In der Apotheke werden PTA mit den unterschiedlichsten Themen konfrontiert. Lesen Sie hier die tagesaktuellen News aus den Bereichen Pharmazie, Forschung, Ernährung, Gesundheit und vielem mehr. Bleiben Sie informiert, um Ihre Kunden stets kompetent zu beraten.
Geburt per Kaiserschnitt: Vorteile und Risiken

Fast jede dritte Geburt in Deutschland ist dem Statistischen Bundesamt zufolge im Jahr 2023 durch einen Kaiserschnitt erfolgt. Dies sei der bislang höchste Wert, teilt das Amt mit. Insgesamt rund 218.000 Frauen hätten auf diese Weise entbunden.
Die Kaiserschnittrate habe 32,6 Prozent erreicht. Binnen 30 Jahren habe sich der Anteil dieser operativen Eingriffe fast verdoppelt. 1993 brachten noch 16,9 Prozent der Frauen ein Kind mit einem Kaiserschnitt zur Welt.
Gründe für einen Kaiserschnitt: Regionale Unterschiede
Statistisch betrachtet hängt die Entscheidung dafür oder dagegen auch damit zusammen, wo man wohnt: Im Vergleich der Bundesländer ist ein deutliches West-Ost-Gefälle erkennbar. 2023 verzeichnete das Statistische Bundesamt im Saarland (36,4 Prozent) und in Hamburg (36,2 Prozent) die höchsten Kaiserschnittraten unter den Entbindungen in Krankenhäusern. In Sachsen und Brandenburg lagen die Anteile im gleichen Jahr mit 25,6 und 29,3 Prozent deutlich niedriger.
Gesellschaftliche und kulturelle Besonderheiten spielen also eine Rolle, so sieht es auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Aber auch die personelle Ausstattung von geburtshilflichen Abteilungen, die Größe eines Krankenhauses und die Erfahrung von Hebammen und Ärzten im Management von Risikosituationen haben Einfluss, so die DGGG und der Deutsche Hebammenverband. Wird eine Frau eins zu eins durch eine Hebamme betreut, ist die Kaiserschnittrate niedriger.
Dem Statistischen Bundesamt zufolge bieten immer weniger Kliniken in Deutschland Geburtshilfe an. 2023 seien dies mit 31,4 Prozent der insgesamt 1.874 Krankenhäuser weniger als ein Drittel gewesen.
Kaiserschnitt aufgrund Risikosuche in Schwangerschaft
Aus Sicht des Deutschen Hebammenverbands beginnt darüber hinaus hierzulande schon während der Schwangerschaft eine Risikoausrichtung.
Während in vielen anderen Ländern der Zustand einer Schwangerschaft zunächst als normal angenommen werde, bis sich etwas anderes zeige, werde hierzulande eher aktiv nach Risiken gesucht, erklärt Andrea Köbke vom Präsidium des Hebammenverbands. „Das ist ein grundsätzlich anderes Mindset, als von einem normalen Zustand auszugehen.“
Gut zu wissen: Wann ist ein Kaiserschnitt medizinisch notwendig?
Zwingend medizinisch notwendig sind Kaiserschnitte der DGGG zufolge etwa bei einer Querlage des Kindes, dem Vorliegen des Mutterkuchens (Plazenta) vor dem inneren Muttermund oder einem Riss der Gebärmutter.
Auch bei einer Präeklampsie und einem Versagen der Plazentafunktion sei ein Kaiserschnitt oft unvermeidbar. Etwa 10 Prozent aller Kaiserschnitte haben laut DGGG einen solchen Hintergrund, eine sogenannte absolute Indikation.
90 Prozent der Kaiserschnitte seien Folge einer relativen Indikation, also aufgrund von Abwägung der Geburtsrisiken für Mutter und Kind.
Darunter fallen demnach auffällige Herztöne des Kindes, ein fehlender Geburtsfortschritt oder ein vorangegangener Kaiserschnitt.
Welche Vorteile bietet ein Kaiserschnitt?
Ein Kaiserschnitt schützt die Mutter langfristig vor Inkontinenz und Problemen mit dem Beckenboden. Allerdings erhöht sich in nachfolgenden Schwangerschaften das Risiko einer Fehl- oder Totgeburt sowie von Komplikationen rund um die Plazenta.
Dies berichten Wissenschaftler nach einer umfassenden Auswertung von Studien zu den physischen Langzeitfolgen von Kaiserschnitten im Vergleich zu vaginalen Geburten. Die Informationen sollen begründete Entscheidungen über die Art der Entbindung ermöglichen und eine angemessene, individuelle Planung der Geburt erleichtern, schreiben die Forscher im Fachblatt „Plos Medicine“.
Welche Nachteile entstehen durch einen Kaiserschnitt?
Für die Mütter ging ein Kaiserschnitt demnach auf lange Sicht mit einem geringeren Risiko einer Harninkontinenz und eines Beckenvorfalls einher, also dem Absenken verschiedener Bauchorgane durch die Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur nach der Geburt.
In nachfolgenden Schwangerschaften müssten Frauen nach einem Kaiserschnitt allerdings mit einem leicht erhöhten Risiko einer Fehl- oder Totgeburt rechnen. Außerdem steige die Gefahr von Problemen rund um die Plazenta, darunter eine Fehllage der Plazenta, Haftungsstörungen oder die vorzeitige Ablösung, berichten die Forscher weiter.
Zudem kann das Stillen anfangs erschwert sein. Die DGGG weist überdies darauf hin, dass es zu Wundheilungsstörungen, Verwachsungen und Narbenbildung am Unterbauch und an der Gebärmutter kommen kann.
Die Forscher untersuchten für ihre Studie auch die Langzeitfolgen für die per Kaiserschnitt geborenen Babys: Diese hatten bis zum Alter von 12 Jahren ein erhöhtes Risiko für Asthma und bis zum Alter von 5 Jahren ein erhöhtes Risiko, starkes Übergewicht zu entwickeln. Auch das Risiko für Atemwegserkrankungen und Autismus ist bei durch Kaiserschnitt Geborenen erhöht.
Ergebnisse beruhen auf Beobachtungsstudien
Bei der Entscheidung über die Geburtsmethode sollten die Vor- und Nachteile gründlich abgewogen werden, schreiben die Wissenschaftler. Ihre Daten könnten dabei hilfreich sein. Allerdings beruhten die Ergebnisse größtenteils auf Beobachtungsstudien.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kaiserschnitt und den festgestellten Langzeitfolgen sei damit nicht gesichert, schränken sie ein. Weitere Untersuchungen seien nötig, um die Ergebnisse abzusichern.
Der Direktor der Klinik für Geburtsmedizin an der Charité, Wolfgang Henrich, betont gar: „Man sollte besonders bei jüngeren Frauen, bei denen alle Voraussetzungen günstig sind, eine vaginale Geburt empfehlen.“ Doch es gebe eben auch Gründe für einen Kaiserschnitt. So oder so, sagt Henrich: „Alle Methoden, alle Geburtswege haben ihre Vor- und ihre Nachteile.“ Quelle: dpa