Retax-Fragen
In unserer Rubrik „Retax-Fragen“ unterstützen wir Sie in Zusammenarbeit mit dem DeutschenApothekenPortal (DAP) bei der Lösung von Problemen bei der Arzneimittelabgabe und bei der Vermeidung von Retaxationen.
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E-Rezept ohne Signatur: Grund für eine Retaxation?

Gesundheitskarte wird in Kartenlesegerät gesteckt
In manchen Fällen muss eine Änderung eines E-Rezeptes in der Apotheke elektronisch signiert werden. | Bild: ABDA

Im Juli 2024 einigten sich der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband e. V. hinsichtlich einer Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag für E-Rezepte, die bundesweit für alle gesetzlichen Krankenkassen gilt. Diese Zusatzvereinbarung galt rückwirkend vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2024 und wurde dann im Januar 2025 verlängert. 

Ein Ende der Zusatzvereinbarung tritt ein, wenn sichergestellt wurde, dass nur noch formal fehlerfreie und vollständige E-Rezepte in die Apotheke gelangen. Nun muss aber dazugesagt werden, dass die Zusatzvereinbarung nur für definierte Punkte gilt, die Formalien betreffen, und dass es kein allgemeines Retaxverbot für E-Rezepte gibt. 

Die in der Zusatzvereinbarung bearbeiteten Punkte umfassen Folgendes:

  • Die Angabe Arzt/Ärztin ist ausreichend, da aus der lebenslangen Arztnummer (LANR) die Facharztgruppe ersichtlich ist.
  • Ist eine PZN angegeben, so ist dies – falls weitere Angaben wie z. B. Darreichungsform, Wirkstärke, Packungsgröße oder Menge fehlen – ausreichend für eine eindeutige Verordnung.
  • Eine fehlende Telefonnummer darf ebenfalls nicht retaxiert werden, wenn die verschreibende Person der Apotheke bekannt ist. Die Apotheke ist nicht verpflichtet, eine angegebene Telefonnummer auf Richtigkeit zu prüfen oder eine fehlende Nummer nachzutragen.
  • Außerdem hat die Apotheke keine Prüfpflicht auf Richtigkeit bei folgenden von ärztlicher Seite anzugebenden Verordnungsinhalten: Anschrift der ärztlichen Praxis, Arztnummer, Betriebsstättennummer (BSNR)/Standortkennzeichen, Angaben zum Versichertenstatus.

Darüber hinaus haben sich die Krankenkassen allgemein auch zu einem „Gebot des Augenmaßes“ bekannt, und in jedem individuellen Fall hat die Krankenkasse einen Ermessensspielraum.

Fall einer Apotheke: Retaxation eines E-Rezepts mit fehlender Signatur

Das Gebot des Augenmaßes hält Krankenkassen aber offenbar nicht davon ab, Apotheken aus rein formalen Gründen zu retaxieren. Dazu schickte eine Apotheke eine E-Rezept-Retaxation einer BKK an das Team des DeutschenApothekenPortals (DAP). 

Im vorliegenden Fall war Ramipril Hexal plus Amlodipin 5 mg/5 mg zu 98 Stück (PZN 09635102) mit einem Aut-idem-Kreuz verordnet. Diese N3-Packung war allerdings nicht lieferbar, und daher gab die Apotheke in Einklang mit den erweiterten Abgabemöglichkeiten bei Nichtverfügbarkeit nach SGB V zwei Packungen zu 28 Stück ab. Dies wurde in der Apotheken-EDV mittels einer „Dokumentation zum E-Rezept“ im Abgabedatensatz dokumentiert. 

Das E-Rezept wurde allerdings im Nachgang retaxiert, mit der Begründung „Abgabe hätte mit qualifizierter Signatur (HBA) signiert werden müssen“. Dies ist zwar in § 14 Abs. 5 Rahmenvertrag auch so vereinbart:

„[…] Bei papiergebundenen Verordnungen hat die Apotheke das vereinbarte Sonderkennzeichen auf dem Arzneiverordnungsblatt anzugeben. Bei der elektronischen Verordnung ist in diesem Fall das entsprechende Kennzeichen im elektronischen Abgabedatensatz anzugeben und mittels elektronischer Signatur zu signieren.“

Ist die Retaxation trotz Gebot des Augenmaßes gerechtfertigt?

Allerdings ist eine fehlende Signatur bei einer ansonsten vorhandenen Dokumentation auf dem Rezept als formaler Fehler zu werten. Dass hier ein E-Rezept aus rein formalen Gründen retaxiert wird, spricht nicht dafür, dass die Krankenkasse den Sachverhalt mit dem „Gebot des Augenmaßes“ betrachtet hat. 

Es waren in diesem Fall weder die Wirtschaftlichkeit der Versorgung noch die Arzneimittelsicherheit beeinträchtigt – die Versorgung erfolgte nach den Vorgaben des SGB V mit einer abweichenden Packungsgröße. 

Auch die Dokumen­tation wurde vorgenommen, jedoch zeigen sich hier auch die Tücken der Apotheken-EDV, die dafür offenbar einerseits die Dokumentation mittels Ab­gabeschlüssel und qualifizierter Signatur und andererseits eine reine „Dokumentation“ ohne Signatur zulässt. Hier wäre eine für die Apotheke weniger fehleranfällige Lösung wünschenswert. 

Das DAP-Team riet der Apotheke zu einem Einspruch mit folgenden Argumenten, basierend auf dem Rahmenvertrag § 6 Abs. 1:

„[…] Der Vergütungsanspruch der Apothekerin/des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.“

Als unbedeutender Fehler ist auch eine nicht vollständige Dokumentation zu werten, wie aus § 6 Abs. 2 hervorgeht:

„Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere: […] g) Wenn bezogen auf den Rahmenvertrag […] g3) die Apotheke in den Fällen des § 14 Absatz 1 (Nichtverfügbarkeit), des § 14 Absatz 2 (Akutversorgung, Notdienst) sowie des § 14 Absatz 3 i.V.m. § 17 Absatz 5 ApBetrO (‚pharmazeutische Bedenken‘) sowie des § 14 Absatz 5 (§ 129 Absatz 2a und 2b SGB V) dieses Rahmenvertrages

  • entweder nur das vereinbarte Sonderkennzeichen oder
  • nur einen Vermerk auf der papiergebundenen Verordnung aufträgt oder
  • im Fall, dass Vermerk und Sonderkennzeichen auf der papiergebundenen Verordnung fehlen, einen objektivierbaren Nachweis im Beanstandungsverfahren erbringt […]“

Unvollständige Dokumentation kein Grund für eine Retaxation

Der vorliegende Fall der Dokumentation im Abgabedatensatz des E-Re­zeptes ist hier noch nicht klar aufgegriffen. Eindeutig daraus abzulesen ist aber, dass eine unvollständige Dokumentation keine Retaxation nach sich ziehen darf. Selbst eine komplett fehlende Dokumentation darf demnach (bei einem Papierrezept) anhand objektivierbarer Nachweise im Beanstandungsverfahren nachgereicht werden. 

Daher war diese Retaxation zurückzunehmen – im Hinblick auf das Gebot des Augenmaßes sowie auf Basis der im Rahmenvertrag schon für Papier­rezepte eindeutig formulierten Retax­einschränkungen für formale Fehler.

Die Apotheke konnte das DAP-Team ein paar Monate später darüber in Kenntnis setzen, dass die Krankenkasse diesen Fall nach Eingang des Einspruchs erneut geprüft und zugunsten der Apotheke entschieden hat. 

Hier hatte der Einspruch also Erfolg, was zeigt, dass ein genaues Hinsehen und Prüfen sowie ein begründeter Einspruch in vielen Fällen den Aufwand wert ist und mit Rücknahme der Retaxation endet. 

Es bleibt zu hoffen, dass solche Retaxationen nun keinen regelhaften Einzug in Apotheken finden, denn es wäre ein neuer gewaltiger Einschnitt bei der Umsetzung des E-Rezeptes, wenn Apotheken aufgrund solcher formalen Fehler um die Vergütung ihrer Leistung bangen müssten.

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