Rezeptur
Praxiswissen
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Cannabidiol-Lösungen aus der Rezeptur: Was ist zu beachten?

CBD-Öl tropft aus Pipette
Wie werden Cannabidiol-Lösungen hergestellt? | Bild: 24K-Production / AdobeStock

In Deutschland gibt es bisher nur ein Fertigarzneimittel, das Cannabidiol enthält: Epidyolex®. Die flüssige Darreichungsform zum Einnehmen wird zur Behandlung von Kindern ab zwei Jahren mit bestimmten Epilepsie-Formen angewendet und enthält 100 mg Cannabidiol auf 1 ml Lösung. 

Bedarf für Rezepturarzneimittel besteht daher bei abweichenden Dosierungen und anderen Einsatzgebieten. So kommen in der Apotheke hergestellte Cannabidiol-Lösungen unter anderem auch bei Multipler Sklerose zur Anwendung. 

Im NRF steht eine Vorschrift zur Herstellung von Cannabidiol-Lösungen in vier verschiedenen Konzentrationsstufen zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe können auch höhere Einzeldosen in Form kleiner Flüssigkeitsmengen eingenommen werden. 

Wie wirkt Cannabidiol?

Cannabidiol (CBD) ist neben Tetrahydrocannabinol (THC) der bekannteste Inhaltsstoff der Cannabispflanze (Cannabis sativa L.). Während THC aufgrund seiner psychoaktiven Wirkung zu den Betäubungsmitteln zählt, ist CBD dagegen ohne berauschende Wirkung. 

Cannabidiol bindet an die zentralen Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2, weist aber nur eine geringe Rezeptoraffinität auf. Seine Wirkung wird zudem durch weitere Wechselwirkungen mit verschiedenen Rezeptoren und Zielstrukturen im menschlichen Körper ausgelöst. 

Für die Substanz sind mittlerweile zahlreiche therapeutische Effekte bekannt, so wirkt Cannabidiol unter anderem antiemetisch, antikonvulsiv und anxiolytisch. 

Eigenschaften der Rezeptursubstanz Cannabidiol

Cannabidiol steht als Ausgangsstoff zur Herstellung von Rezepturen zur Verfügung und liegt als weißer, leicht gelblicher Feststoff vor. Nach einer ärztlichen Verschreibung können daraus entsprechende wirkstoffhaltige Lösungen zubereitet werden. 

Die Substanz gehört zu den lipophilen Verbindungen und ist deshalb in Wasser praktisch unlöslich. In Ethanol 96% (V/V) und in fetten Ölen besteht hingegen eine gute Löslichkeit. 

Bei lichtgeschützter Lagerung gilt Cannabidiol als chemisch stabil. Lösungen auf Basis von Ethanol sind besonders lichtempfindlich. Auch Zubereitungen, bei denen der Wirkstoff in Mittelkettigen Triglyceriden gelöst ist, zeigen unter dem Einfluss von Tageslicht eine dunkle Verfärbung. Zumindest bei niedrig konzentrierten Lösungen kommt es dabei jedoch nicht zu einer relevanten Gehaltsminderung. 

Identitätsbestimmung mittels IR-Spektroskopie,  DC oder Schnelltest?

Vor der Verwendung zur Arzneimittelherstellung muss die Identität von Cannabidiol festgestellt werden. Nach DAC-Monographie C-052 kann dazu eine IR-Spektroskopie oder Dünnschichtchromatographie (DC) durchgeführt werden. 

Einige Hersteller bieten zusammen mit der Rezeptursubstanz auch einen Schnelltest zur Überprüfung an. Dabei werden wenige Milligramm Cannabidiol in einer mitgelieferten Flüssigkeit gelöst. Bei einem positiven Schnelltest verfärbt sich die Lösung nach einigen Minuten von hellgelb nach lila. 

Der Test kann schnell und einfach durchgeführt werden und stellt eine gute Ergänzung zur Identitätsprüfung dar. Ob die Durchführung des Schnelltests zur eindeutigen Feststellung der Identität nach Apothekenbetriebsordnung allerdings ausreicht, sollte die Apotheke mit der zuständigen Aufsichtsbehörde abklären. 

Cannabidiol-Zubereitung zum Einnehmen

Aufgrund der lipophilen Eigenschaften von Cannabidiol können flüssige Zubereitungen zum Einnehmen mit Mittelkettigen Triglyceriden als Lösungsmittel hergestellt werden. Im NRF ist dazu unter der Ziffer 22.10. eine standardisierte Vorschrift zu finden: 

Ölige Cannabidiol-Lösung (NRF 22.10.)
100 ml enthalten: 
 50 mg/ml100 mg/ml200 mg/ml400 mg/ml
Cannabidiol5,0 g10,0 g20,0 g40,0 g
Mittelkettige Triglyceridezu 94,9 gzu 95,3 gzu 96,0 gzu 97,4 g


Die fertige Zubereitung wird nach Volumen dosiert. Die Herstellung muss daher so erfolgen, dass der Arzneistoff volumenbezogen enthalten ist. Da die jeweiligen Dichten für die vier Konzentrationsstufen bekannt sind, können die öligen Cannabidiol-Lösungen durch Wiegen der einzelnen Bestandteile hergestellt werden. Die Dichte der Cannabidiol-Lösung nimmt dabei mit steigender Wirkstoff-Konzentration zu. 

Bei der Herstellung wird Cannabidiol in einem mit Glasstab tarierten Becherglas in den Mittelkettigen Triglyceriden gelöst. Um den Feststoff aufzulösen, reicht bei der Konzentration 50 mg/ml ein schwaches Erwärmen bis 40 °C aus. Bei höheren Konzentrationen muss auf etwa 70 °C erwärmt werden. Die erhaltene Flüssigkeit muss klar sein, ungelöste Rückstände dürfen nicht mehr vorhanden sein.

Mittelkettige Triglyceride als Grundlage

Wie bereits erwähnt, kommen bei der Herstellung öliger Cannabidiol-Lösungen Mittelkettige Triglyceride als Trägerlösung zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Triglyceridester, hauptsächlich von gesättigten C8- und C10-Fettsäuren aus Kokosnuss- und Palmkernöl. 

Mittelkettige Triglyceride können von den Zellen der Darmschleimhaut aufgenommen und dann wie andere Fette verstoffwechselt werden. Sie sind auch als Bestandteile von Lebensmitteln erlaubt. 

Die oben vorgestellte Rezepturvorschrift orientiert sich dabei am Miglyol 812 mit der Dichte 0,9454 g/ml. Dieses Handelsprodukt der Mittelkettigen Triglyceride kommt am häufigsten in Apotheken vor. 

Bei Verwendung von Kollisolv MCT 70 mit der leicht höheren Dichte von 0,9475 g/ml ändern sich auch die Dichten der daraus hergestellten Cannabidiol-Lösungen. Daher muss in diesem Fall auch die in der Rezepturvorschrift angegebene Gesamtmasse der fertigen Lösung (Endgewicht) angepasst werden. 

Konzentration Cannabidiol-LösungDichte und Masse
mit Miglyol 812
Dichte und Masse
mit Kollisolv MCT 70
50 mg/ml

d = 0,949 g/ml

Endgewicht zu 94,9 g

d = 0,951 g/ml

Endgewicht zu 95,1 g

100 mg/ml

d = 0,953 g/ml

Endgewicht zu 95,3 g

d = 0,955 g/ml

Endgewicht zu 95,5 g

200 mg/ml

d = 0,960 g/ml

Endgewicht zu 96,0 g

d = 0,961 g/ml

Endgewicht zu 96,1 g

400 mg/ml

d = 0,974 g/ml

Endgewicht zu 97,4 g

d = 0,975 g/ml

Endgewicht zu 97,5 g

Verpackung und Dosierhilfen für Cannabidiol-Lösungen

Die fertige Zubereitung kann in eine Braunglasflasche abgefüllt werden. In Kombination mit einer 1-ml-Kolbenpipette kann das benötigte Volumen einfach und sicher aus der umgedreht gehaltenen Flasche entnommen werden. Dabei muss auf die passende Abstimmung von Kolbenpipette, Steckeinsatz, Flaschenmündung und Verschlusskonus für die Pipette geachtet werden. Ein Verschlusskonus aus PVC (Polyvinylchlorid) sollte wegen möglicher Unverträglichkeit mit Mittelkettigen Triglyceriden nicht verwendet werden.

Eine Dosierpumpe mit 0,033 ml/Hub kann nur für die beiden niedrigen Dosierungen (50 mg/ml und 100 mg/ml) empfohlen werden, da sonst zu viele Entnahmen nötig sind. Außerdem nimmt die Dosiergenauigkeit wegen zu hoher Viskosität ab. 

Als zusätzliches Behältnis zur Kindersicherung kann eine Schraubdeckeldose mit Druck-Dreh-Verschluss verwendet werden. 

Gut zu wissen: Wie wird die Dosis gekennzeichnet?

Als flüssige Zubereitung zum Einnehmen enthält die ölige Cannabidiol-Lösung die gewünschte Einzeldosis an Wirkstoff in einem bestimmten Volumen. 

Auf das Rezept sollte der Arzt die Menge an Wirkstoff in Milligramm für die jeweilige Einzel- und Tagesdosis schreiben. Diese kann je nach Indikation im unteren zweistelligen bis im mittleren dreistelligen Milligramm-Bereich liegen. 

Eine Angabe der gewünschten Dosis als Tropfenzahl sollte hingegen auf der Rezepturverordnung nicht erfolgen. In der Apotheke wird die Dosierung in Milligramm in das einzunehmende Volumen umgerechnet und als Gebrauchsanweisung für den Patienten formuliert.

Haltbarkeit und Kennzeichnung von Cannabidiol-Lösungen

Als wasserfreie Zubereitung ist die Cannabidiol-Lösung mikrobiell nicht anfällig. Die Aufbrauchsfrist kann laut NRF auf 6 Monate festgesetzt werden. Wegen der Lichtempfindlichkeit ist bei der Lagerung auf Lichtschutz zu achten. 

Aus Gründen der Stabilität werden die Cannabidiol-Lösungen mit Konzentrationen von 50 mg/ml, 100 mg/ml und 200 mg/ml vor Anbruch im Kühlschrank gelagert. Bei der höher konzentrierten Lösung mit 400 mg/ml ist dies nicht erlaubt, da der Wirkstoff auskristallisiert und nur durch starke Wärmeanwendung wieder in Lösung gebracht werden kann. Die Aufbewahrung nach Anbruch erfolgt bei allen Konzentrationsstufen bei Raumtemperatur. 

Die Beschriftung des Etiketts erfolgt nach § 14 Apothekenbetriebsordnung, zusätzlich sind Bezeichnung und Ziffer der NRF-Vorschrift anzugeben. Weiterhin müssen folgende Angaben berücksichtigt werden:  

  • „1 ml enthält … Cannabidiol“ (50 mg, 100 mg, 200 mg oder 400 mg),
  • bei Verwendung einer Dosierpumpe bei der Konzentration 50 mg/ml: „1 Hub zu 0,033 ml enthält 1,65 mg Cannabidiol“; bzw. 100 mg/ml: „1 Hub zu 0,033 ml enthält 3,3 mg Cannabidiol“
  • Gebrauchsanweisung: „…-mal täglich … ml vor den Mahlzeiten einnehmen“,
  • „Qualität und Wirksamkeit sind bei bräunlicher Verfärbung nicht beeinträchtigt“,
  • bei der Konzentration 400 mg/ml zusätzlich „Nicht im Kühlschrank lagern“.

Abgabehinweise zu Cannabidiol-Lösungen

Bei der Abgabe sollten die Patienten darauf hingewiesen werden, dass bei der Einnahme der Cannabidiol-Lösung die Einzeldosis nicht mit Wasser verdünnt werden darf. Andernfalls kann es passieren, dass eine nicht unerhebliche Menge an Zubereitung als Ölfilm im Glas zurückbleibt. Ein Nachtrinken von Wasser ist aber möglich. 

Wird zur Entnahme der Dosis  eine Kolbenpipette verwendet, kann diese nach Gebrauch mit einem Tuch abgewischt werden. Eine Reinigung mit Wasser darf nicht erfolgen. Auch sollte im Gespräch erklärt werden, dass eine leichte Verfärbung der Lösung keinen Qualitätsmangel darstellt. Quellen
Ölige Cannabidiol-Lösung 50 mg/ml / 100 mg/ml / 200 mg/ml / 400 mg/ml (NRF 22.10.)
DAC/NRF-Rezepturhinweis Cannabidiol (23.11.2021)
https://thc-pharm.de/fileadmin/ThcPharm/Downloads/Anleitung-Schnelltest-CBD-02_2021-V02.pdf
 

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