Aktuelles
6 min merken gemerkt Artikel drucken

Zum Tag der sozialen Medien am 30. Juni: Machen soziale Medien die Psyche krank?

Smartphone-Display zeigt Instagram-Feed
Wenn das „Real Life“ unter der Social-Media-Nutzung leidet, sollte man hellhörig werden. | Bild: Kaspars Grinvalds / AdobeStock

In Bezug auf die Nutzung von Instagram, Facebook & Co. und ihre negativen Folgen auf die psychische Gesundheit herrschen viele Stereotypen. Es gibt zahlreiche pauschalisierende Aussagen, dass die Nutzung der sozialen Medien zu Aggressivität, Sucht, Schlafstörungen und auch Depressionen führt. Aber wie ist die Studienlage dazu?

Macht Social Media psychische Probleme?

Die Wirkung von Social Media & Internet wird im Bereich der Cyberpsychologie untersucht. Es existieren bereits sehr viele Studien dazu und genauso viele unterschiedliche Aussagen. Es besteht zwar ein bestätigter Zusammenhang zwischen der häufigen Nutzung und Depressionen, allerdings sind Richtung und Ursache noch unklar: Ist die Nutzung die Ursache für die psychischen Probleme, sind die psychischen Probleme der Grund für eine verstärkte Nutzung oder spielen vielleicht noch ganz andere persönliche Faktoren dabei eine Rolle?

Die Antwort auf die Frage konnte bisher nicht eindeutig von der Wissenschaft geklärt werden, denn die Tatsache, dass das Internet tagtäglich von den meisten Menschen sowohl in schulischen, privaten als auch beruflichen Kontexten genutzt wird, macht eine Ursachenzuschreibung sehr schwer. Schließlich sind nicht alle Nutzer der Social-Media-Plattformen grundsätzlich depressiv, aggressiv, psychisch erkrankt oder leiden unter Schlafstörungen.  

Depression und psychische Erkrankungen sind generell nicht auf eine einzige Ursache oder einen einzigen Auslöser zurückzuführen. Diverse körperliche und genetische Einflüsse können mit psychischen und psychosozialen Auslösern in Wechselwirkung zusammentreten und einander verstärken. Viele Faktoren könnten daher für die Entstehung der psychischen Beschwerden ursächlich sein.  

Social Media Day am 30. Juni

Am 30. Juni wird jährlich der „Social Media Day“ (Tag der sozialen Medien) begangen. Der Social Media Day wurde erstmals 2010 von der Online-Plattform Mashable ins Leben gerufen, um das globale Phänomen der sozialen Medien zu würdigen.

Am Social Media Day finden in vielen Städten weltweit Veranstaltungen, Konferenzen und Treffen statt, bei denen Menschen zusammenkommen, um über die Auswirkungen und Möglichkeiten sozialer Medien zu diskutieren. Es ist auch eine Gelegenheit, die Vorteile und Herausforderungen der sozialen Medien zu reflektieren und bewusst mit ihnen umzugehen.

Soziale Medien ermöglichen sozialen Vergleich

Menschen neigen dazu, sich mit anderen zu vergleichen, um eigene Meinungen und Werte einzuschätzen sowie das eigene Verhalten, Leistungen oder Probleme zu beurteilen. Dieses ist eine natürliche Gegebenheit und per se nicht schlecht. 

Es kommt allerdings darauf an, mit wem und wie sich eine Person mit einer anderen vergleicht. Handelt es sich um einen Aufwärtsvergleich – also einen Vergleich mit Personen, die in bestimmten Aspekten besser gestellt sind – oder um einen Abwärtsvergleich mit Personen, denen es in irgendeiner Form schlechter geht als einem selbst?  

Die Art des Vergleichs kann einen Einfluss darauf haben, ob sich die Nutzung der sozialen Medien positiv oder negativ auf die eigene Stimmung auswirkt. Negative Vergleiche in Form von Neid auf Leistung, Aussehen oder Materielles können den Selbstwert mindern und auf Dauer unzufrieden und folglich depressiv machen sowie Essstörungen begünstigen

Positive Vergleiche mit anderen Menschen können demgegenüber inspirieren, zu besseren Leistungen anspornen, zu neuen Aufgaben motivieren und neue Perspektiven eröffnen. Der Vergleich mit anderen kann deshalb konstruktiv sein und die Stimmung verbessern, er kann aber auch destruktiv sein und dadurch deprimierend wirken.  

Virtuelle Kommunikation hilft beim Stressmanagement 

Ein Austausch über soziale Netzwerke ist nicht nur alltäglich und zeitgemäß, sondern auch unkompliziert. Soziale Medien helfen den Nutzern neben dem Zugriff auf Informationen und Wissen, mit vielen Gleichgesinnten in Verbindung zu bleiben und neue Menschen kennenzulernen. 

Hinzu kommt, dass virtuelle Kommunikation via soziale Netzwerke die Folgen der psychischen Belastung im beruflichen Leben sehr effektiv abpuffern kann, sie ermöglicht den Blick nach außen und fördert eine gewisse Personal- und Persönlichkeitsentwicklung. 

Exzessive Handynutzung kann krank machen

Die dauerhafte Beschäftigung mit dem Smartphone kann zu Problemen am Arbeitsplatz und zwischenmenschlichen Konflikten führen. Sobald ein Gespräch mit dem Partner oder das fokussierte Arbeiten nicht mehr möglich sind, weil dauerhaft Benachrichtigungen am Handy gecheckt und Nachrichten verschickt werden, über den Bildschirm gescrollt und irgendwo im Netz etwas gepostet wird, sprechen Psychologen von Phubbing (= Kombination aus den englischen Begriffen phone = Telefon und snubbing = jemanden vor den Kopf stoßen). Phubbing kann soziale Interaktionen und Beziehungen beeinträchtigen, von der Arbeit ablenken und dadurch langfristig die Partnerschaft und den Job gefährden.  

Auch Phobien und Ängste, die im Zusammenhang mit der Smartphone-Nutzung auftreten können, beeinträchtigen – wie Angststörungen generell – das Leben enorm. Dauerhafte Verfügbarkeit und Handy-Gebrauch können z. B. zur sogenannten Nomophobie führen. 

Nomophobie ist die Panik, die auftreten kann, wenn das Handy nicht benutzt werden kann („no mobile“). Unehrlichkeit anderen gegenüber bezüglich der eigenen Smartphone-Nutzung, ein exzessiver Gebrauch trotz des Bewusstseins über die negativen Konsequenzen sowie körperliche Symptome wie Unruhe, Nervosität, Herzrasen, wenn das Handy nicht benutzt werden kann, sind Hinweise auf eine solche Angststörung.  

Sowohl Ängste, berufliche Probleme als auch partnerschaftliche Konflikte können irgendwann zu depressiven Erkrankungen führen.

Gesundes Maß bei Social-Media-Nutzung wählen

Social-Media-Nutzung kann nach dem Stand der heutigen Forschung nicht als alleinige Ursache für die Entstehung von Depressionen betrachtet werden. Interaktion mit Social-Media-Kanälen kann sowohl eine psychische Ressource als auch eine Belastung darstellen. 

Wie bei allen Sachen im Leben kommt es auch bei Social-Media- und Internetnutzung auf ein gesundes Maß an. Die Nutzung des Handys sollte daher kritisch beurteilt werden, wenn sich psychische Beschwerden einschleichen, denn sie könnte ein möglicher Auslöser für eine bedrückte Stimmung sein.

Vorsicht ist auf jeden Fall dann angebracht, wenn die Welt sich nur „virtuell dreht“: Schwinden Kontakte im realen Leben, führt die Nutzung zu Problemen in der Beziehung, fehlt aufgrund der Online-Nutzung Zeit für Hobbys und Verpflichtungen oder verliert man langfristige Ziele aus den Augen – könnten dies bereits Anzeichen einer gewissen Abhängigkeit sein. Quellen:
https://econtent.hogrefe.com/doi/full/10.1026/0033-3042/a000304];
https://www.cureus.com/articles/31508-social-media-use-and-its-connection-to-mental-health-a-systematic-review#!/