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Zum Welt-Polio-Tag: Realistisch: Polio weltweit bis 2026 ausgerottet

Packung und Spritze des Polio-Impfstoffs IPV Merieux
Mithilfe weltweiter Impfungen soll Polio bis 2026 ausgerottet sein. | Bild: IMAGO / Beautiful Sports

Die vor fast 35 Jahren anvisierte weltweite Ausrottung der Kinderlähmung ist nach Überzeugung der Gates-Stiftung in greifbarer Nähe. Mit den nötigen finanziellen Mitteln dürfte das Ziel bis 2026 erreicht werden, sagte Stiftungschef Mark Suzman am Rande der Gesundheitskonferenz World Health Summit in Berlin. Er lobte die deutsche Initiative, die Polio-Ausrottung bei der Konferenz prominent zum Thema zu machen.

Für reiche Länder sei es kein Akt der Wohltätigkeit, Geld für die Ausrottung zur Verfügung zu stellen, sondern im handfesten eigenen Interesse, sagte Suzman. „Solange das Virus noch irgendwo auf der Welt zirkuliert, brauchen wir Massenimpfungen. Wir können jede Menge Geld sparen, bis Ende des Jahrhunderts weltweit 33 Milliarden Dollar, wenn das nicht mehr nötig ist“, sagte er.

Zur Erinnerung: Was ist Polio?

Polio ist eine Infektionskrankheit, die durch Polio-Viren verursacht wird. Die Viren werden vor allem fäkal-oral durch Schmierinfektion übertragen. Die Erkrankung breitet sich vor allem dort aus, wo schlechte hygienische Bedingungen vorherrschen.

Häufig verläuft Polio so harmlos wie ein grippaler Infekt. Kritisch wird die Erkrankung, wenn das Zentralnervensystem befallen wird. Dann kann es zu den bleibenden Lähmungen kommen, die der Erkrankung den Namen „Kinderlähmung“ gegeben haben. Eine häufige Spätfolge der Kinderlähmung ist das Post-Polio-Syndrom: Jahrzehnte nach der akuten Erkrankung kommt es zu Muskelschwund, Lähmungen, Atemproblemen etc.

Alles Wissenswerte zur lebensrettenden Polio-Impfung haben wir in einem extra Artikel zusammengefasst. / mia

Die Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis (GPEI) warb in Berlin um 4,8 Milliarden Dollar (knapp 5 Mrd. Euro). Damit sollen bis 2026 jedes Jahr 370 Millionen Kinder geimpft und medizinisch versorgt werden. Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung stellte selbst weitere 1,2 Milliarden Dollar für die nächsten vier Jahre zur Verfügung. Die Gates-Stiftung ist einer der größten Geldgeber der Initiative. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei der Konferenz 35 Millionen Euro zu, um das Ziel einer Welt ohne Polio zu erreichen.

Corona-Pandemie hat Polio-Impfungen verzögert

Der Wildtyp des Virus galt außer in Pakistan und Afghanistan überall als besiegt, bevor in diesem Jahr wieder Fälle in afrikanischen Ländern auftauchten. In New York und London wurden Polioviren im Abwasser gefunden. Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass vielerorts Kinder nicht mehr routinemäßig geimpft wurden. In Pakistan droht wegen der jüngsten verheerenden Überschwemmungen die Gefahr, dass sich Polio weiter ausbreitet. „Solche Herausforderungen erhöhen nur den Handlungsbedarf“, sagte Suzman.

In Afghanistan gehe das Geld der Initiative nicht an die fortschrittsfeindlichen radikalislamischen Taliban, die dort 2021 wieder die Macht übernommen hatten, betonte Suzman. Vielmehr würden die Impfkampagnen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem UN-Kinderhilfswerk Unicef mit zivilen Partnerorganisationen vor Ort durchgeführt.

Mit Impfkampagnen und Verbesserungen der Lebenssituation vielerorts sind seit 1988 nach Schätzungen 99 Prozent aller neuen Fälle verhindert worden. Die Initiative GPEI geht davon aus, dass rund 20 Millionen Kinder vor der Infektionskrankheit bewahrt wurden. Quelle: dpa