Lippenherpes
Die juckenden oder schmerzhaften Bläschen sind wirklich keine Seltenheit, vor allem nicht in der Apotheke. Lippenherpes zieht sich durch jede Saison. Daher verwundert es nicht, dass täglich die ein oder andere Lippenherpescreme über den HV-Tisch wandert.
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Lippenherpes: Ursachen und Behandlung

Frau mit Herpes-Bläschen an der Oberlippe
Lippenherpes beginnt in der Regel mit einem Kribbeln oder Jucken an der Ober- oder Unterlippe. | Bild: domaskina / AdobeStock 

Lippenherpes (Herpes labialis) macht sich durch eine Bläschenbildung im Bereich der Lippen bemerkbar und ist ein häufiges Beratungsthema in der Apotheke. 

Dabei handelt es sich um eine Infektion mit Herpes-simplex-Viren, die in mehreren Stadien verläuft und dabei ihr Erscheinungsbild verändert. Die Übertragung des Virus erfolgt als Tröpfchen-Schmier-Infektion bei Kontakt mit der infektiösen Flüssigkeit, die sich im Lippenherpes Bläschen befindet.

Die Betroffenen sind in der Regel von wiederkehrenden Infektionen betroffen: Laut der Deutschen STI-Gesellschaft (Sexually transmitted Infections) tragen über 90 Prozent der Erwachsenen weltweit das Virus in sich. Bei etwa 30 Prozent der Virusträger kommt es regelmäßig zu neuen sichtbaren Erkrankungsausbrüchen. Dabei verläuft die Erstinfektion in der Regel symptomlos.

Herpes-simplex-Virus: Erstinfektion bereits im Kleinkindalter

Die meist symptomlose Erstinfektion mit dem Virus findet häufig schon im Kleinkindalter statt. Seltener kommt es dabei zur sogenannten „Mundfäule“ (Stomatitis aphthosa), die sich durch schmerzhafte Läsionen der Mundschleimhaut äußert. 

Nach der Erstansteckung ruhen die Viren in den Nervenknoten (Ganglien). Dort verbleiben sie, ohne dass ihre Anwesenheit den Virusträger einschränkt, denn das Immunsystem hält sie in Schach. Bei circa einem Drittel der Träger kommt es allerdings zu einem akuten Herpesausbruch, wenn das Immunsystem beansprucht wird.

Lippenherpes: Wodurch wird eine Infektion ausgelöst?

Faktoren, die für eine Mobilisierung der Herpes-Viren aus den Ganglien sorgen, sind zahlreich und reichen von Krankheiten über Umwelteinflüsse bis hin zu genetischen Ursachen. Typische Auslöser sind beispielsweise

  • Stresssituationen,
  • Erschöpfungszustände und Schlafmangel,
  • eine ungesunde Lebensweise,
  • Klimaveränderungen (besonders UV-Strahlung im Sommer und Kälte im Winter),
  • Fieber,
  • Infektionskrankheiten,
  • Traumata,
  • Ekelgefühle und
  • Hormonumstellungen bei Frauen (z. B. Schwangerschaft, Menstruation).

Zudem ist ein Herpesausbruch von der Genetik abhängig: Manche Menschen sind zwar Virusträger, aber es kommt bei ihnen zu keinem einem Ausbruch, auch wenn das Immunsystem schwächelt. Andere sind dagegen für eine Reaktivierung der Viren genetisch anfälliger.

Symptome von Lippenherpes verändern sich im Krankheitsverlauf

Die verschiedenen Beschwerden können sich in Dauer und Schweregrad individuell sehr unterscheiden. Zu den ersten Anzeichen einer Lippenherpes-Infektion gehören

  • Schmerzen,
  • Kribbeln,
  • Brennen,
  • Rötung der Haut sowie
  • ein Spannungsgefühl.

Zu Beginn ist die Haut noch eben, nach und nach bilden sich allerdings schmerzhafte Bläschen aus, die sich mit einem hochinfektiösen Sekret füllen. Im Verlauf brechen die Bläschen auf und hinterlassen schmerzhafte, juckende und nässende Wunden sowie gelbliche Krusten. 

Bei unkomplizierten Verläufen klingen die Läsionen nach sieben bis zehn Tagen ab, ohne dass sichtbare Narben zurückbleiben.

Lippenherpes: Wann besteht ein Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf?

In den allermeisten Fällen ist ein Lippenherpes für die Betroffenen zwar unangenehm, stellt aber keine akute Gesundheitsgefahr dar. 

Bei immunsupprimierten Personen, z. B. mit HIV, Autoimmunerkrankungen oder unter Chemotherapie, besteht allerdings die Gefahr, dass die Herpes-Viren größere, extrem schmerzhafte Läsionen auf Haut und Schleimhaut hinterlassen oder im schlimmsten Fall über das Blut die Organe befallen. Auch Senioren und kleine Kinder zählen zu den Risikogruppen für einen schweren Verlauf.

Gut zu wissen: Säuglinge sind häufig von schweren Verläufen betroffen

Nach der Geburt können Säuglinge z. B. über Küsse von Angehörigen mit dem Herpes-Virus infiziert werden. Für Neugeborene – insbesondere innerhalb der ersten zwei Lebenswochen – ist eine Infektion besonders schlimm und wird in der Regel unter strenger Beobachtung auf der Intensivstation therapiert.

Dass die Herpesviren so gefährlich für Babys sind, liegt daran, dass deren Immunsystem noch nicht ausreichend entwickelt ist und die Viren so ungehindert Schleimhäute, Augen und Organe wie das Gehirn infizieren können.

Säuglinge zeigen circa eine Woche nach der Infektion grippeähnliche Symptome (z. B. Teilnahmslosigkeit, Trinkschwäche, Krampfanfälle, Fieber) und in manchen Fällen auch die typischen Herpesbläschen auf der Haut. Bei Verdacht sollten die Eltern sofort ins Krankenhaus geschickt werden, um schnellstmöglich mit einer antiviralen Therapie zu beginnen.

Wann mit Lippenherpes zum Arzt?

Bei Verdacht auf einen schweren Krankheitsverlauf sollten die Kunden immer an einen Arzt verwiesen werden. Das gilt für die genannten Risikogruppen und immer dann, wenn größere Bereiche außerhalb der Lippen an Nase, Kinn oder Auge betroffen sind. Besonders am Auge besteht die Gefahr der Ausbreitung auf die Bindehaut, was im schlimmsten Fall dauerhafte Sehstörungen verursachen kann. 

Auch bei grippeähnlichen Symptomen mit Schmerzen und Fieber oder häufig wiederkehrenden Herpesausbrüchen sollten die Kunden an einen Arzt verwiesen werden. Der Arztbesuch dient neben der Abwägung der Therapie auch zur Abgrenzung anderer Krankheiten wie Ekzemen oder einer bakteriellen Superinfektion.

Selbstmedikation bei Lippenherpes: Aciclovir und Penciclovir zum Auftragen

Topische Virustatika sind in allen Phasen des Lippenherpes empfehlenswert und können den Krankheitsverlauf deutlich verkürzen. Außerdem hemmen sie die Virusvermehrung und beschleunigen die Krustenbildung. 

Vor allem in den frühen Stadien, helfen Aciclovir- (z. B. Zovirax® und Generika) oder Penciclovir-haltige Cremes (z. B. Pencivir®), um den Lippenherpes effektiv einzudämmen. Die Präparate werden bis zum Abklingen aller Symptome vier- bis fünfmal täglich auf den Herpes an der Lippe aufgetragen. Außerhalb der Selbstmedikation werden die Virustatika bei schwerem Krankheitsverlauf auch als orale oder intravenöse Therapie eingesetzt.

In Zovirax® duo ist neben Aciclovir auch der Wirkstoff Hydrocortison enthalten, der die Entzündungserscheinungen wie Juckreiz und Schwellung lindert sowie die Abheilung beschleunigt.

Zink und Melissenblätterextrakt bei ersten Anzeichen anwenden

Das Auftragen einer Zubereitung aus Melissenblätterextrakt (z. B. Lomaherpan®) kann bei rechtzeitiger Anwendung zu Beginn des Lippenherpes Rötungen und Schwellungen reduzieren. Außerdem dient das Produkt zur intensiven Pflege der Lippen während und nach einer Infektion.

Eine lokale Behandlung mit Zinksulfat (z. B. Virudermin® Gel, Louis Widmer Lipactin® Gel mit Heparin) wirkt adstringierend, juckreizlindernd, bindet die Flüssigkeit aus den Bläschen und fördert zusätzlich die Wundheilung. Antibakterielle Wundheilgele (z. B. Tyrosur® Wundheilgel) beugen bei erhöhtem Risiko auch bakterielle Superinfektionen vor. 

Um die Regeneration der Haut nach einer überstandenen Infektion zu unterstützen, können ergänzend pflegende Produkte mit Dexpanthenol (z. B. Bepanthol® reichhaltige Lippencreme) empfohlen werden.

Gut zu wissen: Wie werden Lippenherpes-Produkte aufgetragen?

Bereits bei den ersten Anzeichen eines Lippenherpes sollte mit der lokalen Therapie begonnen werden. Deshalb ist es ratsam, Betroffenen mit wiederkehrenden Infektionen ein passendes Produkt für die Hausapotheke zu empfehlen, das immer griffbereit ist. 

Nach dem Auftragen sollten die Hände gründlich gewaschen werden, alternativ können auch Handschuhe oder ein Wattestäbchen zur hygienischen Applikation verwendet werden.

Lippenherpes-Patches reduzieren das Ansteckungsrisiko

Der Heilungsprozess kann durch das Abdecken der Herpesbläschen mit Hydrokolloidpflastern (z. B. Compeed®) durch das Prinzip der feuchten Wundheilung beschleunigt werden. Außerdem wird durch die Anwendung das Ansteckungsrisiko minimiert und die Möglichkeit geboten, den Herpes durch Lippenstift oder Make-up optisch zu verdecken. 

Zudem sind die Patches auch eine gute Empfehlung für Patienten, die eine wirkstofffreie Therapie bevorzugen.

Lippenherpes vorbeugen: Potenzielle Auslösefaktoren vermeiden

Um den nächsten Lippenherpes zu verhindern oder möglichst lange hinauszuzögern, sollten mögliche Auslösefaktoren minimiert werden. 

Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber UV-Strahlung eignet sich beispielsweise ein Sonnenschutzprodukt für die Lippen (z. B. LomaProtect® Lippenpflegestift), das regelmäßig an sonnenreichen Tagen aufgetragen wird. 

Außerdem kann man das Immunsystem mit der Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels mit Zink unterstützen. Der Einsatz von L-Lysin (z. B. Lyranda®) kann zur Symptomlinderung in Erwägung gezogen werden, wobei die Datenlage zur Wirksamkeit dünn ist.

Der Einsatz von Hausmitteln bei Lippenherpes sollte allerdings kritisch betrachtet werden: Ob Zahnpasta, Essig oder reines Teebaumöl – diese Mittel können Reizungen hervorrufen, die Haut austrocknen und im schlimmsten Fall eine Ausbreitung begünstigen. Quellen:
- Lennecke, Hagen, Selbstmedikation für die Kitteltasche, Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung, 7. Auflage, 2021, Deutscher Apotheker Verlag
- https://register.awmf.org/assets/guidelines/045-020l_S1_Herpes-simplex-Virus-Keratitis_2025-05.pdf (Version 1 von 2025)
- https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6419779/
 

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