Rezeptur
Praxiswissen
7 min merken gemerkt Artikel drucken

Ethanolhaltige Rezepturen kennzeichnen: So geht's

PTA in der Rezeptur und hält Braunglasflasche hoch
Bei Rezepturarzneimitteln, die oral oder kutan angewendet werden und Ethanol enthalten, muss ein Hinweis zu diesem Hilfsstoff auf dem Etikett vermerkt werden. | Bild: Schelbert / PTAheute

Rezepturarzneimittel müssen nach § 14 Apothekenbetriebsordnung gekennzeichnet werden. Alle Wirkstoffe müssen dabei nach Art und Menge auf das Etikett geschrieben werden, bei Hilfsstoffen genügt normalerweise die Angabe nach der Art. 

Bei gewissen Hilfsstoffen, zu denen auch Ethanol zählt, muss allerdings auch die eingesetzte Menge bei der Kennzeichnung angegeben werden. Diese Hilfsstoffe sind in der Besonderheitenliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammengestellt.

In dieser Liste sind die Pflichtangaben bei der Kennzeichnung bestimmter Hilfsstoffe in Zubereitungen zusammengefasst. Gemäß dieser Zusammenstellung müssen Rezepturarzneimittel mit Ethanol zur oralen oder parenteralen Anwendung sowie zur Anwendung auf der Haut oder Inhalation mit folgendem Hinweis auf dem Etikett versehen werden: „Enthält x mg Alkohol (Ethanol) pro Dosiereinheit/Dosiervolumen entsprechend x mg/Gewicht bzw. Volumen (y % w/w bzw. v).“

Wie müssen Zubereitungen zum Einnehmen gekennzeichnet werden?

Ethanol kommt in Zubereitungen zum Einnehmen als Hilfsstoff bei der Extraktion pflanzlicher Drogen zum Einsatz. Bei der Herstellung von Arzneimitteln werden dann entsprechende alkoholhaltige Tinkturen oder Extrakte verwendet. 

Bei der Herstellung von Hustensäften spielt Thymianfluidextrakt eine wichtige Rolle. Der Extrakt kann aus Thymiankraut erhalten werden, als Extraktionsmittel wird eine Mischung aus verdünntem Ammoniak, Glycerol 85 %, Ethanol 90 % (V/V) und Wasser verwendet.

Entsprechende Hustensäfte sind bei Katarrhen der oberen Luftwege und bei Bronchitis indiziert. Die im Thymian enthaltenen Phenolverbindungen Thymol und Carvacrol besitzen eine antitussive, expektorierende und bronchospasmolytische Wirkung. 

Zur Herstellung von Hustensäften kann auf geprüfte Rezepturvorschläge aus dem NRF zurückgegriffen werden, darin sind zwei Vorschriften zu finden: Zuckerfreie Thymian-Mixtur (NRF 4.4.) und Thymian-Sirup (NRF 4.13.). Neben dem Fluidextrakt sind im Thymian-Sirup nach NRF 4.13. noch Saccharose als Süßungsmittel, Sternanis- und Bitterfenchelöl zur Verbesserung des Geschmacks und Gereinigtes Wasser enthalten.

Thymian-Sirup (NRF 4.13.):

100 ml enthalten:
Thymianfluidextrakt15,0 g
Sternanisöl0,023 g (entsprechend 1 Tropfen)
Bitterfenchelöl0,022 g (entsprechend 1 Tropfen)
Saccharose71,0 g
Gereinigtes WasserGereinigtes Wasser zu 126,0 g
„1- bis 3-mal täglich 10 ml einnehmen“

Bei der Kennzeichnung der Rezeptur muss der Ethanolgehalt des Thymianfluidextrakts berücksichtigt werden, dieser liegt zwischen 30 % (V/V) und 37 % (V/V). Für nötige Berechnungen wird grundsätzlich der höhere Wert verwendet.

Zur Kennzeichnung muss der Ethanolgehalt der Einzeldosis von 10 ml berechnet werden. 100 ml Zubereitung enthalten 15,0 g Thymianfluidextrakt mit 37 % (V/V) Ethanol. Zur Berechnung müssen Volumenprozent (V/V) in Massenprozent (m/m) umgewandelt werden, dies kann mithilfe der Ethanoltabelle des Europäischen Arzneibuchs erfolgen. 37 % (V/V) entsprechen dabei 30,6 % (m/m), in 15,0 g Thymianfluidextrakt sind also 4,6 g Ethanol enthalten. In 10 ml Thymian-Sirup befinden sich 1,5 g Thymianfluidextrakt mit 0,46 g bzw. 460 mg Ethanol.

Vorschlag zur Kennzeichnung:

Beispieletikett für 100 g Thymian-Sirup
Vorschlag für ein Etikett für Thymian-Sirup (NRF 4.13.)

Hinweise zu Gesundheitsgefahren bei alkoholhaltigen Zubereitungen

Bei der Abgabe alkoholhaltiger Zubereitungen zum Einnehmen an den Patienten ist es empfehlenswert, weitere Hinweise zu möglichen Gesundheitsgefahren zu geben. Diese können in mündlicher, aber auch in schriftlicher Form erfolgen und orientieren sich an der Packungsbeilage entsprechender Fertigarzneimittel. 

Bei NRF-Vorschriften können Hinweise dazu auch in den Erläuterungen zur jeweiligen Rezeptur gefunden werden. Beim Thymian-Sirup NRF 4.13. kann beispielsweise nachgelesen werden, dass die Menge an Alkohol in einer Einzeldosis weniger als 12 ml Bier oder 5 ml Wein entspricht.

Gut zu wissen: Hinweise zu Gesundheitsgefahren in Besonderheitenliste aufgeführt

Informationen zur gesundheitlichen Auswirkung von Alkohol sind auch in der Besonderheitenliste des BfArM zu finden. Werden pro Einzeldosis weniger als 15 mg/kg Körpergewicht Alkohol aufgenommen, so sind keine wahrnehmbaren Auswirkungen zu befürchten. Liegt die einzelne Dosis höher als 15 mg/kg, ist es laut Besonderheitenliste unwahrscheinlich, dass die Menge an zugeführtem Alkohol Auswirkungen hat. Allerdings können durch die Alkoholmenge die Wirkungen anderer Arzneimittel verändert werden. 

Auch sollte in Schwangerschaft und Stillzeit vor der Einnahme mit einem Arzt oder Apotheker gesprochen werden, ebenso bei Alkoholabhängigkeit. Werden pro Einzeldosis mehr als 75 mg/kg Alkohol zugeführt, sind Auswirkungen bei Kindern wie Schläfrigkeit und Verhaltensänderungen möglich. Zusätzlich kann bei Erwachsenen die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen eingeschränkt sein. 

Neben Schwangeren, Stillenden und Alkoholabhängigen sollten auch Patienten mit Epilepsie und Leberproblemen vor der Einnahme mit einem Arzt oder Apotheker sprechen.

Wie werden ethanolhaltige Mundspüllösungen gekennzeichnet?

Auch bei der Herstellung von Mundspüllösungen mit Ethanol müssen Vorschriften zur Kennzeichnung beachtet werden. Ethanol dient in dieser Darreichungsform zur Unterstützung der Wirkung der antiseptischen Substanzen. So enthält beispielsweise Polihexanid-Mundspülung 0,12 % (NRF 7.12.) neben dem Arzneistoff Polihexanid zusätzlich noch Ethanol 96 %.

Polihexanid-Mundspülung 0,12 % (NRF 7.12.):

100 g enthalten: 
Polihexanid-Lösung 20 % DAC0,6 g
Pfefferminzöl0,1 g
Macrogol-40-glycerolhydroxystearat0,1 g
Ethanol 96 %10,4 g
Glycerol 85 %3,0 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 g
„Mehrmals täglich den Mund mit 10 ml unverdünnter Lösung spülen und anschließend ausspucken“

Zur Kennzeichnung muss der Ethanolgehalt pro Einzeldosis von 10 ml berechnet werden. In 100 g Zubereitung sind 10,4 g Ethanol 96 % (V/V) enthalten, dies entspricht 93,8 % (m/m). 10,4 g Ethanol 96 % (V/V) enthalten also 9,76 g Ethanol. Da die Dosierung in Volumen erfolgt, muss zusätzlich noch die Dichte der Mundspüllösung von 0,988 g/ml berücksichtigt werden. 

Nach dem Zusammenhang Masse = Dichte x Volumen entsprechen 10 ml Einzeldosis 9,88 g Zubereitung. In 100 g Zubereitung sind 9,76 g Ethanol enthalten, nach einem Dreisatz befinden sich in 9,88 g Zubereitung 0,964 g Ethanol. Dies entspricht 964 mg Alkohol pro Einzeldosis bzw. 96,4 mg/ml [9,6 % (m/V)].

Ethanolgehalt und Kennzeichnung bei Dermatika

Bei Zubereitungen zum Auftragen auf die Haut gibt es meist keine genauen Angaben zur aufzutragenden Menge, aus diesem Grund wird der Gehalt an Ethanol in mg pro g oder ml Zubereitung auf dem Etikett angegeben. 

Beispielsweise enthält die häufig angewendete Suspensionszubereitung Ethanolhaltige Zinkoxidschüttelmixtur (NRF 11.3.) neben den Flüssigkeiten Glycerol 85 % und Gereinigtem Wasser auch Ethanol 90 % (V/V). Die Schüttelmixtur wird bei subakuten Hauterkrankungen zur Kühlung, Trocknung und Entquellung eingesetzt. Durch die Verdunstung des Alkohols wirkt die Ethanolhaltige Zubereitung stärker kühlend und juckreizstillend als die wässrige Zinkoxidschüttelmixtur DAC (NRF 11.22.).

Berechnung: In 100 g Ethanolhaltiger Zinkoxidschüttelmixtur sind 20 g Ethanol 90 % (V/V) enthalten, dies entspricht 85,7 % (m/m). In der gesamten Zubereitung, sprich in 100 g, sind somit 17,1 g Ethanol enthalten. 1 g Schüttelmixtur enthält 0,17 g bzw. 171 mg Ethanol [17,1 % (m/m)].

Gefahrenkennzeichnung beachten

Rezepturarzneimittel mit gefährlichen physikalischen Eigenschaften müssen nicht mit einem Piktogramm oder einem Signalwort gekennzeichnet werden. Bei der Beschriftung der Zubereitung müssen jedoch nötige Hinweise auf besondere Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigt werden. In der Praxis betrifft dies überwiegend alkoholische Lösungen mit Ethanol oder auch 2-Propanol. 

Genaue Vorgaben, ab welcher Ethanol-Konzentration Hinweise berücksichtigt werden müssen, gibt es allerdings nicht. Das NRF schlägt bei der Kennzeichnung der Ethanolhaltigen Zinkoxidschüttelmixtur (NRF 11.3.) mit einem Ethanolgehalt von 17,1 % (m/m) den Hinweis „Brennbar! Von Zündquellen fernhalten!“ vor. Bei der Polihexanid-Mundspülung 0,12 % (NRF 7.12.) mit einem niedrigeren Ethanolgehalt von 9,6 % (m/V) ist der Hinweis dagegen nicht nötig.

Vorschlag zur Kennzeichnung:

Beispieletikett für 100 g Ethanolhaltige Zinkoxidschüttelmixtur
Vorschlag für ein Etikett für eine Ethanolhaltige Zinkoxidschüttelmixtur

Quellen:
- DAC/NRF, I. Allgemeine Hinweise, I.3. Kennzeichnung und Abgabe, I.3.3. Warnhinweise und Analgetika-Warnhinweis-Verordnung
- https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2022/0001-0100/75-22.pdf;jsessionid=9D25A5203CC23EB65FB59E2A362CDA57.2_cid382?__blob=publicationFile&v=1
- https://www.ptaheute.de/praxiswissen/rezeptur/hilfsstoffe-kennzeichnen-was-ist-zu-beachten
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/05/24/neue-vorgabe-fuer-ethanolhaltige-rezepturen/chapter:2
 

Zurück