Rezeptur
Praxiswissen
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Herstellung von Paracetamol-Suppositorien: Bei Engpass: Kakaobutter als Alternative zu Hartfett

Suppositorium mit fertigem Zäpfchen
Was muss bei der Herstellung von Zäpfchen mit Kakaobutter beachtet werden? | Bild: cuhle-fotos / AdobeStock

Zur rezepturmäßigen Herstellung von Suppositorien kommt fast ausschließlich Hartfett als lipophile Grundmasse zum Einsatz. Die Mischung aus Mono-, Di- und Triglyceriden gesättigter Fettsäuren schmilzt bei Körpertemperatur und lässt sich gut zu Zäpfchen verarbeiten. 

Steht Hartfett jedoch nicht zur Verfügung, kann auch Kakaobutter verwendet werden. Die Firma Caelo hat jüngst eine Rezepturvorschrift zur Herstellung von Paracetamol-Zäpfchen mit dieser Grundlage veröffentlicht.

Zäpfchen-Herstellung unter strenger Temperaturkontrolle

Zu Herstellung von Suppositorien mit je 0,125 g Paracetamol empfiehlt Caelo folgende Zusammensetzung:

Paracetamol-Zäpfchen 0,125 g
1 Zäpfchen enthält: 
Paracetamol (gepulvert) API0,125 g
Hochdisperses Siliciumdioxid Typ 2000,000125 g
Kakaobutter „Chips“nach Bedarf

Zu Beginn der Herstellung werden die beiden Feststoffe Paracetamol und Hochdisperses Siliciumdioxid in einer Fantaschale miteinander vermischt. 

90% der benötigten Kakaobuttermasse werden in einer weiteren Fantaschale auf dem Wasserbad bei 39 bis 40 °C geschmolzen. Diese Schmelze wird mit der Pulvermischung verrührt und auf 38 °C abgekühlt. 

Die noch fehlenden 10% der Grundlage werden sodann bei 38 °C geschmolzen und anschließend in die Wirkstoff-Mischung eingerührt. Unter ständigem Rühren kann nun die Masse in eine Gießform gegossen werden und anschließend erkalten. 

Gut zu wissen: Warum das getrennte Aufschmelzen sinnvoll ist

Nach Angaben von Caelo wird durch das Erwärmen der Kakaobutter auf fast 40 °C die Masse flüssiger, sodass sich die Feststoffe besser verteilen lassen. Die Zugabe eines Teils der Schmelze bei einer Temperatur von 38 °C führt zu einer stärkeren Festigkeit der Zäpfchen. 

Das Aufschmelzen und Ausgießen des Ansatzes sollte unter Temperaturkontrolle erfolgen. Gut geeignet sind hierfür Infrarot-Thermometer, die eine kontaktlose Messung ermöglichen. 

Laut Firmenangaben kann die Aufbrauchsfrist der fertigen Zäpfchen mit 4 Wochen festgesetzt werden. 

Kakaobutter als Zäpfchen-Grundlage lange bekannt

Kakaobutter (Oleum cacao) ist eine gelbliche Masse, die aus den Samen des Kakaobaumes gewonnen wird. Das Triglycerid besteht überwiegend aus den gesättigten Fettsäuren Palmitinsäure und Stearinsäure sowie der ungesättigten Ölsäure. 

Lange Zeit war Kakaobutter die Standardgrundlage zur Herstellung von Zäpfchen. Wie alle natürlichen Fette ist sie jedoch oxidationsanfällig und hat daher nur eine begrenzte Haltbarkeit. Zudem besitzt Kakaobutter eine geringe Kontraktilität. Durch ein Auspinseln der Metallformen mit flüssigem Paraffin lassen sich die fertigen Zäpfchen nach dem Abkühlen aber meist gut entnehmen. 

Ein weiterer Nachteil der Kakaobutter ist die komplexe Temperaturführung bei der Zäpfchenherstellung. Der Grund: Kakaobutter zeigt eine ausgeprägte Polymorphie, d. h. sie bildet verschiedene Kristallformen mit unterschiedlichen Schmelzbereichen. 

Unterschied von Cremeschmelze und klarer Schmelze beachten

Die stabile ß-Modifikation hat einen Schmelzpunkt von 34,5 °C. Beim Abkühlen einer klaren Schmelze bilden sich zunächst instabile Formen mit niedrigerem Schmelzbereich. Diese wandeln sich mit der Zeit wieder in die stabile ß-Form um. Dieser Vorgang kann allerdings lange dauern. 

Bei der Verarbeitung von Kakaobutter muss daher darauf geachtet werden, dass die Temperatur beim Schmelzen möglichst nicht über 34 °C ansteigt. Bei diesem Cremeschmelzverfahren bleiben noch ungeschmolzene Bestandteile übrig und die Kakaobutter erstarrt anschließend wieder in der stabilen Form. 

Alternativ können ungefähr 90% der Grundlage klar geschmolzen und später die restlichen 10% bei einer niedrigeren Temperatur dazugegeben werden (siehe obige Herstellungsanweisung). 

Häufig werden weitere Hilfsstoffe eingesetzt

Um Sedimentationseffekte bei der Herstellung von Suspensions-Zäpfchen zu verhindern, sollte der Feststoff möglichst mit kleiner Korngröße verarbeitet werden. Beim Paracetamol wird ein Korngrößenbereich zwischen 20 µm und 100 µm empfohlen. 

Zusätze wie Hochdisperses Siliciumdioxid steigern die Viskosität der Grundlage und können so die Sedimentationsgeschwindigkeit des Wirkstoffs herabsetzen. 

In einigen Rezepturvorschriften ist zudem ein Zusatz von Lecithin zu finden. Der Hilfsstoff verbessert die Gießfähigkeit der Schmelze bei hoher Feststoffmenge. Bei Kinderzäpfchen kann jedoch aufgrund der geringen Menge an Wirkstoff darauf verzichtet werden. 

In Fertigarzneimitteln wird zur Verbesserung der Resorption darüberhinaus häufig Macrogol-40-stearat verwendet. Dieser Zusatz ist bei der rezepturmäßigen Herstellung nicht nötig. 

Bei der Zäpfchenherstellung stets im Überschuss arbeiten

Bei der Zäpfchenherstellung treten beim Ausgießen der geschmolzenen Grundlage Verluste durch Rückstände in der Schale oder am Pistill auf. Bei allen Zäpfchen-Rezepturen muss daher mit einem deutlichen Überschuss gearbeitet werden. Das NRF empfiehlt z. B. bei einer Ansatzgröße von 21 bis 30 Zäpfchen einen Überschuss von 10 Zäpfchen zu berücksichtigen. 

Dieser hohe Überschuss ist auch deshalb sinnvoll, da es bei der Herstellung von Suspensionszäpfchen unweigerlich zu einer Entmischung des Ansatzes kommt. Auch bei ständigem Rühren lässt sich eine Fehldosierung in den letzten Anteilen der Schmelze nicht vermeiden. Daher sollen die letzten Zäpfchen verworfen werden. 

Menge an Kakaobutter mittels Verdrängungsfaktor berechnen

Um die benötigte Menge an Kakaobutter festzulegen, wird das Verdrängungsfaktor-Verfahren angewendet. Vor der eigentlichen Herstellung muss dazu zunächst das Kalibriervolumen der verwendeten Gießform mit reiner Grundmasse bestimmt werden. 

Alle Bohrungen der Metallgießform werden zunächst mit geschmolzener Kakaobutter gefüllt. Nach dem Erkalten wird die Gießschwarte abgestreift und die Zäpfchen entnommen. Der Eichwert Ē kann aus der Gesamtmasse aller Zäpfchen geteilt durch die Anzahl ausgegossener Zäpfchen berechnet werden. 

Die für die Paracetamol-Zäpfchen benötigte Menge an Kakaobutter kann dann mithilfe folgender Formel ermittelt werden: 

Mn = n × (Ē – f × A)

Mn:   Einwaage an Kakaobutter für n Zäpfchen (g)
n:   Anzahl der herzustellenden Zäpfchen
Ē:  Eichwert (g)
f:  Verdrängungsfaktor
A:  Masse an Paracetamol pro Zäpfchen (g)

Der Verdrängungsfaktor für Paracetamol beträgt 0,72. Dieser Wert bezieht sich zwar auf Hartfett, kann aber mit hinreichender Genauigkeit auch für Kakaobutter angenommen werden. Quellen:
Presseinformation der Firma Caelo: Fertigarzneimittel – Lieferengpass Paracetamol-Zäpfchen – Eigenherstellung in der Apotheke
NRF-Rezepturhinweis Paracetamol (17.01.2023)
DAC-Anlage F
 

Rechenbeispiel: Herstellung von 30 Zäpfchen

Bei der Herstellung von 30 Paracetamol-Suppositorien 0,125 g wird ein Überschuss von 10 Zäpfchen bei der Berechnung berücksichtigt. Die berechnete Masse an Kakaobutter bezieht sich also auf den Herstellungsansatz und nicht auf die Zahl der tatsächlich abzugebenden Zäpfchen.  

Mn = 40 × (1,11 g – 0,72 × 0,125 g – 0,000125 g)
Mn = 40,8 g Kakaobutter

Bei der Einwaage von Paracetamol muss gegebenenfalls ein Einwaagekorrekturfaktor berücksichtigt werden. Wegen seines geringen Anteils braucht Hochdisperses Siliciumdioxid bei der Ansatzberechnung nicht mit einem eigenen Verdrängungsfaktor eingerechnet werden.

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