Retax-Fragen
Praxiswissen
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Vorsicht Sondervereinbarung: Nachweis der Nichtlieferbarkeit

Leere Schublade im Apothekerschrank
Wenn aufgrund von Lieferengpässen die Schubladen leer bleiben und kein Rabattarzneimittel zur Verfügung steht, muss der Defekt nachgewiesen werden. Aber wie? | Bild: Schelbert / DAV

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:

Uns lag im Mai 2019 eine Verordnung über ‚Palexia 50 mg Retardtabletten Eurimpharm 100 Stück N3' zulasten der AOK Sachsen-Anhalt vor. Das entsprechende Rabattarzneimittel konnten wir nicht abgeben, da es zum damaligen Zeitpunkt nicht lieferbar war. Aufgrund der Nichtabgabe des Rabattarzneimittels wurde uns von der Krankenkasse der Erstattungsbetrag von 143,44 Euro auf 42,69 Euro gekürzt – das entspricht einer Reduktion um 70% (= 100,75 Euro).  Als Grund wurde eine ,Korrektur der Preisberechnung lt. Vertrag/Vereinbarung' von der Krankenkasse angegeben.  Wir haben die Sonder-PZN, den Faktor und sogar einen handschriftlichen Vermerk über die Nichtlieferbarkeit auf dem Rezept vermerkt. Trotzdem erhielten wir folgendes Retaxschreiben.“

Quelle: DAP

Antwort:

Die Nichtlieferbarkeit von Arzneimitteln und wie bei einer Nichtverfügbarkeit vorzugehen ist, ist Apotheken leider nur allzu gut bekannt. Das Vorgehen dazu ist im Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V festgelegt.

Neben den regionalen Arzneiversorgungsverträgen existieren noch weitergehende zusätzliche regionale Sondervereinbarungen.

Bei dem erwähnten Vertrag/Vereinbarung handelt es sich um eine Sondervereinbarung der AOK Sachsen-Anhalt mit dem Landesapothekerverband (LAV) der betroffenen Apotheke, die weder im Rahmenvertrag noch im regionalen Arzneimittelversorgungsvertrag zu finden ist. Leider sind diese Sondervereinbarungen den betroffenen Apotheken häufig gar nicht bekannt.

Ausgang der Retaxation:

Der betroffenen Apotheke wurde von der AOK Sachsen-Anhalt und ihrem LAV empfohlen, dieser Regelung innerhalb von 14 Tagen schriftlich zuzustimmen. Andernfalls würde dieses vertragliche „Entgegenkommen“ der Apotheke nicht zugutekommen und die Retaxation würde in voller Höhe erfolgen. Letztlich blieb somit nur die Möglichkeit, zuzustimmen oder es auf dem Klageweg auszutragen.

Die Apotheke nahm das Angebot der AOK Sachsen-Anhalt also an, war jedoch grundsätzlich nicht mit diesem Entgegenkommen der AOK einverstanden. Es ist zu kritisieren, dass von der Krankenkasse nur Hersteller-Defektbelege, und keine Großhandelsbelege akzeptiert werden, obwohl im Rahmenvertrag klar geregelt ist, dass die Nachweisführung durch beide Belege möglich ist. Ernüchternd ist zudem, dass der Krankenkasse bekannt ist, dass der Rabattvertragspartner rückwirkend keine Hersteller-Defektbelege mehr ausgibt – sich die Nachweisführung durch die Apotheke also als kaum machbar erweist – und selbst bei Nichtverfügbarkeitsmeldungen vom Großhandel noch von einer Lieferfähigkeit ausgegangen wird.

Fazit:

Der bundesweit gültige Rahmenvertrag sowie die regionalen Arzneiversorgungsverträge geben den Apotheken genügend Vorgaben, die sie bei der Rezeptbelieferung beachten müssen. Es bedarf einer Klärung, inwiefern regionale Sondervereinbarungen bzw. Übereinstimmungen darüber hinaus für Apotheken gelten dürfen.

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