Aktuelles
9 min merken gemerkt Artikel drucken

Ein Überblick: Was sich 2023 ändert

Wie so oft bringt der Jahreswechsel zahlreiche regulatorische Änderungen mit sich. Hier erhalten Sie einen Überblick. | Bild:  zatevakhin/AdobeStock

Mit Böllern und Raketen wurde der Jahreswechsel jüngst lautstark eingeläutet. Gespannt blickt die Welt nun auf 2023: Was wird das neue Jahr wohl mit sich bringen? Für Apothekenmitarbeiter hält das Jahr schon gleich zu Beginn so einiges Neues bereit.

PTA-Reform bringt Neuerungen in Ausbildung und Beruf 

Drei Jahre nach der Ankündigung trat zum 1. Januar 2023 das PTA-Reformgesetz in Kraft. Mit den darin beschlossenen Neuerungen soll die Mitwirkung von PTA an der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln weiter professionalisiert und gestärkt werden.

Dazu wurden einige Verordnungen geändert (PTA-APrV und ApBetrO) und neue Gesetze erlassen (PTAG, als Ablösung für PharmTAG). Die Reform bringt unter anderem folgende Änderungen mit sich:

  • Konkretisierung des PTA-Berufs.
  • Neuer Lehrplan für die Ausbildung ab dem Schuljahr 2023/2024.
  • Eine Ausbildung in Teilzeit ist künftig möglich.
  • Nicht bestandene Teile der staatlichen Prüfung können künftig zweimal wiederholt werden.
  • Der Ablauf der praktischen Ausbildung in öffentlichen bzw. Krankenhausapotheken wurde konkretisiert.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Pflicht zur Beaufsichtigung durch Approbierte entfallen:
    • Die Vorlagepflicht von Verschreibungen (§ 17 Abs. 6 ApBetrO) entfällt,  wenn PTA ohne Beaufsichtigung tätig werden dürfen.
      Hinweis: Bei der Abgabe von Betäubungsmitteln, von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid und von Arzneimitteln, die nach § 73 Abs. 3 AMG importiert werden, müssen die Verschreibungen nach wie vor einem Approbierten vorgelegt werden.
    • Bei der Herstellung von Rezepturen und Defekturen (§ 7 und § 8 ApBetrO) ist künftig unter gewissen Voraussetzungen keine Aufsicht durch Approbierte mehr notwendig. In den entsprechenden Herstellungsprotokollen ist dann das Namenszeichen der/des herstellenden PTA ausreichend. Gleiches gilt für Prüfprotokolle bei Defekturen.
      Hinweis: Die finale Freigabe kann weiterhin nur durch einen Approbierten erfolgen. Zudem gilt die Befreiung von der Aufsichtspflicht nicht bei der Herstellung von Parenteralia.
    • Auch bei der Prüfung von Ausgangsstoffen (§ 12 ApBetrO) können PTA künftig ohne Beaufsichtigung tätig werden. Im entsprechenden Prüfprotokoll ist dann das Namenszeichen der/des prüfenden PTA ausreichend (sofern die betreffende Person die Berechtigung zum selbstständigen Arbeiten besitzt). In diesem Fall ist eine Freigabe durch einen Apotheker nicht notwendig.

Um von der Aufsichtspflicht entlassen zu werden, müssen PTA drei Jahre Vollzeit oder in entsprechendem Umfang Teilzeit in Apotheken tätig gewesen sein. Die staatliche Prüfung muss außerdem mit der Gesamtnote „gut“ (oder besser) bestanden worden sein, andernfalls ist eine berufliche Tätigkeit von mindestens fünf Jahren nachzuweisen. Zudem ist ein gültiges Fortbildungszertifikat einer Apothekerkammer notwendig.

Darüber hinaus muss sich die Apothekenleitung vergewissern, dass die betreffende Person die pharmazeutische Tätigkeit ohne Beaufsichtigung zuverlässig durchführen kann. Dafür ist mindestens ein Jahr Tätigkeit unter Verantwortung des jeweiligen Apothekenleiters notwendig.

Liegen alle Voraussetzungen vor, kann die Apothekenleitung entscheiden, in welchen Fällen die Aufsichtspflicht für die jeweilige Person entfällt – dies muss schriftlich dokumentiert werden.

Anstieg der Tarifgehälter und Tarifvertrag für Sachsen

Seit dem 1. Januar 2023 hat auch Sachsen nach mehr als 20 Jahren wieder einen Tarifvertrag. Zudem steigen die Tarifgehälter im restlichen Bundesgebiet: So dürfen sich PTA im Gebiet der ADA über eine Gehaltserhöhung um 3 Prozent und in Nordrhein über 2 Prozent mehr freuen. 

Höhere Festbeträge für fünf Arzneimittelgruppen 

Zum Jahreswechsel gab es Änderungen bei den Festbeträgen. In den folgenden Festbetragsgruppen der Stufe 1 wurden die Festbeträge erhöht:

  • Butylscopolamin zur parenteralen Anwendung, Gruppe 3,
  • Verapamil zur parenteralen Anwendung, Gruppe 3,
  • Folsäure zur parenteralen Anwendung, Gruppe 2,
  • Paracetamol zur oralen Anwendung, Gruppe 1B.

 Der Festbetrag in der Gruppe der Stufe 3 für Antihistaminika zur topischen Anwendung (Gruppe 9B) wurde ebenfalls erhöht. Außerdem wurden die Festbeträge für Choriongonadotropin zur parenteralen Anwendung (Gruppe 1) und für Lithium in festen oralen Darreichungsformen mit verzögerter Freisetzung aufgehoben.

Höchstmengenregelung bei Betäubungsmitteln entfällt

Ab dem 8. April 2023 soll die derzeit in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) verankerte Höchstmengenregelung entfallen – und mit ihr die Pflichtangabe „A“ auf BtM-Rezepten bei Überschreiten dieser Grenzen.

„Die bisherigen Vorgaben entsprechen nicht mehr dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und den Erfordernissen der ärztlichen Praxis, weil sie nicht mehr mit den auf dem Arzneimittelmarkt vorhandenen Betäubungsmitteldarreichungsformen kompatibel sind. Sie sind zukünftig verzichtbar, weil sie nicht zu einer zusätzlichen Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs beitragen“, heißt es dazu auf der Seite des Bundesdrogenbeauftragten.

Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen.

Einstellung von Digitoxin-Produkten von Merck 

Seit September 2022 sind Digitoxin-Tabletten von Merck nicht lieferbar. Zum 01. Januar 2023 wurden die Digimerck Produkte nun gänzlich eingestellt. Betroffen sind nicht nur die Tabletten, sondern auch die Injektionslösungen.

Mehr als 45 neue potenzielle Medikamente für die EU 

Laut dem Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland (vfa) dürften im neuen Jahr mehr als 45 neue Medikamente für die Einführung in EU-Ländern in Betracht kommen. Rund ein Drittel machen dabei Arzneimittel gegen Krebserkrankungen (wie Kinasehemmer oder bifunktionale Antikörper) aus. Ein Fünftel der Medikamente mit neuem Wirkstoff dient der Bekämpfung von Infektionskrankheiten (z. B. RSV, COVID-19, HIV, Dengue-Fieber). Diese Zahlen ergäben sich aus den beantragten oder kürzlich erteilten EU-Zulassungen.

Allerdings sei noch unklar, welche Arzneimittel davon auch in Deutschland dauerhaft zur Verfügung stehen werden. Denn laut vfa stellt das neue GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seinen weitgreifenden Rabattforderungen und Preisvorgaben eine Hürde dar. „Es ist offen, welche Medikamente tatsächlich eingeführt werden und auch nach den Preisverhandlungen als Therapieoptionen verfügbar bleiben“, sagt Han Steutel, Präsident des vfa.

Krankschreibung künftig elektronisch

Der gelbe Schein für Krankschreibungen ist für gesetzlich Versicherte künftig passé. Denn seit 1. Januar gilt die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): Die Krankenkassen bekommen von nun an die Krankschreibungen direkt von den Arztpraxen übermittelt und stellen sie dann dem jeweiligen Arbeitgeber – auf Anfrage! – zur Verfügung.  Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform entfällt somit. Allerdings sind Arbeitnehmer weiterhin dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber über die Erkrankung sowie die voraussichtliche Dauer zu informieren (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz). Der Arbeitgeber kann daraufhin bei der Krankenkasse die Krankschreibung (meist ab dem Folgetag) abrufen.

Allerdings gilt diese Regelung bislang nur für gesetzlich Versicherte. Zudem erhalten Arbeitnehmer für die eigenen Unterlagen vorerst weiterhin eine Bescheinigung im Papierformat. Diese ist für den Fall von technischen Störungen gut aufzubewahren.

Seit 1. Oktober 2021 wurden die Krankmeldungen bereits von den Arztpraxen an die Krankenkassen übermittelt, die Meldung beim Arbeitgeber oblag bislang aber noch dem Arbeitnehmer.

Übergangsfrist für Auto-Verbandskästen endet 

Seit Anfang 2022 müssen Autofahrer im Verbandskasten zwei medizinische Masken mit sich führen. Allerdings schütze eine Übergangsfrist bislang vor Bußgeldern. Diese endet Ende Januar 2023. Autofahrer, die ab dann ohne Masken erwischt werden, müssen mit einem Bußgeld von fünf Euro rechnen. Fahrzeughalter, die ihr Auto anderen überlassen, müssen in diesem Fall zehn Euro zahlen.

Corona-Impfpflicht für Gesundheitsberufe entfällt   

Die seit März 2022 geltende Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen fiel zum Jahreswechsel weg. Damit müssen (neu) Beschäftigte keinen Impfnachweis mehr vorlegen.

Grund für die Streichung der Regel sei, dass trotz Impfung die Weitergabe des Virus bei den derzeit vorherrschenden Varianten nicht mehr ausgeschlossen werden könne.

Automatisches Betreuungsrecht für Ehepartner 

Zum 1. Januar wurde auch das Betreuungsgesetz geändert. Von nun an werden Ehepartner automatisch zum Bevollmächtigten ihres Partners, sollte dieser selbst keine eigenen gesundheitlichen Entscheidungen mehr treffen können. In diesen Fällen entfällt auch die ärztliche Schweigepflicht gegenüber dem Ehepartner. Eine Vorsorgevollmacht ist dafür nicht mehr nötig.

Mehr Kindergeld 

Das Kindergeld steigt auf einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind. Das bedeutet für das erste und zweite Kind ein Plus von 31 Euro und für das dritte Kind ein Plus von 25 Euro im Monat. 

Energiepauschale für (PTA-)Fachschüler 

Alle Studierenden sowie Fachschüler sollen eine einmalige Energiepauschale in Höhe von 200 Euro erhalten. Maßgeblich für eine Auszahlung ist, dass die Berechtigten am 1. Dezember 2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert beziehungsweise an einer Berufsfachschule angemeldet waren. Anspruch auf die Pauschale haben demnach:

  • Studierende,
  • Schüler in Fachschulklassen, deren Besuch eine berufsqualifizierende Berufsausbildung voraussetzt,
  • Schüler in Berufsfachschulklassen und Fachschulklassen, die in einem mindestens zweijährigen Ausbildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln, sowie
  • Schüler in vergleichbaren Bildungsgängen.

Beantragt werden kann die Pauschale über eine digitale Antragsplattform. Diese wird derzeit von Bund und Ländern entwickelt.

Für Bafög-Empfänger, die nicht mehr zuhause wohnen, soll es Anfang 2023 zudem einen weiteren Heizkostenzuschuss in Höhe von 345 Euro geben.

Festzuschüsse für Zahnersatz angepasst 

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat mit Wirkung zum 1. Januar 2023 die Festzuschüsse für Zahnersatz angepasst: Gegenüber dem Vorjahr kommt es zu einer Erhöhung von jeweils 3,45 Prozent bei den zahntechnischen und zahnärztlichen Leistungen.

Höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung steigt um 0,2 Prozentpunkte auf 2,6 Prozent. Der Beitrag wird je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer getragen. 

Hinweis: Der Beitrag war 2019/2020 in zwei Schritten auf 2,4 Prozent gesunken. Schon damals war jedoch vorgesehen, dass er Anfang 2023 wieder steigt.

Krankenkassenbeiträge steigen

Für Versicherte werden die Krankenkassenbeiträge – momentan im Schnitt bei 15,9 Prozent – um voraussichtlich 0,3 Punkte auf im Schnitt 16,2 Prozent angehoben. 

Änderungen bei Midi-Jobs  

Bei sogenannten Midi-Jobs steigt die Verdienstgrenze. Arbeitnehmer dieser Gruppe dürfen künftig 2.000 Euro statt 1.600 Euro verdienen. Bis zu dieser Grenze gilt, dass Beschäftigte geringere Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. 

Wohngeld: Mehr staatlicher Mietzuschuss

Das Wohngeld steigt um durchschnittlich 190 Euro auf 370 Euro monatlich. Zudem sind deutlich mehr Menschen antragsberechtigt. 

Den staatlichen Mietzuschuss können Haushalte beantragen, die ein eigenes Einkommen beziehen und dennoch wenig Geld haben. Je nach Wohnort sind die Verdienstgrenzen dafür unterschiedlich. In Berlin darf ein Ein-Personen-Haushalt z. B. maximal 1.466 € (netto) verdienen, ein Vier-Personen-Haushalt maximal 3.318 € (netto).

Ob und wie viel Wohngeld man bekommen kann, lässt sich mit dem Wohngeld-Rechner des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen herausfinden.

Aus Hartz IV wird Bürgergeld 

Das Bürgergeld löst das Hartz-IV-System ab. Die Bezüge in der Grundsicherung steigen um mehr als 50 Euro, Alleinstehende erhalten künftig 502 Euro. Wesentliche Teile der Reform treten aber erst zum 1. Juli in Kraft. Die Jobcenter sollen sich dann stärker um Arbeitslose kümmern können. Quellen: PTA-APrV, ApBetrO, PTAG; daz.online;
dpa; vfa; tagesschau.de; finanztip