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Verringerter Lichtschutzfaktor: Zinkoxid nicht mit chemischen UV-Filtern mischen

Zinkoxid senkt in Kombination mit chemischen UV-Filtern den Lichtschutzfaktor des Sonnenschutzes erheblich. Zudem können toxische Abbauprodukte entstehen. | Bild: sosiukin / AdobeStock

Wie verändern sich UV-Filter unter Sonneneinstrahlung? Büßen sie ihre Schutzwirkung ein oder entstehen toxische Abbauprodukte? Auf die Mischung kommt es an – das fanden Wissenschaftler um Aurora L. Ginzburg (Department of Chemistry and Biochemistry, University of Oregon, USA) im Fachjournal „Photochemical und Photobiological Sciences“ heraus(„Zinc oxide-induced changes to sunscreen ingredient efficacy and toxicity under UV irradiation“) .

UVA-A-Filter im Visier

Die Wissenschaftler interessierten sich in ihrer Untersuchung vor allem für den UV-A-Schutz. UV-A-Filter-Substanzen seien beim Sonnenschutz „besonders wichtig“, da UV-A-Strahlen 95 Prozent der UV-Strahlung ausmachen, die auf die Erdoberfläche trifft. 

Häufig kombinieren die Hersteller verschiedene UV-Filter miteinander. Gut wäre also zu wissen, welche Formulierungen sicher sind, um potenzielle Risiken durch lichtunbeständige (photolabile) UV-A-Filter-Kombinationen zu minimieren. 

Mischungen für Sport, normale und empfindliche Haut

Dafür untersuchten die Forscher fünf gängige UV-Filter-Kombinationen aus Avobenzon, Octisalat, Homosalat, Octocrylen, Oxybenzon, DHHB (Diethylaminohydroxybenzoylhexylbenzoat) und Bisoctrizol, die in der fertigen Mischung den Lichtschutzfaktor 15 aufwiesen.

% UV-Filter (m/m)
MischungAvobenzon 
(UV-A)
Octisalat 
(UV-B)
Homosalat 
(UV-B)
Octocrylen 
(UV-B und kurzwellig UV-A)
Oxybenzon
(UV-B und kurzwellig UV-A)
DHHB 
(UV-A)
Bisoctrizol
(UV-B und UV-A)
11,84,07,05,00,00,00,0
21,04,00,03,00,00,03,0
32,03,03,04,00,05,00,0
42,03,06,03,02,50,00,0
50,03,00,02,00,00,05,0


Die Mischungen 1, 2 und 3 sind dabei ein klassischer Sonnenschutz für den Sport, Mischung 4 steht für „typische Sonnenschutzmittel“ und Mischung 5 eignet sich für allergische und empfindliche Haut.

Gut zu wissen: Welche UV-Filter gibt es in der EU?

Die Europäische Union genehmigt aktuell 28 UV-Filter: 

  • neun UV-B-absorbierende organische Verbindungen,
  • sieben organische Verbindungen, die UV-B und kurzwelliges UV-A absorbieren,
  • vier UV-A-absorbierende organische Verbindungen und
  • vier organische Verbindungen, die ein breites Spektrum an UV-Absorption bieten.
  • Darüberhinaus dürfen TiO2 und ZnO eingesetzt werden. Dies könnte sich jedoch künftig ändern: Eine neue EU-Verordnung stuft TiO2 bei Inhalation seit September 2021 als mutmaßliches Karzinogen der Kategorie 2 ein.
  • Bisoctrizol und Tris-Biphenyltriazin wirken als „physikalisch-chemische Hybride“ und schützen sowohl durch UV-Absorption als auch Streuung.

Welchen Einfluss hat Zinkoxid?

Zudem wollten die Wissenschaftler wissen, welchen Effekt Zinkoxid (ZnO) auf organische UV-Filter hat. Daher versetzten sie Mischung 1 mit sechs Prozent Zinkoxid-Partikeln (ohne Silikonbeschichtung): 

  • einmal mit ZnO-Mikropartikeln (Partikelgröße von 200 bis 1.000 nm) und
  • einmal mit ZnO-Nanopartikeln (Partikelgröße < 100 nm, mittlere Größe 85 nm). 

Zum Vergleich: Normalerweise wird ZnO in nanopartikulärer Form als alleiniger UV-Filter in Konzentrationen von 3 bis 20 Prozent eingesetzt, in Kombination mit organischen UV-Filtern hingegen lediglich in Konzentrationen zwischen 3 und 6 Prozent.

Gängige UV-Filter-Kombinationen mit nur „geringem“ Photoabbau

Was passiert nun unter Sonneneinstrahlung mit den UV-Filter-Mischungen? Dafür setzten die Wissenschaftler ihre „Sonnencremes“ (mit und ohne ZnO) zwei Stunden einem „Sonnensimulator“ aus, der für einen „klaren Sonnentag repräsentativ“ war. Als Kontrolle dienten unbestrahlte UV-Filter-Mischungen.

Ein gutes Sonnenschutzmittel sollte im gesamten UV-A- und UV-B-Bereich (280–400 nm) eine gute UV-Absorption aufweisen. Ist die Mischung photostabil, sollte dieses Absorptionsspektrum nach UV-Bestrahlung folglich nicht abnehmen oder sich ändern.

Alle fünf reinen UV-Filter-Mischungen wiesen nur einen „geringen“ Photoabbau auf – trotz Avobenzon, das den Wissenschaftler zufolge bekannt dafür ist, dass es photoinstabil ist. Sie schätzen, dass die Hersteller ihre Sonnenschutzcremes bereits in speziellen Verhältnissen formulieren, die eine Zersetzung der chemischen Verbindungen von vornherein minimieren. Octocrylen könne hier eine „signifikant stabilisierende Wirkung“ haben. 

Mischungen mit Zinkoxid bauen UV-A-Schutz ab

Anders sah es aus, wenn die UV-Filter-Mischungen zusätzlich ZnO enthielten. Hier verschwand nach UV-Exposition der Absorptionspeak zwischen 350 und 400 nm, was den Forscher zufolge im Einklang mit dem Abbau von Avobenzon steht. 

Avobenzon sei der einzige enthaltene UV-Filter, der langwellige UV-A-Wellen absorbiere, sodass „es eindeutig eine Veränderung in der Avobenzonstruktur gab, die zum Verlust der UV-A-Absorption in der Mischung führte“, erklären die Wissenschaftler. Sie schätzen, dass reaktive Sauerstoffspezies für den oxidativen Abbau von Avobenzon verantwortlich zeichnen.

Mit Zinkoxid verringert sich der Lichtschutzfaktor

Der Abbau von Avobenzon wirkt sich nach Berechnungen der Wissenschaftler auch auf den Lichtschutzfaktor aus, und zwar je nachdem, ob mikro- oder nanopartikuläres ZnO enthalten war: ZnO-Mikropartikel reduzierten in dem „Sonnenschutz“ mit Avobenzon, Octisalat, Homosalat und Octocrylen (Mischung 1) den UV-A-Schutz um 91,8 Prozent, ZnO-Nanopartikel um 84,3 Prozent. 

Ohne Zinkoxid verringerte Sonnenlicht den UV-A-Schutz in der „Sonnencreme“ hingegen nur um 15,8 Prozent. Doch kompensiert das zugegebene Zinkoxid nicht diesen Verlust? Immerhin ist Zinkoxid ebenfalls eine UV-Filter-Substanz. Die Wissenschaftler sind skeptisch.

Vorsicht bei Kombination von Kosmetik und Sonnenschutz

Unter Versuchsbedingungen enthielt der „Sonnenschutz“ nur sechs Prozent ZnO – auf dem Markt üblich seien 12 bis 24 Prozent ZnO, wenn dies als alleiniger UV-Blocker zum Einsatz kommt. Daher könne man nicht davon ausgehen, dass die Zugabe von ZnO den UV-A-Schutz-Verlust kompensiere und „die Haut sicher vor UV-Schäden schützt, sobald die organischen Filter abgebaut“ seien, warnen die Studienautoren. 

Sie geben zudem zu bedenken, dass diese „Wechselwirkung“ nicht ausschließlich durch „hybride“ Sonnenschutzprodukte entstehen kann. Möglich sei ein UV-A-Wirkverlust auch, wenn Kosmetika oder verschiedene Sonnenschutzmittel gemeinsam angewendet würden.

Toxizitäts-Untersuchung an Zebrafischen

Nun ist ein verringerter UV-Schutz eine Sache, eine andere ist es, ob die entstehenden Abbauprodukte toxisch sind. Auch in diesem Punkt scheint es klug, eine Kombination organischer UV-Filter mit Zinkoxid zu vermeiden. Darüber gab ein Experiment mit Zebrafischen Aufschluss.

An Zebrafischen testeten die Wissenschaftler ihre UV-Filter-Mischungen in vivo – mit und ohne Zinkoxid, UV-exponiert und nicht UV-exponiert: Die Fische wurden dafür jeder Mischung fünf Tage lang ausgesetzt und ihre Entwicklung (anhand von 22 Entwicklungsendpunkten) bewertet. Diese fassten die Forscher jedoch zu einem einzigen Endpunkt „Toxizität“ zusammen, der dann alle einzelnen morphologischen und Mortalitätsendpunkte bei den Fischen berücksichtigte.

Organische UV-Filter mit Zinkoxid erzeugen toxische Abbauprodukte

Die Wissenschaftler stellten in diesem Versuch „definitiv“ fest, dass ZnO in Kombination mit organischen UV-Filtern und Sonnenlicht zu toxischen Photoabbauprodukten führt. Rein organische UV-Filter-Mischungen oder ZnO allein ließen unter UV-Licht hingegen nur „geringe“ Mengen an toxischen Abbauprodukten entstehen. 

Doch könnten nicht auch reaktive Sauerstoffspezies, die unter UV-Licht entstanden sind, die Entwicklung der Zebrafische beeinträchtigt haben? Auch diese Erklärung schließen die Forscher aus, denn jegliche reaktive Sauerstoffspezies, die während der Bestrahlung entstünden, wären bis zur Exposition der Zebrafische – die erst einige Tage nach Bestrahlung stattfand – verschwunden, argumentieren sie. Daher müssten toxische Abbauprodukte entstanden sein, die auch Tage nach UV-Exposition noch in den Gemischen vorhanden sind.

Kein Unterschied, ob Zinkoxid mikropartikulär oder nanopartikulär

Ihr Fazit: „Die Ergebnisse zeigen, dass Formulierungen, die sowohl ZnO als auch niedermolekulare UV-Filter enthalten, photochemisch zwei verschiedene Arten von schädlichen Wirkungen zur Folge haben: Sie können aufgrund des Abbaus der organischen UV-Filter einen deutlich verringerten UV-A-Schutz aufweisen, und sie können Toxizität verursachende Photodegradationsprodukte erzeugen.“ 

Dabei ist es wohl egal, ob ZnO mikropartikulär oder nanopartikulär vorliegt: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Metalloxidpartikel jeder Größe reaktive Oberflächenstellen aufweisen können.“ Wichtiger als die Größe der Metallpartikel sei die „Identität des Metalls, die Kristallstruktur und etwaige Oberflächenbeschichtungen“. 

Lösung: Zinkoxid mit Silikon überziehen?

Vor allem für die Vereinigten Staaten seien die Forschungen problematisch, da dort als langwelliger UV-A-Filter nur Avobenzon und Zinkoxid breit in Sonnenschutzprodukten eingesetzt würden. Hingegen zeigten einige der in der EU erlaubten Inhaltsstoffe wie Bisoctrizol und DHHB eine „vielversprechende Photostabilität“ und wiesen auch derzeit keine toxischen Photodegradationsprodukte auf. 

Frühere Arbeiten(„Photostability of sunscreens“, veröffentlicht 2012 in „Journal of Photochemistry and Photobiology C: Photochemistry Reviews“)  haben den Wissenschaftlern zufolge zudem Hinweise geliefert, dass das Überziehen von Titandioxid-Partikeln mit Silikon oder Aluminiumhydroxid die photokatalytische Aktivität (Fähigkeit, chem. Reaktionen unter Einfluss von Licht zu beschleunigen) des Metalloxids verringert. Möglicherweise könnte dies auch eine „hilfreiche Strategie“ bei Zinkoxid sein, überlegen sie.

Sie fürchten zudem, dass durch die neue EU-Verordnung Hersteller künftig von Titandioxid auf Zinkoxid ausweichen könnten und den Verbrauchern dadurch eine falsche Sicherheit suggeriert würde.