Retax-Fragen
In unserer Rubrik „Retax-Fragen“ unterstützen wir Sie in Zusammenarbeit mit dem DeutschenApothekenPortal (DAP) bei der Lösung von Problemen bei der Arzneimittelabgabe und bei der Vermeidung von Retaxationen.
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Gefälschte Ozempic-Rezepte: Darauf ist zu achten

PTA hält rosa Rezept in der Hand
An welchen Merkmalen ist eine gefälschte Verordnung erkennbar? | Bild: cineberg / AdobeStock

Dass gefälschte Rezepte nicht beliefert werden dürfen, ist im Rahmenvertrag und auch in den Arzneilieferverträgen der Krankenkassen vereinbart. In § 7 Abs. 7 Rahmenvertrag lautet die Formulierung wie folgt:

„Gefälschte Verordnungen sowie Verordnungen auf missbräuchlich benutzten Arzneiverordnungsblättern oder elektronischen Verordnungen dürfen nicht beliefert werden, es sei denn, die Fälschung oder der Missbrauch waren bei Wahrung der erforderlichen Sorgfalt für den Apotheker nicht erkennbar.“

§ 7 Abs. 7 Rahmenvertrag

Bei welchen Arzneimitteln kommen Fälschungen häufig vor?

Nun ist die Definition, was man als Fälschung hätte erkennen können, nicht klar umrissen und gefälschte Rezepte sehen oft täuschend echt aus. Hinweise auf eine Fälschung können sich anhand der Verordnung ergeben.

So gibt es typische Arzneimittelgruppen wie 

  • Narkotika (z. B. Diazepam, Bromazepam, Z-Substanzen),
  • Anabolika (z. B. Testosteron, Tamoxifen, Anastrozol),
  • Psycho­pharmaka (z. B. Amitriptylin, Citalopram, Fluoxetin) oder
  • starke Schmerzmittel,

aber auch für Arzneimittel wie Ozempic® ist bekannt, dass Rezept­fälschungen keine Seltenheit sind. 

Neben dem Arzneimittel können Auffälligkeiten bei 

  • der einlösenden Person (beispielsweise wenn die Person in Eile, fahrig oder unsicher ist) oder
  • dem Einlösezeitpunkt (stressige Stoßzeiten, ärztliche Rücksprache nicht möglich)

Hinweise auf eine Fälschung geben.

Daran erkennt man eine Rezeptfälschung anhand der Verordnung

Auch das Rezeptformular ist genau unter die Lupe zu nehmen: Fühlt sich das Papier anders an oder gibt es weitere Auffälligkeiten? Möglicherweise sind Patientendaten unstimmig oder Arztpraxis und Wohnort des Einlösenden auffällig weit voneinander entfernt. 

Auch nicht übereinstimmende Angaben der Betriebsstättennummer (BSNR) und lebenslangen Arztnummer (LANR) können auf eine Fälschung hindeuten. 

Die AOK Nordost gab in einer Pressemitteilung Hinweise auf weitere potenzielle Fälschungsmerkmale:

„Den meisten Fälschungen ist gemein, dass die Diagnose explizit genannt wird, obwohl dies bei Arzneimittelverordnungen nicht vorgesehen ist. Außerdem wird entweder eine falsche oder gar keine Dosierung angegeben. Das Schriftbild auf den Rezepten ist oftmals nicht einheitlich. In vielen Fällen liegen Wohnort der Versicherten und Standort der verordnenden Arztpraxen sehr weit von den einlösenden Apotheken entfernt.“

AOK Nordost

Fall aus einer Apotheke: Retaxation gefälschter Verordnungen über Ozempic®

Eine Apotheke berichtete dem DeutschenApothekenPortal kürzlich von zwei Ozempic®-Retaxationen, bei denen leider die oben genannten Merkmale beinahe gänzlich zutrafen: 

Die Angabe des Kostenträgers war etwas größer als die Schriftart der restlichen Verordnung. Als Diagnose war „Diabetes Mellitus Typ 2“ angegeben und als Dosierung „>> 1 – 0 – 0 <<“ vermerkt. Die Rezepte wurden mehr als 100 Kilometer entfernt von den jeweils angegebenen Arztpraxen und an einem Mittwoch eingelöst.  

Gut zu wissen: Angabe von Diagnose bei Privatrezepten

Hinsichtlich der Diagnose sei an dieser Stelle zu erwähnen, dass diese bei Ozempic®-Verordnungen auf Privatrezept nach den Hinweisen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eingetragen werden muss, um die Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes abzusichern und einen Off-Label-Use (zur Gewichtsreduktion bei Nicht-Diabetikern) zu verhindern. 

Wird eine Verordnung auf GKV-Rezept ausgestellt, ist diese Angabe nicht vorgesehen.

Die Krankenkasse retaxierte beide Rezepte mit der Begründung „Erkennbar gefälschte Verordnung“ auf null. Ein Einspruch der Apotheke wurde zurückgewiesen und es wurde zudem darauf hingewiesen, dass auch die Vorlage der Verordnungen als Papierrezept (und nicht als E-Rezept) einen Fälschungsverdacht hätte erhärten können.

Zumindest das letzte Argument sollte nicht zu sehr ins Gewicht fallen, denn bekanntermaßen werden weiterhin viele Papierrezepte ausgestellt – darauf hat die Apotheke keinen Einfluss. 

Auch die weite Entfernung zwischen Praxis und Einlöseort war für die Apotheke plausibel, denn gerade im Großraum rund um eine Großstadt sind weite Wege nicht selten. 

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Kürzung der Krankenkasse in diesem Fall wohl zu Recht erfolgte, auch wenn die Fälschungsindizien im Einzelnen für die Apotheke schwer erkennbar waren – vor allem im hektischen Betrieb des Apothekenalltags. 

Dieser Fall zeigt, dass Apotheken bei Ozempic®-Verordnungen besser einmal zu viel in der angegebenen Arztpraxis nachhaken als einmal zu wenig, vor allem bei Nicht-Stammkunden.

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