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Steigende Tendenz bei Influenza: Jeder zweite Atemwegserkrankte hat Grippe

Frau mit Grippe schaut auf Fieberthermometer
Aktuell ist die Zahl der Atemwegserkrankten höher als bei der heftigen Grippewelle 2017/18. | Bild: Subbotina Anna / AdobeStock

Bereits seit Ende Oktober (43. Kalenderwoche) läuft die Grippewelle, sie hat damit deutlich früher begonnen als die Jahre zuvor, als sie meist im Januar gestartet hatte. In der letzten Grippesaison 2021/22 erreichte die Influenza-Positivenrate sogar erst im April 2022 (Kalenderwoche 17) Werte, die auf den Beginn einer Grippewelle hindeuteten, allerdings blieb im Frühjahr die im Winter mit einer Grippewelle einhergehende erhöhte ARE-Aktivität (ARE = akute respiratorische Erkrankungen) aus.

Im aktuellen, dem 48. ARE-Wochenbericht berichtet das Robert Koch-Institut (RKI) über 27.026 neue laborbestätigte Influenzafälle nach Infektionsschutzgesetz in der vergangenen Woche. Das ist knapp die Hälfte aller Grippefälle (59.056), die das RKI seit Beginn der Grippesaison in der 40. Kalenderwoche erfasst hat. Bislang war jeder zehnte Patient (6.026) im Krankenhaus, 30 Menschen sind verstorben.

Jeder 2. Patient hat Influenza

Betrachtet man das Infektionsgeschehen akuter Atemwegserkrankungen, so lassen sich die meisten derzeit tatsächlich auf Influenzaviren zurückführen: Von 329 eingesendeten Proben aus ärztlichen Sentinelpraxen konnte das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für Influenzaviren bei 80 Prozent respiratorische Viren nachweisen – über die Hälfte (51 Prozent, 167 Proben) waren positiv auf Grippeviren. Somit hat etwa jeder zweite Patient mit Atemwegserkrankung derzeit Influenza. 

Daneben dominiert RSV, das respiratorische Synzytialvirus, die Infektionslage in Deutschland: Bei 15 Prozent der untersuchten Proben (50) fand das NRZ RSV. Rhinoviren konnte es bei 9 Prozent der Proben nachweisen, humane saisonale Coronaviren bei 5 Prozent und SARS-CoV-2 bei 4 Prozent. Weitere virale Atemwegserreger in den Proben waren Parainfluenzaviren und Metapneumonieviren mit je 2 Prozent.

Derzeit zeichnen bei Grippe vor allem Influenza-A-Viren (H3N2) für die Atemwegsinfektionen verantwortlich. Dem RKI zufolge erkranken erfahrungsgemäß in Saisons mit starker Influenza-A(H3N2)-Zirkulation insbesondere ältere und hochbetagte Menschen schwer.

Wie gut passt der Grippe-Impfstoff?

Wie treffsicher die diesjährige saisonale Influenzaimpfung die zirkulierenden Viren tatsächlich erfasst, lässt sich erst am Ende der Grippesaison sagen. Es gibt jedoch Labortests (Hämagglutinationshemmtest), die auch zum jetzigen Zeitpunkt erste Anhaltspunkte über die Impfwirksamkeit liefern. 

So erkannte das gegen den Impfstamm gerichtete Referenzserum sowohl Influenza-A(H1N1)- als auch Influenza-A(H3N2)-Viren „sehr gut“, berichtet das RKI. Die B-Victoria-Linie wurde lediglich „detektiert“, aber die Titer seien „gering“ gewesen. Positiv ist zudem, dass die untersuchten zirkulierenden Viren wohl keine Resistenzen gegen die Grippe-Arzneimittel Oseltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®) zeigen.

Grippefälle nehmen zu, RSV-Fälle ab

Entspannung ist nicht in Sicht: Das RKI spricht bei akuten Atemwegserkrankungen von einer „steigenden Tendenz“ bei Influenzaviren. So erhöhte sich die Influenzapositivenrate von der 47. auf die 48. Kalenderwoche von 36 Prozent auf 51 Prozent. Auch bei hospitalisierten Patienten (im Krankenhaus) mit schwerer Atemwegserkrankung nahmen die Influenza-Diagnosen innerhalb einer Woche von 12 Prozent auf 18 Prozent zu.

Anders bei RSV. Hier beobachtet das RKI eine „abnehmende Tendenz“ – auch bei den Null- bis Vierjährigen. Die RSV-Positivenrate sank im ambulanten Bereich von 19 Prozent auf 15 Prozent. Bei den im Krankenhaus behandelten Kindern im Alter bis vier Jahre blieb die RSV-Diagnose mit 61 Prozent allerdings „sehr hoch“ und verglichen mit der Vorwoche (59 Prozent) stabil.  

Bereits seit September stiegen die Fallzahlen bei RSV. Die RSV-Welle begann dieses Jahr in der 41. Kalenderwoche und hält nach wie vor an.  

Die COVID-19-Diagnosen im Krankenhaus lagen in der 48. Woche bei 9 Prozent, in der Vorwoche bei 10 Prozent.

Jeder Elfte von Atemwegsinfekt betroffen

Insgesamt schätzt das RKI, dass derzeit 9,5 Millionen Menschen bundesweit an akuten Atemwegserkrankungen leiden, das entspricht einer ARE-Rate von 11,4 Prozent. Damit ist mehr als jeder Elfte derzeit krank. Auch hier gab es verglichen mit der Vorwoche (10,2 Prozent) nochmals eine Zunahme. Einzige erfreuliche Ausnahme derzeit: Bei Kleinkindern von null bis vier Jahren kam es zu einem Rückgang bei Atemwegserkrankungen.

Doch selbst auf dem Höhepunkt der sehr schweren, von Influenza B (Yamagata) dominierten Grippesaison 2017/18 lag das Niveau der Atemwegserkrankungen unterhalb des jetzt beobachteten.