Kinderwunsch
Schwangere benötigen zusätzliche Vitamine und Mineralstoffe. Schon während der Kinderwunschzeit können Frauen auf eine gute Versorgung achten. Aber was, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt? Und wie geht es nach der Geburt weiter? In unserer neuen Wissen-am-HV-Reihe erhalten Sie Antworten auf diese Fragen.
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Ernährung: Was fördert die Spermienqualität?

Mann steht in der Küche und schneidet Lebensmittel
Um die Spermienqualität zu fördern, können Männer auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung achten. | Bild: My Ocean studio / AdobeStock

Unfruchtbarkeit (Infertilität) betrifft schätzungsweise zehn bis 20 Prozent der männlichen und weiblichen Weltbevölkerung bzw. circa 50 Millionen Paare. Zu 30 bis 50 Prozent sind männliche Faktoren dafür mitverantwortlich, dennoch liegt der Fokus bei infertilen Paaren heutzutage noch immer auf der Frau.

Dabei weiß man bereits sicher, dass in den letzten 40 Jahren messbare Spermienqualitätsparameter wie die Gesamtanzahl, Konzentration und Vitalität (Anteil lebender Spermien), Motilität sowie Morphologie der Spermien deutlich gesunken sind. Interessanterweise wird diese Reduktion besonders in Industrieländern beobachtet. Deshalb werden bestimmte Lebensstilfaktoren wie eine ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung, psychischer Stress und Umweltschadstoffbelastung als mögliche Ursachen diskutiert.  

Zwar steckt die Forschung dahingehend noch in den Kinderschuhen, dennoch konnten in einigen Studien bereits wertvolle Zusammenhänge zwischen bestimmten Ernährungsformen, ausgewählten Nährstoffen und einer verbesserten Spermienqualität festgestellt werden.

Fruchtbarkeit: Einfluss von Hormonen und oxidativem Stress

Für eine optimal ablaufende Spermatogenese, also die Bildung und Ausreifung gesunder Spermien, sind hormonelle Prozesse im Körper des Mannes unverzichtbar. Ähnlich wie im weiblichen Zyklus spielt das Hormon GnRH (Gonadotropine-Releasing-Hormon) aus dem Hypothalamus beim Mann eine zentrale Rolle, da es die Ausschüttung von FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) aus der Hirnanhangdrüse stimuliert.  

Im Hoden befinden sich Zellen, die für die Spermatogenese wichtig sind. FSH regt in den Leydig-Zellen des Hodens die Produktion von Testosteron und anderen Androgenen an, die eine wichtige Rolle für die männliche Sexualität und Fruchtbarkeit spielen. LH sorgt hingegen in den Sertoli-Zellen für den Schutz der gebildeten Spermien vor internen und externen Einflüssen.

Außerdem sind die Spermien während der Reifung besonders anfällig für oxidativen Stress, da sie ihre intrazelluläre Abwehr gegen freie Sauerstoffradikale (ROS) verlieren. Da die Ernährung einen großen Einfluss auf beide Parameter hat, sollte ein besonderes Augenmerk auf die Auswahl der Nahrungsmittel gelegt werden.

Ungünstig für Fruchtbarkeit: Übergewicht und unausgewogene Ernährung

Ein hoher Fettanteil im Körper eines Mannes verbunden mit Übergewicht führt dazu, dass der hormonelle Ablauf bezüglich der Spermienreifung gestört wird, und zählt daher als Risikofaktor für Unfruchtbarkeit. Zusätzlich wirkt sich eine unausgewogene Ernährung mit entzündungsfördernden Lebensmitteln negativ auf die Spermatogenese aus, da oxidativer Stress verstärkt werden kann.

Bei der Auswahl der Lebensmittel sollte der Fokus auf antioxidative und entzündungshemmende Komponenten gelegt werden, um die Fruchtbarkeit zu unterstützen. Außerdem konnten in Studien weitere Mikronährstoffe identifiziert werden, die sich positiv auf die Fruchtbarkeit auswirken.

Hohe Spermienqualität: Welche Ernährungsform ist geeignet?  

In einer aktuellen Meta-Analyse, die mehrere Beobachtungsstudien hinsichtlich Spermienqualität und Ernährungsform prüfte, konnte ein Zusammenhang zwischen einer gesunden und bewussten Ernährung und einer erhöhten Spermienkonzentration festgestellt werden. 

Als „gesund und bewusst“ wurde eine Ernährung reich an Obst, Gemüse, Fisch, Schalentieren, Geflügel, fettarmen Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Vollkornprodukten definiert. Am ehesten sei dies über eine pflanzenbasierte oder mediterrane Ernährung zu erreichen.

Auch für die ketogene Diät liegen vorläufige Erkenntnisse vor, die von einem positiven Einfluss auf die Spermatogenese ausgehen.

Antioxidantien reduzieren oxidativen Stress

Antioxidantien wie Vitamin E und C finden sich vor allem in Gemüse und Obst und sollten, wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen, fünf Portionen pro Tag ausmachen. 

Der sekundäre Pflanzenstoff Resveratrol aus roten Trauben, Heidelbeeren oder Erdnüssen hat besonders starke antioxidative Eigenschaften. Auch Lycopin aus der Tomate und Lutein aus grünem Blattgemüse scheinen sich positiv auf die Spermienqualität auszuwirken.

Außerdem sind die Mikronährstoffe Zink und Selen für eine gesunde Spermatogenese von großer Bedeutung. Sie kommen in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch und Milchprodukten vor, sind aber auch Bestandteil von Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Nüssen.

Ballaststoffe regulieren die Estrogen-Ausscheidung

Die pflanzenbasierte sowie die mediterrane Diät sind reich an Ballaststoffen. In Studien wird hervorgehoben, dass Ballaststoffe an der Estrogenregulation beteiligt sind und deren Ausscheidung unterstützen. Zu viele Estrogene im männlichen Organismus können sich nämlich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken. 

Vorsicht ist beim Verzehr von Soja geboten, da es hier zu gegenteiligen Effekten kommt. Es wird vermutet, dass es mit den enthaltenen Phytoestrogenen zusammenhängen könnte.

Omega-3-Fettsäuren: Wichtiger Bestandteil der Spermienmembran

Im Reifungsprozess der Spermien verändert sich die Fettsäurezusammensetzung der Spermienmembran zugunsten eines höheren Anteils an langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Darüber hinaus besitzen Omega-3-Fettsäuren antiinflammatorische Eigenschaften.  

Fisch und Meerestiere enthalten eine große Menge an Omega-3-Fettsäuren, insbesondere DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure), die günstig für die Spermatogenese sind.

Allerdings können mit einem erhöhten Fischkonsum auch fruchtbarkeitsschädigende Stoffe wie Quecksilber aufgenommen werden, weshalb Fisch zur Verbesserung der Spermienqualität nicht abschließend bewertet werden kann. Optimalerweise sollte man immer auf frischen Fisch zurückgreifen und auf die Herkunft achten. 

Auch pflanzliche Lebensmittel wie Nüsse oder Avocados sind reich an Omega-3-Fettsäuren.

Fruchtbarkeit beim Mann verbessern: Zuckerhaltige Getränke und Transfette reduzieren

Einen negativen Effekt auf die Spermienqualität hat dagegen eine Ernährung mit einem hohen Anteil an

  • gesättigten Fettsäuren und Transfetten,
  • vollfetten Milchprodukten,
  • verarbeitetem Fleisch,
  • zuckerhaltigen Getränken und
  • schwermetall- bzw. pestizidbelasteten Nahrungsmitteln.

Transfette, die vor allem in tierischen Produkten zu finden sind, zeigen in mehreren Studien eine negative Auswirkung auf die Spermienkonzentration und -beweglichkeit.  

Glucose ist zwar für die Bildung der Spermien unverzichtbar, ein Überangebot zuckerhaltiger Lebensmittel kann sich allerdings negativ auf die Beweglichkeit und deren Reifung auswirken. In den Studien werden vor allem zuckerhaltige Getränke wie Limonaden oder Energydrinks genannt. Auch Übergewicht und oxidativer Stress wird durch ein Zuviel an Zucker begünstigt.  

In einer weiteren Studie wurde gezeigt, dass ein übermäßiger Konsum von ultraverarbeiteten Lebensmitteln mit einem schnellen Anstieg an Körperfett und einer Reduktion der Sexualhormone bei Männern zusammenhängen könnte.  

Bei der Bewertung von Kaffee und Alkohol zeigen sich widersprüchliche Daten. Wahrscheinlich ist ein moderater Konsum ohne relevanten Einfluss auf die Spermatogenese, wobei weitere Untersuchungen nötig sind.

Beratungshinweis: Ernährungsumstellung keine Garantie für Erfolg

In der Apotheke sollten PTA erklären, dass eine Ernährungsumstellung für eine gesunde und normale Fruchtbarkeit sinnvoll ist, aber nicht immer einen bereits bestehenden unerfüllten Kinderwunsch behandeln kann.  

Zu betonen ist zusätzlich, dass neben der Ernährung weitere Lebensstilfaktoren einen gleichwertig hohen Einfluss auf die Spermienqualität besitzen. Das betrifft vor allem den Zigarettenkonsum, die körperliche Aktivität und den allgemeinen Gesundheitszustand.  

Eine weiterführende Diagnostik sollte ab einem bestimmten Zeitpunkt in einem Kinderwunschzentrum oder bei einem Urologen erfolgen, um weiteren Ursachen auf den Grund zu gehen. Quellen:
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38237150/
- https://link.springer.com/article/10.1007/s13668-023-00503-x
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1550413125003602?via%3Dihub
 

Gut zu wissen: Wann spricht man von einem unerfüllten Kinderwunsch?

Tritt über einen Zeitraum von einem Jahr trotz regelmäßigen ungeschützten Geschlechtsverkehrs keine Schwangerschaft ein, sollte ein Kinderwunschzentrum aufgesucht werden. Statistisch gesehen funktioniert es bei rund 90 % aller gesunden Paare innerhalb der angegebenen zwölf Monate mit einer Schwangerschaft.

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