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Was ist eine Arzneimittelallergie?

Frau kratzt sich am Unterarm, davor liegen Arzneimittel-Blister
Eine Arzneimittelallergie kann sich beispielsweise durch Hautausschlag, Juckreiz, Schwindel u. v. m. äußern. | Bild: doucefleur / AdobeStock

In Deutschland leiden, laut Bundesinstitut für Risikobewertung, circa 30 % aller Menschen an einer Allergie. Neben Pflanzenstoffen, Insektengiften, Chemikalien und Lebensmitteln können auch Medikamente eine Allergie auslösen.

Sogenannte Arzneimittelallergien gehören zu den unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und werden von Vergiftungen (Intoxikationen) und Unverträglichkeiten unterschieden. Da eine Arzneimittelallergie unter Beteiligung des Immunsystems abläuft, wird sie auch als Antigen-Antikörper-Reaktion definiert.

Dabei erkennt das körpereigene Immunsystem einen im Grunde harmlosen Arzneistoff fälschlicherweise als Gefahr und bekämpft ihn. Die allergische Reaktion tritt meist erst nach einer vorherigen Sensibilisierung (Erstkontakt mit dem Allergen) auf.

Zur Erinnerung: Vier Haupttypen einer Allergie

Aufgrund von unterschiedlichen Pathomechanismen werden Allergien in vier Typen unterteilt:

  • Typ-I-Allergie (Sofort-Typ):
    • häufigste Allergieform, die durch IgE-Antikörper vermittelt wird
    • tritt Sekunden bis Minuten nach Allergenkontakt auf
    • Beispiel: Heuschnupfen, allergische Bindehautentzündung, anaphylaktischer Schock
  • Typ-II-Allergie (zytotoxischer Typ):
    • wird durch IgG- und IgM-Antikörper vermittelt und tritt innerhalb von mehreren Minuten bis zu mehreren Stunden nach Allergenkontakt auf
    • Beispiel: medikamenteninduzierte Thrombopenie, hämolytische Anämie
  • Typ-III-Allergie (Immunkomplex-Typ):
    • wird durch IgG- und IgM-Antikörper vermittelt
    • charakteristisch ist die Bildung eines Immunkomplexes aus Antikörpern und Antigenen
    • Beispiel: allergische Gefäßentzündung (Vaskulitis), exogene allergische Alveolitis
  • Typ-IV-Allergie (Spättyp):
    • wird durch T-Lymphozyten hervorgerufen und zeigt sich etwa zwölf bis 72 Stunden nach Allergenkontakt
    • Beispiel: allergisches Kontaktekzem, Nickelallergie

Symptome einer Arzneimittelallergie

Die Beschwerden einer Arzneimittelallergie sind vielfältig und können sich in milden bis lebensbedrohlichen Reaktionen äußern. Dazu zählen Symptome wie beispielsweise  

  • Hautausschlag,  
  • Juckreiz (Pruritus),  
  • Rötung,  
  • Angioödeme,  
  • Husten,  
  • Bronchospasmus,  
  • Hypotonie,
  • Schwindel sowie
  • Übelkeit und Erbrechen.

Die Symptome können innerhalb von Minuten und bis zu Tagen nach der Exposition auftreten.

Arzneimittel, die häufig zu einer Allergie führen

Zu den Arzneimitteln, die ein höheres allergenes Potenzial mit sich bringen, zählen unter anderem Antibiotika. Insbesondere Cephalosporine lösen häufig Hautausschläge, Juckreiz und Anaphylaxien aus. Auch Antikonvulsiva, z. B. Lamotrigin, Carbamazepin, Phenytoin, stehen in Zusammenhang mit starken Hautreaktionen.

Hingegen können nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure pseudoallergische Reaktionen auslösen.

Gut zu wissen: Was ist eine pseudoallergische Reaktion?

Bei einer Pseudoallergie handelt es sich um eine Unverträglichkeitsreaktion, die nicht auf einer immunologischen Reaktion (Antigen-Antikörper-Reaktion) beruht und daher keine echte Allergie darstellt. Das bedeutet: Das Immunsystem reagiert nicht auf einen bestimmten Stoff (Allergen) und bildet Antikörper, wie es bei einer echten Allergie der Fall ist. Stattdessen werden die Symptome durch eine Überempfindlichkeitsreaktion ausgelöst und gleichen lediglich denen einer Allergie. Quelle: DocCheck / vs 

Warum lösen bestimmte Arzneistoffe eine Allergie aus?

Das allergene Potenzial eines Arzneimittels hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei spielt die molekulare Größe des Arzneistoffs eine essenzielle Rolle: Die meisten Arzneistoffe sind zu klein, weshalb sie sich als Hapten an Proteine binden. Dadurch werden sie dann vom Immunsystem als Antigen erkannt und bekämpft.

Das ist häufig der Fall bei Wirkstoffklassen wie z. B. ß-Lactam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporin, Carbapeneme, Monobactame).

Gut zu wissen: Was sind Haptene?

Haptene sind Moleküle, die zu klein sind, um eigenständig eine Immunantwort auszulösen. Deshalb benötigen sie ein größeres Trägermolekül, z. B. Proteine, mit dem sie sich verbinden.

Manche Arzneistoffe, z. B. Sulfonamide, werden erst im Körper zu einem wirksamen Metaboliten umgewandelt und können so Proteine verändern und eine allergische Reaktion auslösen.  

Ebenso spielen auch die Häufigkeit der Exposition und die genetische Prädisposition eine wichtige Rolle.

Gut zu wissen: Wer ist besonders von einer Arzneimittelallergie gefährdet?

Zu den Risikogruppen, bei denen eine Arzneimittelallergie häufig aufkommen kann, zählen beispielsweise Menschen mit

  • Polypharmazie,
  • bestimmten HLA-Typen (Humane Leukozytenantigene),
  • chronischen Hauterkrankungen,
  • vorangegangenen allergischen Reaktionen.

So wird eine Arzneimittelallergie festgestellt

Die Diagnose einer Arzneimittelallergie erfolgt immer durch einen Arzt und basiert auf einer gründlichen Anamnese, die sich unter anderem auf den Zeitpunkt, Vorerkrankungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln bezieht. Die weiterführende Diagnostik kann mit Prick-, Intra- und Epikutantests sowie Blutanalysen mit Nachweis auf spezifische Immunglobuline (IgE) und Provokationstests durchgeführt werden.

Die daraus resultierenden Therapieansätze werden in Akutbehandlung (z. B. Absetzen des Arzneimittels, Antihistaminika, Corticosteroide, Adrenalin) und langfristige Maßnahmen (z. B. Allergiepass, Vermeidung von Allergenkontakt, Desensibilisierung) unterteilt und von dem behandelnden Arzt festgelegt.

Arzneimittelallergie: Wichtig für die Beratung

Arzneimittelallergien stellen eine ernsthafte Komplikation dar. In der öffentlichen Apotheke kann durch gezielte Beratung, präventive Aufklärung und korrektes Handeln im Verdachtsfall zur gesteigerten Patientensicherheit beigetragen werden.

PTA können bei bestimmten Symptomen nach einem möglichen Zusammenhang mit Arzneimitteln fragen sowie Hinweise zur ärztlichen Abklärung geben. Auch die Dokumentation in der Apotheke kann hilfreich sein, um Wiederholungsfehler zu vermeiden.

Durch diese Maßnahmen kann dazu beigetragen werden, die Patienten bestmöglich zu unterstützen. Quellen:
- https://register.awmf.org/assets/guidelines/061-021l_S2k_Allergologische-Diagnostik-Ueberempfindlichkeitsreaktionen-Arzneimittel_2024-02.pdf
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/penicillinallergie-1-wenn-die-vermutung-nicht-zutrifft-c90b25c3-afd2-4ae9-ac03-ec58649
- https://www.bfr.bund.de/fragen-und-antworten/thema/allergien-die-wichtigsten-fragen-und-antworten-auf-einen-blick/
- https://flexikon.doccheck.com/de/Allergie