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Antibiotika-Resistenzen: Welche Keime sind gefährlich?

Petrischale mit Bakterienkultur
Zunehmende Antibiotika-Resistenzen sind ein großes Problem in Europa. | Bild: analysis121980 / AdobeStock

In Deutschland waren im Jahr 2019 9.650 Todesfälle auf eine antimikrobielle Resistenz zurückzuführen. Dies entspricht einer Mortalitätsrate von 5 pro 100.000 Einwohner. 45.700 Todesfälle waren mit einer antimikrobiellen Resistenz assoziiert, was einer Mortalitätsrate von 22 pro 100.000 Einwohner entspricht. 

Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Prof. Lothar Wieler, sieht in den Antibiotika-Resistenzen eine „schleichende Pandemie“. Dies sagte er anlässlich der Einweihung des WHO-­Kooperationszentrums für Antibiotikaresistenz am RKI im Oktober 2022. Diese Kooperation soll die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dabei unterstützen, Surveillance-Aktivitäten der Mitgliedstaaten zu stärken und zu integrieren, die sich auf Antibiotika-Resistenzen, -verbrauch und nosokomiale Infektionen beziehen.

Definition von Todesfällen

  • Todesfälle, die direkt auf eine antimikrobielle Resistenz zurückzuführen sind: ­Todesfälle, die direkt durch eine Arzneimittelresistenz verursacht wurden (als Folge einer unwirksamen Behandlung).
  • Todesfälle, die mit einer antimikrobiellen Resistenz assoziiert sind: Todesfälle, die durch eine arzneimittelresistente ­Infektion aufgetreten sind. Eine antimikrobielle ­Resistenz kann, muss aber nicht die ­Ursache gewesen sein.

Wieler mahnte, Antibiotika bei Mensch und Tier sachgerecht einzusetzen. Verlieren Antibiotika ihre Wirksamkeit, können Infektionen nur schwer behandelt werden. Schließlich sieht er „viele Therapien der modernen Medizin wie Krebsbehandlungen und Transplantationen“ in Gefahr, die ohne wirksame Antibiotika nicht mit demselben Erfolg wie bisher durchgeführt werden könnten. Weiter betont der Präsident des RKI, wie wichtig eine kontinuierliche Surveillance sei, um der Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen entgegenzuwirken.

Abnahme von MRSA – andere Keime nehmen jedoch zu

Daten des RKI zeigen, dass Infek­tionen mit Methicillin-resistentem ­Staphylococcus aureus (MRSA) in Deutschland abnehmen, aber auch, dass beispielsweise Vancomycin-resistente Enterokokken und teilweise auch Carbapenem-resistente Enterobakterien zunehmen.

In der Pressemitteilung des RKI wird auch erwähnt, wo es ein Einsparpotenzial von Antibiotika gibt, und zwar bei der perioperativen Prophylaxe, bei der Antibiotika häufig über den Operationstag hinaus gegeben werden. Durch einen leitliniengerechten Einsatz ließen sich hierbei 13 Prozent aller Antibiotika-Therapien in deutschen Krankenhäusern einsparen.

Welche Keime sind besonders gefährlich?

In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurden die Folgen mikrobieller Resistenzen für die gesamte europäische Region der WHO untersucht, die 53 Länder umfasst. Dabei wurden 2019 etwa 541.000 Todesfälle mit einer antimikrobiellen Resistenz assoziiert, und 133.000 Todesfälle konnten direkt auf eine antimikro­bielle Resistenz zurückgeführt werden. Folgende Keime verursachten 457.000 Todesfälle, die mit einer antimikrobiellen Resistenz assoziiert waren. Die Auflistung erfolgt nach absteigender Mortalität:

  • Escherichia coli,
  • Staphylococcus aureus,
  • Klebsiella pneumoniae,
  • Pseudomonas aeruginosa,
  • Enterococcus faecium,
  • Streptococcus pneumoniae und
  • Acinetobacter baumannii.

In der Studie wurden auch Kombina­tionen von Keimen und Arzneimitteln, gegen die sie resistent waren, ermittelt. Dabei waren in 27 Ländern Todesfälle, die direkt auf eine mikrobielle Resistenz zurückgeführt werden können, am häufigsten durch MRSA verursacht. In 47 Ländern standen Todes­fälle, die mit einer mikrobiellen Resistenz assoziiert waren, am häufigsten mit Aminopenicillin-resistentem E. coli in Zusammenhang. Quelle:
[1] The burden of antimicrobial resistance in G7 countries and globally: An urgent call for action. Broschüre des Institute for Health Metrics and Evaluation der University of Washington und des Robert Koch-Instituts, 27. Juni 2022, doi: 10.25646/10218

[2] Antibiotikaresistenzen, eine schleichende Pandemie: Einweihung des WHO-Kooperationszentrums für Antibiotikaresistenz am RKI. Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts, 18. Oktober 2022

[3] Mestrovic T et al. The burden of bacterial antimicrobial resistance in the WHO European region in 2019: a cross-country systematic analysis. Lancet Public Health 2022;7(11):e897-e913, doi: 10.1016/S2468-2667(22)00225-0
 

Zur Welt-Antibiotika-Woche 2022

Vom 18. bis 24. November 2022 findet die Welt-Antibiotika-Woche („World Antibiotic Awareness Week“) der WHO statt. Dieses Jahr lautet das Motto „Gemeinsam antimikrobielle Resistenzen verhindern“. Mit der Aktionswoche wird auf den weltweiten Anstieg von Antibiotika-Resistenzen aufmerksam gemacht und zugleich soll das Bewusstsein für einen sachgerechten Antibiotika-Einsatz in der Öffentlichkeit gestärkt werden. Zahlreiche Gesundheitsorganisationen und Kliniken beteiligen sich an der Aktionswoche und rufen zu einem umsichtigen und zurückhaltenden Umgang mit Antibiotika auf. / vs