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Medizinprodukte: Neue Regelungen geplant

Frau misst ihren Blutdruck am Esstisch
Die regelmäßige messtechnische Kontrolle für Blutdruckmessgeräte soll abgeschafft werden. | Bild: ijeab / AdobeStock

Anfang November hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vorgelegt. 

Mit der Verordnung sollen sowohl die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) als auch die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) geändert werden. Vorausgegangen war eine Bewertung der Vorschriften – und die kam zu dem Ergebnis, dass es einigen Anpassungsbedarf gibt. 

Angesichts der zunehmenden Digitalisierung bedürfe es entsprechend zugeschnittener Regelungen, heißt es im Entwurf. Im Wesentlichen gehe es um Deregulierung und Entbürokratisierung.

Neue Begriffe in der MPBetreibV

So sollen in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zunächst einige Begrifflichkeiten geändert werden: Statt vom „Betreiber“ ist im Entwurf die Rede von der „verantwortlichen Person“. Und der „Anwender“ soll zum „Benutzer“ werden. Es wird auch nicht mehr beständig vom „Medizinprodukt“ gesprochen, sondern nur noch vom „Produkt“. 

Inhaltlich geht es unter anderem darum, den Dokumentations- und Prüfaufwand bei risikoarmen, durch die Krankenkassen bereitgestellten Produkten zu reduzieren. Für Produkte in Form einer Software mit erhöhtem Risikopotenzial sollen hingegen Prüfvorgaben eingeführt werden.

Abgabebeschränkungen für Laientests sollen aufgehoben werden

In der Medizinprodukte-Abgabeverordnung soll die Abgabebeschränkung für In-vitro-Diagnostika (IVD) zur Laienanwendung aufgehoben werden. Konkret sollen die Absätze 4 bis 5 von § 3 MPAV gestrichen werden sowie die Anlage 3, die die Ausnahmen von den derzeit noch gültigen Abgabebeschränkungen vorsieht (IVD zur Eigenanwendung zum Nachweis von HIV-Infektionen, SARS-CoV-2, Influenza- sowie RSV-Viren). 

Diese Beschränkungen seien „in sachlicher und rechtlicher Hinsicht nicht mehr gerechtfertigt“. Erfahrungen sammelte man in der Corona-Pandemie – hier sah man die Vorteile durch die Selbsttests die Gefahr fehlerhafter Interpretationen der Testergebnisse überwiegen. 

ABDA kritisiert geplante Pflichtenübertragung 

Zu letzterem Punkt hat die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMG keine Anmerkungen. Dafür umso mehr zu den beabsichtigten Änderungen in der Betreiberverordnung. 

Zwar begrüßt die Standesvertretung grundsätzlich, dass eine Entbürokratisierung angestrebt ist. Aber sie hadert insbesondere mit einer Regelung, die eine gesetzliche Übertragung der Betreiberpflichten (künftig: Pflichten der „verantwortlichen Person“) von den Krankenkassen auf die Leistungserbringer vorsieht.

Bislang regelt § 3 Abs. 2 MPBetreibV, dass die Pflichten eines „Betreibers“ auf die Krankenkassen ausgedehnt werden. Wie die ABDA in ihrer Stellungnahme ausführt, begründete der Verordnungsgeber diese Regelung seinerzeit damit, dass es im Interesse der Versicherten liege, wenn die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie die privaten Krankenversicherungen die Betreiberpflichten übernähmen – selbst wenn sie gar keine tatsächliche Sachherrschaft für die Produkte haben. 

Zugleich wurde ermöglicht, die Pflichten vertraglich auf den versorgenden Leistungserbringer als Dritten zu übertragen. Doch dieser Ansatz soll nun aufgegeben werden. 

Pflichtenübertragung auf Apotheken erzeugt Mehraufwand

Die Pflichten der nunmehr „verantwortlichen Person“ sollen vielmehr kraft gesetzlicher Anordnung auf den versorgenden Dritten, also etwa auch Apotheken, die die Produkte bereitstellen, übertragen werden. 

Eine Begründung, warum Versicherte nun nicht mehr daran interessiert sein sollen, dass die Krankenkasse Betreiber bzw. verantwortliche Person ist, findet sich im Verordnungsentwurf nicht, moniert die ABDA. Dort ist jedoch zu lesen, dass die versorgenden Vertragspartner der Kassen eine größere Sachnähe hätten und die Aufgaben vollumfassend erfüllen könnten. Die Kassen hätten als Kostenträger zu überwachen, dass diese Aufgaben erfüllt werden, heißt es in der Begründung.

Die ABDA lehnt diese Änderung rundweg ab. „Die Regelung ist systematisch verfehlt, wirft erhebliche rechtliche Unsicherheiten auf und ist insbesondere für Apotheken, die im Rahmen der GKV Versicherte mit Medizinprodukten versorgen, mit einer erheblichen Aufwandserweiterung verbunden“, erklärt sie unter anderem.

Blutdruckmessgeräte: keine messtechnischen Kontrollen mehr

Es gibt aber auch aus Sicht der ABDA Positives im Verordnungsentwurf. So sind derzeit Krankenkassen, Pflegekassen und private Krankenversicherungsunternehmen verpflichtet, messtechnische Kontrollen für Produkte der Anlage 2 durchzuführen oder durchführen zu lassen. 

Diese Anlage umfasst auch Blutdruckmessgeräte – und für die soll es künftig eine Ausnahme geben. Dazu konstatiert der Verordnungsgeber nur: Solche Geräte, die der Hersteller für die Anwendung durch Laien vorsieht, würden im Jahr tausendfach durch die betroffenen Personen an Patienten abgegeben. Der Kostenfaktor einer messtechnischen Kontrolle sei im Verhältnis zum Anschaffungswert eines neuen Blutdruckmessgeräts unverhältnismäßig hoch. Die betroffenen Unternehmen sähen sich daher gezwungen, die Blutdruckmessgeräte alle zwei Jahre auszutauschen – mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun.

Das kann die ABDA nur unterstreichen. Sie weist allerdings darauf hin, dass die Argumentation des BMG auch auf weitere Medizinprodukte, etwa halb- oder vollautomatische Insulinpens, zutrifft. Daher hält es die ABDA für sachgerecht, dass die Ausnahmeregelung um diese und weitere betroffene Medizinprodukte ergänzt wird.