Aktuelles
3 min merken gemerkt Artikel drucken

Welche Arzneimittel beeinflussen das Durstgefühl?

Seniorin trinkt aus Wasserglas
Auch wenn man keinen Durst verspürt, sollte man besonders im Sommer ausreichend trinken. | Bild: contrastwerkstatt / AdobeStock

Die immer heißeren Sommer gefährden zunehmend die Gesundheit der Deutschen. Adäquate Maßnahmen zum Schutz insbesondere von Risikogruppen sind in Deutschland aber Mangelware. 

Die Pharmacists for Future – eine Initiative des VdPP (Verein demokratischer Pharmazeuten) – machte in einer Pressemeldung auf die Bedeutung der Apotheken für den Hitzeschutz aufmerksam: „Die Apotheke vor Ort ist dabei ein besonders wichtiger Beratungspartner für die Menschen, um gerade Ältere oder chronisch Kranke zu erreichen und präventiv zu beraten.“ 

Sie forderten Apotheken daher auf, ihre Patienten zum Thema Hitze zu beraten und aufzuklären. Aber wie? Antworten auf diese Frage gab Dr. Verena Stahl in ihrem Vortrag auf der INTERPHARM 2023. Hierbei ging sie unter anderem auf das Zusammenspiel von Hitze, Arzneimitteln und dem Flüssigkeitshaushalt ein.

Welche Arzneimittel hemmen das Durstgefühl?

So wies Stahl darauf hin, dass eine Reihe von Arzneimitteln das natürliche Durstgefühl hemmt. Dazu zählen unter anderem

  • Neuroleptika, vor allem atypische wie Clozapin und Risperidon,
  • ACE-Hemmer (in hohen Dosen),
  • Sartane,
  • selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI),
  • Carbamazepin und
  • Parkinson-Mittel.

Patienten, die diese Arzneimittel einnehmen, laufen bei hohen Temperaturen Gefahr, das regelmäßige Trinken zu vernachlässigen.

Bei Hitze: Besondere Vorsicht mit Diuretika

Wichtige Risikofaktoren für hitzeschlagassoziierte Todesfälle und Morbidität sind Elektrolytstörungen, Hypovolämie (Volumenmangel) und Dehydratation. Elektrolytstörungen können prinzipiell unter allen Diuretika auftreten. Allgemein verstärken sie die Neigung zur Hypovolämie und in Kombination mit SSRI auch die Tendenz zur Hyponatriämie (Natriumkonzentration im Blut < 135 mmol/l). 

Welche gesundheitlichen Gefahren können dann auftreten?

  • Schon ein geringer Flüssigkeitsmangel kann Symptome wie Müdigkeit oder Verwirrtheit verursachen. Als Folge der Verdickung des Blutes (sog. Hämokonzentration) kann es – insbesondere bei vorliegenden Venenerkrankungen oder bei älteren Patienten – zu Thrombosen und Embolien kommen.
  • Ein Flüssigkeitsmangel kann von heute auf morgen zum akuten Nierenversagen führen, insbesondere dann, wenn die Nieren durch Komedikation von NSAR und ACE-Hemmern schon belastet sind.
  • Die gleichzeitige Medikation von Antihypertensiva und Vasodilatatoren (Ca-Antagonisten, Nitrate) kann zu Blutdruckabfall, kurzzeitigem Verlust des Bewusstseins (Synkope) bis hin zu Kreislaufkollaps mit Sturzgefahr führen.

Bei Patienten, die Diuretika einnehmen, sollten Blutdruck, Gewicht und Urin regelmäßig überwacht und auf Zeichen von Austrocknung geachtet werden. Im Zweifelsfall sollte Flüssigkeit substituiert werden.

Elektrolyte und Nierenfunktion, vor allem Serumspiegel von Natrium und Kalium, sollten regelmäßig kontrolliert werden. Gegebenenfalls sollte die Diuretika-Dosis nach ärztlicher Anordnung vorübergehend reduziert oder ganz ausgesetzt werden.

Diese Arzneimittel reduzieren die Schweißbildung

Durch die Weitstellung von Blutgefäßen und die Absonderung von Schweiß (Transpiration) wird der Körper gekühlt. Beide Mechanismen werden zentral gesteuert, unter anderem im Hypothalamus. Die Schweißdrüsen werden dabei über Acetylcholin-Rezeptoren angeregt.

Deutlich wird dies bei den Atropin-Neben­wirkungen, zu denen rote, heiße und trockene Haut, Mundtrockenheit und Temperaturanstieg zählen. „Anticholinerge Wirkungen haben zahlreiche, für ein breites Indikationsspektrum eingesetzte Arzneimittel, an die man a priori nicht so schnell denkt“, brachte Stahl in Erinnerung. Auch anticholinerg behandelte Patienten sollten also im Blick behalten werden.