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Lichen sclerosus: eine verkannte Hauterkrankung

Lichen sclerosus (LS) ist eine chronische Hauterkrankung, die hauptsächlich den äußeren Genitalbereich betrifft. Sie ist in der Regel mit Beschwerden wie Juckreiz, Schmerzen und Hautveränderungen verbunden und tritt besonders bei Frauen auf – Männer und Kinder können aber auch betroffen sein. Aus mangelnder Behandlung können Vernarbungen und ein erhöhtes Krebsrisiko entstehen.
Man geht davon aus, dass jede 50. Frau von LS betroffen ist, schätzungsweise sogar noch mehr (bis zu 4 % aller Frauen) – und doch ist die Erkrankung in der Gesellschaft recht unbekannt.
In vielen Fällen wird Lichen sclerosus zu spät diagnostiziert und therapiert. Häufig wird ein chronischer Lichen sclerosus mit rezidivierenden vaginalen Pilzinfektionen verwechselt. Umso wichtiger also, dass auch PTA bei einer Beratung zu Vaginalmykosen Lichen sclerosus immer im Hinterkopf behalten.
Was ist Lichen sclerosus?
LS ist eine entzündliche Hauterkrankung mit chronischem Verlauf, die vor allem an den äußeren Genitalien auftritt. Selten (in circa 15 % der Fälle) kann sie jedoch auch an anderen Körperstellen wie der Unterbrustfalte oder am Rücken zum Vorschein kommen.
Besonders Frauen im mittleren Alter, rund um die Menopause, sind davon betroffen. Die Erkrankung ist nicht ansteckend und hat nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Wahrscheinlich hat LS ihre Ursache in einer Autoimmunreaktion (eine familiäre Häufung hierbei ist zu verzeichnen), bei der das Immunsystem körpereigene Hautzellen angreift.
Dadurch kommt es zu einer fortschreitenden Verdünnung und Narbenbildung der Haut. Erkennbar sind diese häufig an weißlichen Narben und Flecken sowie Knötchen an Vulva und Scheideneingang. Man spricht dabei von Hyperkeratose und Sklerose.
Diese können zu großen Flächen (Plaques) zusammenfließen. Neben Juckreiz und Brennen können Schmerzen vor allem beim Geschlechtsverkehr auftreten, was Partnerschaft und Psyche nachhaltig beeinträchtigen kann.
Welche Symptome zeigen sich bei Lichen sclerosus?
Die ersten Symptome treten bei den meisten Frauen bereits vor den Wechseljahren auf, verschwinden dann gegebenenfalls für Jahre und führen erst zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) zu Problemen.
Die Symptome von Lichen sclerosus variieren und treten oft schubweise auf. Schubfördernd können Druck auf die Haut, zu starke Reibung, Urinrückstände, Hitzestau/Nässe, mentaler Stress, bestimmte Nahrungsmittel, Biopsien, Traumata, Operationen und Verletzungen im Intimbereich sein.
Symptome und Verlauf bei Frauen:
- Juckreiz und Brennen im Intimbereich
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Probleme beim Wasserlassen
- Hautveränderungen wie weißliche Flecken und pergamentartige Haut
- Einreißen der Haut, das teilweise durch unbewusstes Kratzen entsteht
- Verklebungen und Narbenbildung an den Vulvalippen
Symptome bei Männern:
- weißliche, verhärtete Stellen an Vorhaut und Eichel
- Vorhautverengung
- Probleme beim Wasserlassen
- schmerzhafte Erektionen
Lichen sclerosus: Unbehandelt Ausdehnung auf weitere Areale
Bei inadäquater Behandlung kann es zu einer Verengung der Vaginalöffnung und einer Umstrukturierung der Vulvalippen kommen. In Extremfällen kann es sein, dass die typischen Strukturen des weiblichen Genitals nicht mehr zu erkennen sind.
Unbehandelt besteht außerdem ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs im betroffenen Bereich. Der Lichen sclerosus kann bei beiden Geschlechtern auch den Damm, den Harnröhrenausgang und die Anusregion sowie die Gesäßfalte betreffen.
Diagnose zu Lichen sclerosus häufig erst spät
Die Diagnose wird häufig spät gestellt, da die Symptome mit anderen Hauterkrankungen oder Infektionen verwechselt werden können. Die Diagnoseverzögerung wird auf circa fünf Jahre geschätzt. Eine Biopsie kann, wenn notwendig, zur Bestätigung der Diagnose durchgeführt werden.
Eher sollten Betroffene aber durch regelmäßige Selbstuntersuchungen auf Schleimhautveränderungen achten. Erfahrene Untersucher, also Gynäkologen oder Dermatologen, die mit dem Krankheitsbild vertraut sind, können einen Verdacht meist per Blickdiagnose und Anamnesegespräch bestätigen.
Von welchen Erkrankungen ist Lichen sclerosus abzugrenzen?
Lichen sclerosus kann ähnliche Symptome wie andere Erkrankungen verursachen. Zu den häufigsten Differentialdiagnosen gehören:
- Vulvodynie: Eine oft chronische, funktionelle Schmerzerkrankung der Vulva, bei der die genauen Ursachen meist unklar sind. Vulvodynie verursacht Schmerzen ohne sichtbare Hautveränderungen, während Lichen sclerosus zu sichtbaren Hautveränderungen wie weißen Flecken und Rissen führt. Beide Erkrankungen können jedoch zusammen auftreten, und eine korrekte Diagnose ist entscheidend, um eine geeignete Behandlung zu gewährleisten.
- Andere Formen von Lichen, die ähnliche Hautveränderungen verursachen können: Lichen planus und Lichen simplex chronicum
- Pilz- und Blaseninfektionen: Können ebenfalls Juckreiz und Schmerzen im Genitalbereich verursachen, führen jedoch nicht zu sichtbaren Hautveränderungen. Anders als bei einem Vaginalpilz tritt bei LS kein Ausfluss aus.
- Vulvovaginale Atrophie: Tritt häufig in den Wechseljahren auf und führt zu Schmerzen durch Hautverdünnung und Trockenheit, unterscheidet sich jedoch von Lichen sclerosus durch das Fehlen von weißen Flecken und Narbenbildung.
Wie wird Lichen sclerosus behandelt?
Lichen sclerosus ist zwar nicht heilbar, aber mit der richtigen Behandlung gut kontrollierbar. Die Anwendung von glucocorticoidhaltigen Cremes und Salben ist besonders während eines akuten Schubs die wichtigste Therapie, um Entzündungen zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
Auch nach Abklingen der akuten Symptome kommen cortisonhaltige Cremes als Langzeitbehandlung regelmäßig (ein bis zweimal wöchentlich) zum Einsatz, um ein erneutes Ausbrechen möglichst zu verhindern (Erhaltungstherapie). In schwereren Fällen können auch Calcineurinhemmer wie Tacrolimus eingesetzt werden.
Eine regelmäßige Pflege mit fettreichen und feuchtigkeitsspendenden Produkten unterstützt die Heilung und schützt die Haut. Für Betroffene von Lichen sclerosus gehört die Anwendung von geeigneten Pflegen zur täglichen Routine. Derzeit werden solche essenziellen Pflegeprodukte im Regelfall nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Bei Männern bringt eine vollständige Beschneidung (Zirkumzision) der Vorhaut oft Linderung und auch bei Frauen sind operative Eingriffe oder Laserbehandlungen möglich und können die Symptome von LS reduzieren, sollten allerdings nicht leichtfertig, sondern mit Bedacht eingesetzt werden.
Unterstützend können folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Dehnen der Vorhaut oder des Scheideneingangs
- Physiotherapie zur Lockerung des Beckenbodens kann Verspannungen lösen und Schmerzen verringern.
- Eine Ernährungsumstellung kann Symptome lindern (entzündungshemmende Ernährung, gesund, ausgewogen).
- immununterstützende Maßnahmen: wenig Alkohol/Nikotin, Bewegung, guter Schlaf, Stressreduktion
Betroffene setzen sich für Aufklärung und Information ein
Lichen sclerosus ist eine ernstzunehmende Hauterkrankung, die gut behandelbar ist, wenn sie frühzeitig erkannt wird. Die richtige Diagnose und eine konsequente Therapie sind entscheidend, um die Symptome zu kontrollieren und Komplikationen wie Hautschäden und das erhöhte Risiko für Vulvakrebs zu vermeiden.
Da es andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen im Genitalbereich gibt, ist es wichtig, korrekt zu differenzieren und individuell zu behandeln. Für Erkrankte gibt es spezielle Selbsthilfegruppen und Vereine (z. B. der Verein Lichen Sclerosus), die sich für eine flächendeckende Aufklärung, das Informieren und Austauschen über LS starkmachen. Quellen
https://www.lichensclerosus.ch/de/home (Verein)
https://deumavan.com/news/der-lichen-sclerosus/
https://www.aerzteblatt.de/archiv/lichen-sclerosus-beratungsanlass-diagnose-und-therapeutisches-procedere-19d95b9c-782c-4548-975a-e57ef73686f5