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Stellungnahme der DGE: Sind High-Protein-Produkte gesund­heitlich sinnvoll?

„High-Protein“ oder „Proteinquelle“ – Gerne wird mit einem hohen Proteingehalt auf Lebensmitteln geworben. Doch ist in Deutschland eine Proteinmangelversorgung eigentlich kein Thema. Für wen sind diese Produkte dann geeignet? | Bild: IMAGO / Panthermedia 

Eiweißreiche Produkte liegen derzeit stark im Trend. So werben Hersteller mit Kennzeichnungen wie „High Protein“ oder „Proteinquelle“ auf Müsli, Brot, Pudding und Co. Wurden ursprünglich vor allem Pulver und Riegel aus dem Fitnesssektor so oder ähnlich beworben, hat sich der Trend heute auf das breite Supermarktsortiment ausgedehnt. Doch ist die Euphorie berechtigt? Bieten High-Protein-Produkte für die Verbraucher einen wirklichen Mehrwert?

Zur Erinnerung: Funktion und Bedarf von Proteinen

Im Körper wird Eiweiß, bzw. die darin enthaltenen Aminosäuren, vor allem als Baustoff benötigt – z. B. für die Bildung von Muskeln, Transportproteinen oder Enzymen. Zur Aufrechterhaltung des physiologischen Zustands benötigt ein Erwachsener daher pro Tag im Schnitt 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Dies gilt im Übrigen auch bei moderater sportlicher Betätigung (unter fünf Stunden pro Woche). Erst darüber hinaus wird eine individuelle, sportartabhängige Anpassung der Proteinzufuhr notwendig. Auch für ältere Personen ab 65 Jahren wird eine erhöhte Zufuhr von 1,0 g/kg KG/Tag empfohlen. 

Zusätzliche Proteinzufuhr notwendig?

In einer aktuellen Pressemitteilung bezieht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) zu dem Thema Stellung und kommt zu dem Schluss, dass aus ernährungsphysiologischer Sicht High-Protein-Produkte überflüssig sind. „Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte“, erklärt Antje Gahl, Pressesprecherin der DGE. Dies gelte auch für Senioren oder Leistungssportler mit erhöhtem Proteinbedarf (siehe Kasten oben).

Zum Vergleich: Kosten von Haferflocken-Produkten 

100 g eines Proteinporridge (28 g Protein) kosten ca. 1,40 €,
100 g Bio-Haferflocken (13 g Protein) dagegen nur etwa 0,20 €.

Natürlicherweise kommt Eiweiß in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Eiern oder Milch vor. Aber auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüsse sind als natürliche Proteinquelle bekannt. „Eine gesundheitsfördernde, nachhaltige Ernährung liefert eine ausreichende Menge an Nährstoffen mit weitgehend naturbelassenen oder wenig verarbeiteten und abwechslungsreich ausgewählten Lebensmitteln“, so Gahl. Und selbst bei veganer Ernährung lasse sich laut DGE durch gezielte Kombination aus Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln eine ausreichende Versorgung sicherstellen.

Proteinreich und gesund?

Auch wenn uns Marketingkampagnen etwas anderes suggerieren: Zahlreiche High-Protein-Lebensmittel sind alles andere als gesund. Denn neben natürlichen Lebensmitteln mit hohem Proteingehalt – wie z. B. Quark – entwickeln Hersteller durch Kombination proteinreicher Zutaten oder gezielte Anreicherung herkömmlicher Lebensmittel High-Protein-Produkte. So sind laut Gahl hochverarbeitete Produkte wie z. B. Chips und Schokoriegel kein „gesunder Genuss“, nur weil viel Protein zugesetzt wurde.

Zudem befürchtet die DGE Gesundheitsfolgen, wenn durch die hochverarbeiteten High-Protein-Produkte Gemüse, Obst und Nüsse vom Speiseplan verdrängt würden. Denn dies könne sich langfristig kritisch auf die Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen, Nähr- und Ballaststoffen auswirken und mit ernährungsbedingten Krankheiten sowie ökologischen Nachteilen einhergehen.

Das Bundeszentrum für Ernährung weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass High-Protein-Lebensmittel im Vergleich zu herkömmlichen Produkten oft nicht nur mehr Protein, sondern auch mehr Fett enthalten. Bei Eiweißbroten kämen so z. B. je nach Sorte 20 Prozent mehr Kalorien auf den Teller. Vor der Kaufentscheidung sollte daher auch auf die gesamte Energiezufuhr geachtet werden. 

Gut zu wissen: Kennzeichnung von High-Protein-Produkten

Zum Schutz der Verbraucher sind Werbeaussagen auf Lebensmitteln reguliert. So dürfen laut Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) Produkte nur dann als „Proteinquelle“ beworben werden, wenn mindestens 12% des Energiegehalts auf Proteine entfällt. Die Kennzeichnung „High Protein“ bzw. „Hoher Proteingehalt“ ist nur dann zulässig, wenn 20% des Energiegehalts von Proteinen stammt.

Vorsicht bei Nierenfunktionsstörung

Auch wenn der Proteinbedarf bereits durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden kann und ein Proteinmangel in Deutschland eher eine Seltenheit ist, stellen High-Protein-Produkte für gesunde Erwachsene in der Regel keine Gefahr dar. Wird zu viel Eiweiß aufgenommen, wird dieses abgebaut und der enthaltene Stickstoff in Form von Harnstoff über den Urin ausgeschieden. Aus diesem Grund weist die DGE auch daraufhin, bei hoher Proteinzufuhr auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten. Ferner sollten Patienten mit Nierenfunktionsstörungen bei proteinreichen Lebensmitteln vorsichtig sein.

Trotz allem könnten die neuen, proteinreichen Produkte laut Gahl für bestimmte Personengruppen nützlich sein: Menschen mit Zöliakie können aufgrund der Unverträglichkeit gegenüber Klebereiweiß aus Getreide von Linsen- bzw. Erbsennudeln profitieren. Quellen: dge, bzfe, ndr.de