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Sicherheit und Wirksamkeit bei NEM oft unklar

Vitamine und Mineralstoffe werden im Leistungssport am häufigsten supplementiert. Für diese Mikronährstoffe in NEM gibt es bis heute keine gesetzlich geregelten Höchstmengen innerhalb der EU. | Bild: JackF / AdobeStock

Aus Sicht der Leistungssportler gibt es für sie etliche Gründe, Nahrungsergänzungsmittel (NEM) einzunehmen. Meist entsprechen diese genau den Werbeaussagen der Produkte:

  • Steigerung der Leistungsfähigkeit und des allgemeinen Gesundheitszustands,
  • Prävention von Krankheiten und Verletzungen,
  • schnellere Regeneration,
  • Ergänzung einer nicht ausgewogenen Ernährung
  • und um Nährstoffverluste durch den Sport schnellstmöglich wieder wettzumachen.

Dennoch ist zu konstatieren, dass es sich bei Leistungssportlern in der Regel um gesunde, sich gut ernährende Personen handelt und sie daher auf eine Supplementierung von Nährstoffen oder anderen Substanzen nicht zwingend angewiesen sind. Nur für vegetarische bzw. vegane Leistungssportler oder bei Feststellung eines konkreten Nährstoffmangels ist eine Supplementierung bestimmter Nährstoffe auf ärztliche Anweisung sinnvoll. Insofern ist die Einnahme mehrerer Supplemente bei fehlender Indikation nicht nur überflüssig und rausgeworfenes Geld, sondern erweist sich in einigen Fällen sogar als kontraproduktiv oder gesundheitsschädigend.

Zu wenig Kontrollen

NEM gehören rechtlich zu den Lebensmitteln und werden letztendlich auch als solche gehandhabt. Sie werden nicht, wie oft vermutet, in der gleichen Art und Weise wie Arzneimittel reguliert. Konkret heißt das, dass die Verantwortung für die Sicherheit sowie die deklarierte Wirksamkeit eines Nahrungsergänzungsmittels alleinig beim Hersteller liegt. 

Zwar unterliegen in Deutschland hergestellte Nahrungsergänzungsmittel den Kontrollen der zuständigen Lebensmittelbehörden auf Bundesländerebene, diese erfolgen jedoch meist nur stichprobenartig, da in den Kontrollbehörden ein massiver Personalmangel besteht. Schon das Inverkehrbringen der Produkte verläuft per Online-Anmeldung beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ohne eine vorherige Prüfung des Produkts oder des Herstellerbetriebs. 

Vorsicht beim Onlinekauf

Abgesehen davon stellt der Onlineverkauf von Nahrungsergänzungsmitteln aus dem EU-Ausland eine weitere Sicherheitslücke dar, denn für diese Produkte gelten weder die nationalen noch die EU-Vorschriften. Folglich sind in Deutschland eine Reihe von NEM erhältlich, bei denen ohne entsprechende Kontrollen und Verbrauchsstudien die zwei wichtigsten Fragen für Konsumenten nicht nachweislich beantwortet werden können:

  1. Ist dieses Produkt sicher und
  2. besitzt dieses Produkt die versprochene Wirksamkeit?

Weiterhin sind ohne diese wissenschaftlichen Belege gesundheitsbezogene Angaben oder Versprechungen auf NEM nach der Health-Claims-Verordnung verboten – was viele Hersteller trotzdem nicht davon abhält, ihr Produkt mit irreführenden Gesundheitsslogans zu versehen.

Fehlende Höchstmengen können zu Überdosierung führen

Vitamine und Mineralstoffe werden im Leistungssport am häufigsten supplementiert. Für diese Mikronährstoffe in NEM gibt es bis heute keine gesetzlich geregelten Höchstmengen innerhalb der EU – Nebenwirkungen infolge einer Überdosierung gibt es allerdings sehr wohl. Diese treten meist in Form von gastrointestinalen Beschwerden (Übelkeit, Blähungen, Durchfall) auf – aber auch schwerwiegendere Folgen, wie zum Beispiel die Förderung von Tumorwachstum durch eine langfristige Vitamin-B12-Überdosierung, werden diskutiert.

Warum man bei Kombinationsprodukten besonders aufpassen sollte

Besonders beliebt unter den Vitamin- und Mineralstoffpräparaten sind Kombinationsprodukte mit bis zu zehn oder mehr unterschiedlichen Mikronährstoffen. Es ist jedoch eher selten der Fall, dass ein Mangel gleichzeitig für mehr als drei oder vier Nährstoffe besteht. Wer hochdosierte Kombinationspräparate einnimmt, läuft also schnell Gefahr, den einen oder anderen Mikronährstoff zu überdosieren. 

Gerade Sportler sollten es mit den antioxidativen Substanzen nicht übertreiben, denn sie riskieren so Trainingseffekte zunichtezumachen. Dazu kommt, dass eine gemeinsame Einnahme bestimmter Nährstoffe die Aufnahme anderer Mikronährstoffe im Körper behindern kann. So sollten zum Beispiel die Kombinationen von Zink mit Eisen oder Kupfer, Calcium mit Magnesium und Pflanzensterine mit fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) vermieden werden.

NEM als Doping-Falle

Aufgrund der Dopingkontrollen, denen Sportler im Wettkampf sich regelmäßig unterziehen müssen, ist gerade bei ihnen ganz besondere Vorsicht bei der Einnahme von NEM geboten. Es kommt vor, dass Sportler mittels verunreinigter NEM unwissentlich nach der WADA-Liste (World Anti-Doping Agency) verbotene Substanzen zu sich nehmen. Teilweise handelt es sich bei den Substanzen aber auch um nicht zugelassene Stimulanzien, Prohormone oder Designer-Steroide in beispielsweise Muskelaufbaupräparaten oder um Diuretika in Schlankheitsmitteln, die auf der Packung entweder gar nicht erwähnt oder unter unbekannten Synonymen deklariert werden. 

Bei niedriger Dosierung sind diese unerlaubten Inhaltsstoffe in den meisten Fällen zwar unwirksam und ungefährlich. Oft reichen die Konzentrationen jedoch trotzdem aus, um in einer Dopingkontrolle positiv aufzufallen. Pflanzliche Inhaltsstoffe sind davon übrigens nicht ausgeschlossen.

Gut zu wissen: Wo sich Athleten informieren können

Da es in dem Wirrwarr von unzähligen chemischen und pflanzlichen Substanzen und deren Bezeichnungen in NEM für die Sportler geradezu unmöglich ist, einen Überblick darüber zu bewahren, was erlaubt und was verboten ist, wurden einige Initiativen zur Doping-Prävention speziell für Sportler eingeführt. So informiert beispielsweise in Deutschland die

  • „Kölner Liste“ über verunreinigte NEM und
  • wer Produkte aus den USA kaufen möchte, kann sich für die Auswahl sicherer NEM über das Programm „NSF International Certified for Sport®“ schlau machen.

Zwar gelten für Vitamin- und Mineralstoffpräparate keine festgelegten Höchstmengen, jedoch gibt es vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vorgeschlagene Empfehlungen zur maximalen Konzentration der jeweiligen Nährstoffe in NEM. Danach können sich Konsumenten richten. Im Idealfall werden NEM individuell, d. h. nach eigenem Bedarf und unter Berücksichtigung anderer Nährstoffquellen der eigenen Ernährung, gezielt in den Ernährungsplan eingeführt.

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