Wenn eine Apotheke durch Schaufensterdeko oder andere Symbole wie z. B. den typischen Regenbogen nach außen zeigt, dass sie offen für alle Menschen ist, dann sehe ich, da werde ich sensibel angesprochen. Da gibt's dann vielleicht auch die Möglichkeit, dass ein Transmann die Antibabypille oder eine Notfallverhütung bekommen kann, ohne schräg angeguckt zu werden.“

Alexander Hahne im Gespräch mit PTA Benedikt Richter in der PTAheute-Podcast-Folge „Transpersonen – das erwarten sie von den Apotheken“. Jetzt reinhören!
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Geschlechtsinkongruenz von Frau zu Mann 

Die Hormontherapie von Frau zu Mann wird mit Testosteron in Form eines transdermalen Gels oder eines intramuskulär injizierten Depotpräparates durchgeführt. Zur Menstruationsunterdrückung muss vorübergehend ein Gestagen zusätzlich eingenommen werden, bis das Testosteron seine volle Wirkung entfaltet hat. Üblicherweise wird mit einer niedrigen Dosis einmal täglich begonnen. Reicht der Effekt nicht aus, kann die Dosis auf zweimal täglich erhöht oder alternativ ein GnRH-Analogon eingesetzt werden.  
Die Testosterontherapie allein bietet bis zur Durchführung einer Entfernung der Eierstöcke keine ausreichende Kontrazeption. Sichere und in Kombination mit der geschlechtsangleichenden Hormontherapie einsetzbare Verhütungsmöglichkeiten sind Barrieremethoden, orale Gestagene sowie hormonfreie oder gestagenbeschichtete Intrauterinpessare.