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Die Deutsche Aidshilfe wird 40

Jubiläumsfeier Deutsche Aidshilfe
Die Jubiläumsfeier der Deutschen Aidshilfe moderierten Pressesprecher Holger Wicht (links) und Berliner Dragqueen Barbie Breakout. | Bild: Brigitte Dummer / Deutsche Aidshilfe

Schon zu ihrer Gründung am 23. September 1983 sollte die Deutsche Aidshilfe (DAH) mehr sein, als eine erste Anlaufstelle für Betroffene. Von der Sterbebegleitung bis zur Sexualpädagogik: Die Aufgaben des Verbandes sind vielfältig. 

Als die Deutsche Aidshilfe gegründet wurde, galt eine HIV-Infektion noch als Todesurteil. Heute ist Aids gut behandelbar. Dennoch ist die Arbeit des Vereins noch nicht getan.

Jubiläumsfeier in Berlin

Zu ihrem 40. Geburtstag lud die Deutsche Aidshilfe nun am 19. Oktober 2023 Unterstützer, Prominente und Mitarbeiter ein, um gemeinsam auf das zurückzublicken, was bereits erreicht wurde. Moderiert wurde das Abendprogramm von Pressesprecher Holger Wicht und der Berliner Dragqueen und HIV-Aktivistin Barbie Breakout.

Breakout, die selbst HIV-positiv ist, eröffnete den Abend mit emotionalen Dankesworten an den Verein. „Was ihr leistet, ist enorm wichtig“, sagte sie. „Ohne euch wären viele von uns – mich eingeschlossen – heute nicht hier.“

Apotheken können zur Entstigmatisierung beitragen

Gründungsmitglied Stefan Reiß gab einen kurzen Überblick über die Geschichte der DAH, die heute 115 Mitgliedsorganisationen in Deutschland zählt. „Wir hätten niemals gedacht, dass das so groß wird“, sagte Reiß. 

Neben den Erfolgen berichtete er aber auch von Bedenken und Problemen, denen man damals begegnete. Laut Vorstandsmitglied Ulf Kristal ist die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen auch heute noch harte Realität. Immer noch erleben viele von ihnen Diskriminierung und Vorurteile im Alltag. Durch Aufklärung und Gespräche könne aber viel erreicht werden.

Pressesprecher Wicht verriet gegenüber PTAheute.de, welche Rolle Apotheken bei der Versorgung und Betreuung HIV-positiver Menschen spielen. „Menschen mit HIV wollen nicht schräg angesehen werden, wenn sie ihre Medikamente in der Apotheke abholen. Das können sehr persönliche Momente sein. Und wenn das auf eine solidarische und zugewandte Weise passiert, kann das sehr wertvoll sein. Chronisch Kranke wissen ihre Apotheke sehr zu schätzen.“

Er verwies auf die Vereinigung HIV-kompetenter Apotheken, mit denen auch die Deutsche Aidshilfe immer wieder zusammenarbeitet, um sich über neue Therapien oder aktuelle Lieferbedingungen zu informieren. Sein Fazit: 

„[HIV-positive] Patienten wollen ernst genommen werden und mit großer fachlicher Kompetenz beraten werden. Das leisten die Apotheken.“

Holger Wicht, Pressesprecher Deutsche Aidshilfe

Preisverleihung für strukturelle Prävention

Im Rahmen des Events fand auch die Verleihung des Hans-Peter-Hauschild-Preises 2023 statt. Mit dieser Auszeichnung sollen besondere Verdienste um die strukturelle Prävention gewürdigt werden. 

Das Konzept der strukturellen Prävention beruht auf dem Ansatz, dass das Verhalten von Menschen auch von den Verhältnissen abhängt, in denen sie leben, und dass Prävention deshalb auch Strukturen ändern oder schaffen muss. Mit dem Hans-Peter-Hauschild-Preis will die DAH das Augenmerk auf diese Grundlage ihrer Arbeit richten und zeigen, wie sie heute wirkt und umgesetzt wird.

Gut zu wissen: Wer war Hans Peter Hauschild?

Hans Peter Hauschild (1954–2003) war Diplom-Pädagoge, engagierte sich in der Schwulenbewegung, und baute die Aids-Hilfe Frankfurt auf. Dort war er bis 1988 als Geschäftsführer tätig, außerdem war er Mitglied im Landesvorstand der Aids-Hilfe Hessen. Von 1990 bis zu seinem Tod war er DAH-Vorstandsmitglied. „Politik und Sexualität gehörten für ihn von der Sache her selbstverständlich zusammen, und in diesem Sinn hat er die Deutsche AIDS-Hilfe nachhaltig geprägt“, so die DAH. Quelle: https://wusstensie.aidshilfe.de/de/hans-peter-hauschild 

Aids-Hilfe Emsland
Die Aids-Hilfe Emsland erhält Ehrenpreis. | Bild Brigitte Dummer

In diesem Jahr hat die DAH die AIDS-Hilfe Emsland für ihre Präventions- und Beratungsarbeit für Inhaftierte mit dem Hans-Peter-Hauschild-Preis 2023 ausgezeichnet. In der Laudatio hervorgehoben wurde das eigens entwickelte, innovative Konzept „Gesundheit in Haft“. 

Das Projekt bietet Inhaftierten in einem langfristigen Programm die Möglichkeit, sich über Drogenkonsum, Sexualität, Schutzmöglichkeiten und gesundheitliche Fragen, aber auch persönliche und psychische Probleme auszutauschen und so Stabilität und Resilienz auch für die Zeit nach der Haft zu entwickeln. Über die Jahre konnte so, unterstützt vom Justizsystem, mit den Strafgefangenen ein für die Prävention und Versorgung der Inhaftierten entscheidendes Vertrauensverhältnis aufgebaut werden.

Munich Kyiv Queer
Auch Munich Kyiv Queer erhielt die Auszeichnung. Bild: Brigitte Dummer

Außerdem wurde Munich Kyiv Queer mit dem Ehrenpreis für seinen bereits seit über zehn Jahren währenden intensiven Einsatz für queere Menschen in der Ukraine ausgezeichnet. Die Kontaktgruppe und Hilfsorganisation versteht sich als Schnittstelle zwischen der Münchner Szene sowie der Szene in Kyiv und anderen ukrainischen Städten. 

Sie unterstützt insbesondere verschiedene Organisationen bei der HIV-Prävention. Durch die bereits bestehende gute Vernetzung gelang es Munich Kyiv Queer nach Beginn des russischen Angriffskrieges, queeren Menschen in der Ukraine schnelle und passgenaue Hilfe zukommen zu lassen.

Ehrenmitgliedschaft für Peter Stuhlmüller

Peter Stuhlmüller
Peter Stuhlmüller ist Ehrenmitglied der Deutschen Aidshilfe. | Bild: Brigitte Dummer

Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Peter Stuhlmüller. Fast 35 Jahre hat Stuhlmüller seine Arbeit der Deutschen Aidshilfe gewidmet. Als Geschäftsführer und Projektkoordinator wurde er zum Hauptansprechpartner der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) und damit zum Scharnier zwischen diesen beiden Seiten und zu einem Garanten für eine verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit. In seinem Sinne möchte die Deutsche Aidshilfe ihre Arbeitshilfe auch in den nächsten Jahren fortsetzen.