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Vaginale Atrophie – jede Frau kann es betreffen

Mit Beginn der Wechseljahre (Klimakterium) fallen die Estrogenspiegel – diese natürliche Tatsache müssen Frauen akzeptieren. Nicht abfinden müssen sie sich jedoch mit den Beschwerden, die mit der nachlassenden und zum Erliegen kommenden Funktion ihrer Eierstöcke (Ovarien) einhergehen.
Dennoch tun dies offenbar viele – weil sie kein Wissen um die Ursache und Behandlungsmöglichkeiten ihrer Beschwerden haben oder sich schlicht scheuen, diese beim Frauenarzt oder in der Apotheke anzusprechen.
Vaginale Atrophie: Eine Folge des Estrogenmangels
Durch einen Estrogenmangel kommt es mit Beginn der Wechseljahre (Menopause) zu Veränderungen des Urogenitaltrakts: Die Schleimhaut der Zervix (Gebärmutterhals) und das Epithel von Scheide (Vagina) und Vulva werden dünner und dadurch leichter verletzlich. Die Falten in der Vagina verstreichen, die Scheidenwand wird glatter und die Durchblutung nimmt ab.
Fehlt Estrogen, fehlt auch ein wichtiger Stimulus für die Bildung von Kollagenfasern, die für die Elastizität des Bindegewebes in der Scheidenwand verantwortlich sind.
Der Gewebeschwund von Vagina und Vulva wird auch als vaginale bzw. vulvovaginale Atrophie bezeichnet. Zu den häufigsten Symptomen gehören
- Scheidentrockenheit,
- vaginaler Juckreiz,
- Schleimhautreizungen und -irritationen,
- Brennen und Schmerzen,
- Ausfluss sowie
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
Letzteres lässt sich dadurch erklären, dass sich durch die niedrigen Estrogenspiegel die sexuelle Erregbarkeit der Frau reduziert und damit auch die Lubrikation (das Feuchtwerden) der Scheide. Die Folge: Die Gleitfähigkeit der Vagina nimmt ab oder bleibt aus, was – in Kombination mit der dünneren Scheidenwand – die Penetration noch schmerzhafter macht als bei jungen Frauen, die „nur“ eine trockene Scheide haben.
Gut zu wissen: Was ist das Urogenitale Menopausensyndrom?
Die gesamten durch den Estrogenmangel und die Abnahme anderer Sexualhormone bedingten Veränderungen und Symptome des weiblichen Urogenitaltrakts nennt man „Genitourinary Syndrome of Menopause“ (GSM) oder „Urogenitales Menopausensyndrom“.
Die Veränderungen betreffen die großen und kleinen Schamlippen, den Scheideneingang, die Klitoris, das Vestibulum, die Vagina, Harnröhre und Blase. Die vaginale Atrophie ist folglich nur ein Teil der estrogenmangelbedingten Symptome.
Erst 2014 wurde GSM als Symptomkomplex geprägt, da sich die verschiedenen Beschwerden so genauer und umfassender beschreiben lassen. Neben genitalen Beschwerden können demnach auch Harndrang, häufiges und nächtliches Wasserlassen, Inkontinenz und wiederkehrende Harnwegsinfektionen auftreten.
Vaginale Atrophie: Großteil der Frauen nach der Menopause betroffen
In den ersten Jahren nach Ausbleiben der Menstruation sind die Veränderungen an der Vaginalschleimhaut noch nicht sehr ausgeprägt. Nur bei 4 Prozent der Frauen zeigt sich die vaginale Atrophie bereits klinisch.
Die atrophischen Veränderungen an der Vaginalschleimhaut (und des Urogenitaltrakts) nehmen allerdings mit den Jahren und dem zunehmenden Estrogenmangel zu, sodass sieben bis zehn Jahre nach der Menopause fast 50 Prozent der Frauen eine atrophische Vagina aufweisen. Später seien es 73 bis 75 Prozent der Frauen, wobei sich der Großteil davon mit seinen Beschwerden nicht an einen Arzt wendet.
Diese Zahlen zeigen, dass die vaginale Atrophie trotz ihrer Häufigkeit oft unterschätzt wird, obwohl viele Betroffene einen hohen Leidensdruck aufweisen. Das hat zur Folge, dass die meisten Frauen keine passende Therapie erhalten bzw. diese selbst gar nicht in Erwägung ziehen.
Im Beratungsgespräch sollte man deshalb besonders vorsichtig auf potenzielle Symptome einer vaginalen Atrophie eingehen, um den Frauen geeignete Behandlungsmöglichkeiten empfehlen zu können.
PTA: Auf sensibles Beratungsgespräch setzen
Der Apotheke kommt bei der Beratung zu vaginaler Atrophie und den dadurch bedingten Beschwerden keine leichte Aufgabe zu: Die meisten Frauen sprechen ihre Probleme nicht an. Und mit einem proaktiven Beratungsgespräch dürften sich viele Kundinnen ebenfalls überrumpelt fühlen. Bleibt in den meisten Fällen wohl für PTA nur, sensibilisiert zu sein, dass mindestens jede zweite Frau nach der Menopause mit Symptomen einer vaginalen Atrophie zu tun hat.
Bei klassischen Präparaten in den Wechseljahren – beispielsweise mit Traubensilberkerze – sollte nachgefragt werden, ob die Kundin damit auch alle ihre klimakterischen Beschwerden gut in den Griff bekommt. Sollte die Kundin mit der Anwendung in Hinsicht auf andere Symptome wie Hitzewallungen zufrieden sein, aber weiterhin unter vaginaler Trockenheit leiden, können Befeuchtungsmittel (Lubrikanzien) als Ergänzung empfohlen werden.
Bei vaginaler Atrophie Befeuchtungsmittel empfehlen
Da die Behandlung mit befeuchtenden Produkten sicher und leicht umsetzbar ist, kann die Lebensqualität der Betroffenen dadurch deutlich verbessert werden. Frauen, die stark unter den Beschwerden leiden, sollten lokale, hormonfreie Befeuchtungsmittel in Form von Gelen, Cremes oder Vaginalzäpfchen erhalten.
Eingesetzt wird Hyaluronsäure, die beispielsweise in KadeHydro® Befeuchtungsgel vorkommt. Durch die intensive Befeuchtung werden die Symptome bei vaginaler Atrophie verbessert und Reizungen vorgebeugt. Das Gel kann bei Bedarf mehrmals täglich mit einem sauberen Finger auf die Schamlippen und in den Scheideneingang aufgetragen werden. Bei Anwendung am Tag sollte eine Slipeinlage zum Schutz der Kleidung getragen werden.
Weiterhin können Produkte mit den Wirkstoffen Glycerol (z. B. Multigyn® Liquigel) oder pflegenden Lipiden mit Milchsäure (z. B. Lactofem® FeuchtCreme, Remifemin® FeuchtCreme) eingesetzt werden.
Die Autoren der 2020 aktualisierten S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnose und Interventionen“gültig bis: 31.12.2024, derzeit in Überarbeitung empfehlen grundsätzlich allen Frauen mit Beschwerden Befeuchtungsmittel. Teilweise können diese mit Estrogen-haltigen Präparaten kombiniert werden.
Gut zu wissen: Estriol als topische Therapie
Genügt eine reine Behandlung mit Feuchtmitteln (Lubrikanzien) nicht, so können – wenn keine Kontraindikation gegen eine hormonelle Therapie besteht – auch Estrogene vaginal zum Einsatz kommen. Dabei sollte Estriol-haltigen Präparaten der Vorzug vor Estradiol-haltigen Präparaten gewährt werden.
Der Grund: „Bei der vaginal-topischen Anwendung von Estradiol werden mit der Creme pro Gramm 0,1 mg zugeführt, die zu relevanten systemisch wirksamen Estradiolspiegeln führen können. Diese hohen Dosierungen sind zu vermeiden“, begründen die Leitlinienautoren.
Nebenwirkungen einer lokalen Estrioltherapie seien „sehr selten“. Die Leitlinienautoren weisen jedoch darauf hin, dass die Symptome häufig wiederkehrten, wenn die Behandlung beendet wird.
Befeuchtende Intimwaschlotionen zur Pflege
Speziell konzipierte Intimwaschlotionen können bei vaginaler Atrophie empfohlen werden. Sie pflegen die Schleimhaut, beugen Verletzungen aufgrund der Trockenheit vor, lindern Juckreiz, spenden Feuchtigkeit und verhindern die Entstehung von Reizungen.
Geeignet sind z. B. Sagella® poligyn – Comfort 50 Plus mit Kamillenextrakt und Bisabolol oder KadeFemin® Intimwaschlotion mit Hyaluronsäure, Milchsäure und einem speziellen Inhaltsstoff aus dem Hafer.
Befeuchtungsmittel und Gleitgel zum Geschlechtsverkehr empfehlenswert
Frauen, die vor allem beim Geschlechtsverkehr unter vaginaler Atrophie und Trockenheit leiden, können währenddessen ein Gleitgel verwenden. So werden Schmerzen durch vermehrte Reibung vermieden und die Gleitfähigkeit der Vaginalschleimhaut deutlich verbessert.
Sinnvoll ist die Empfehlung eines Befeuchtungsmittels, welches gleichzeitig beim Geschlechtsverkehr angewendet werden kann. Das ist im Alltag besonders praktisch und gibt Kundinnen eine übergreifende Sicherheit für die Anwendung.
Beispiele sind KadeHydro® Befeuchtungsgel, welches zusammen mit einem Kondom angewendet werden darf, sowie Vagisan® FeuchtCreme. Quellen:
- https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2021-01.pdf
- https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6074805/pdf/ijwh-10-387.pdf
- https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/13697137.2018.1446930