Rezeptur
Praxiswissen
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Am Beispiel Erythromycin: Identitätsprüfung in der Apotheke: So geht's

Equipment für Dünnschichtchromatographie
Im Europäischen Arzneibuch wird die Identitätsprüfung von Erythromycin durch Dünnschichtchromatographie oder Infrarotspektroskopie durchgeführt. | Bild: mehmet / AdobeStock

Im Sommer 2020 waren vereinzelt Packungen von Erythromycin im Umlauf, bei denen der Arzneistoff eine nennenswerte Menge an Erythromycinstearat enthielt. Offenbar war es während der Herstellung der Substanz zu einer Verwechslung gekommen. Aufgefallen ist der Fehler durch nicht entsprochene Identitätsprüfungen bei der Eingangskontrolle in der Apotheke. 

Aufgrund hoher Anforderungen an die Qualitätssicherung kommen solche Verwechslungen bei der Produktion von Arzneistoffen sicherlich äußerst selten vor. Trotzdem zeigt der Fall noch einmal deutlich, wie wichtig die Identitätsprüfung aller Ausgangsstoffe ist. 

Mitgeliefertes Prüfzertifikat muss genau angeschaut werden

Substanzen zur Herstellung von Zubereitungen werden vom pharmazeutischen Hersteller normalerweise mit einem Prüfzertifikat nach § 6 ApBetrO geliefert. Dieses Zertifikat wird bei der Eingangskontrolle in der Apotheke zunächst auf Vollständigkeit geprüft. Eine Checkliste für Prüfzertifikate ist dabei unter anderem in den NRF-Tabellen für die Rezeptur zu finden.

Nur wenn das Prüfzertifikat alle notwendigen Kriterien erfüllt, kann auf eine vollumfängliche Prüfung nach der jeweils gültigen Arzneibuchmonographie verzichtet werden. Die Identität des Stoffes muss aber auf jeden Fall in der Apotheke überprüft werden, dazu ist ein Prüfprotokoll anzufertigen. 

Vor der Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln muss die Substanz durch einen Apotheker freigegeben werden. Dieser zeichnet dazu das Prüfprotokoll mit Unterschrift und Datum ab. 

Schmelzpunktbestimmung nicht geeignet

Häufig wird im Apothekenalltag die Bestimmung der Schmelztemperatur eines Feststoffs als wenig aufwendige Identitätsprüfung durchgeführt. Die Schmelztemperatur kann allerdings nur dann als sicheres Kriterium für die Identität herangezogen werden, wenn diese in der Monographie des Stoffes auch aufgeführt ist. Eine gute Hilfestellung dazu ist im Deutschen Arzneimittel-Codex in der Anlage M zu finden. 

Die dort aufgeführte Übersicht bietet eine Zusammenstellung der Schmelztemperaturen der in den Monographien der Ph. Eur., des DAB und DAC beschriebenen Stoffe. Die angegebenen Werte beziehen sich dabei im Normalfall auf die im Europäischen Arzneibuch unter Punkt 2.2.14 beschriebene Schmelztemperatur-Kapillarmethode. 

Der Arzneistoff Erythromycin ist in dieser Anlage M im Übrigen nicht genannt. Die Bestimmung des Schmelzpunktes zur Feststellung der Identität ist daher nicht möglich. Erythromycin schmilzt nach dem Umkristallisieren aus Wasser als Monohydrat bei 135 bis 140 °C. Bei weiterem Erhitzen erstarrt die Schmelze wieder und zeigt bei 190 bis 193 °C einen zweiten Schmelzpunkt. 

Dünnschichtchromatographie oder IR-Spektroskopie zur Überprüfung der Identität

Im Europäischen Arzneibuch wird die Identitätsprüfung von Erythromycin durch Dünnschichtchromatographie oder Infrarotspektroskopie durchgeführt. Als praxistaugliche Möglichkeit kann das Makrolid-Antibiotikum auch mithilfe einer alternativen Prüfmethode aus dem DAC identifiziert werden. 

Mittlerweile existieren für rund 1.000 Ausgangsstoffe entsprechende Prüfvorschriften im DAC/NRF. Diese Prüfvorschriften dürfen in der Apotheke immer dann angewendet werden, wenn der zu prüfende Ausgangsstoff mit einem gültigen Prüfzertifikat geliefert und die Identität bereits vom Hersteller nach einer Arzneibuchvorschrift nachgewiesen wurde. 

Identität mittels Laufhöhe und Rf-Wert bestätigen

Die Dünnschichtchromatographie ist eine gut geeignete Methode zur Identifizierung von Arzneistoffen. Eine Untersuchungslösung wird dabei gegen eine Vergleichslösung auf eine DC-Platte aufgetragen und die erhaltenen Rf-Werte ausgewertet.

Haben der Arzneistoff und die Vergleichssubstanz die gleiche Laufhöhe, gilt die Identität als bestätigt. Zur besseren Auswertung werden die Substanzen meist noch mit einem Sprühreagenz behandelt. 

Zur Erinnerung: Was ist der Rf-Wert?

Unter dem Rf-Wert (Retentionsfaktor) versteht man den Quotienten aus der Entfernung zwischen dem Auftragepunkt und der Mitte des Substanzflecks und der Entfernung zwischen Auftragepunkt und der Front des Fließmittels. 

DAC-Probe 11: Praxistaugliche Prüfung von Erythromycin

Erythromycin kann nach DAC-Probe 11 geprüft werden: Dabei handelt es sich um eine vertikale Dünnschichtchromatographie auf kleinen Platten. Als stationäre Phase kommen Fertigplatten bis 100 mm Länge und 100 mm Breite mit Kieselgel 60 und einer mittleren Korngröße von 5 bis 40 µm zum Einsatz. 

Zur Herstellung der Untersuchungs- und Vergleichslösung werden jeweils 5 mg Substanz in 5 ml Methanol gelöst. Als Vergleichssubstanz wird Erythromycin verwendet, dessen Identität bereits nachgewiesen wurde. 

Für die Auswertung der DC-Platte wird diese nach dem Trocknen mit Anisaldehyd-Reagenz besprüht und anschließend bei 110 °C erhitzt. Im unteren Drittel der Platte kann dann auf dem Chromatogramm jeweils ein brauner Fleck der Untersuchungs- und Vergleichslösung beobachtet werden. Um die Identität von Erythromycin zu bestätigen, sollten die Rf-Werte und die Intensität der beiden Flecken gleich sein. 

Überprüfung der Teilchengröße nach DAC-Probe 22

Zur Herstellung von Erythromycin-haltigen Zubereitungen ist häufig eine mikrofeine Teilchengröße der Substanz vorgeschrieben. Der Arzneistoff liegt in den meisten halbfesten Darreichungsformen ungelöst vor und die entsprechende Rezeptur muss daher als Suspension hergestellt werden. Dabei hat die eingesetzte Teilchengröße des Wirkstoffs einen entscheidenden Einfluss auf die physikalische Stabilität der hergestellten Suspension. 

Zur Sicherung der ordnungsgemäßen Qualität empfiehlt sich daher, die Teilchengröße des Erythromycins nach DAC-Probe 22 Methode A zu überprüfen. Mehrere Proben des Erythromycin-Pulvers werden dazu mit einer kleinen Menge flüssigem Paraffin vermischt und auf einem Objektträger verteilt. 

Nach Auflegen eines Deckgläschens wird das Präparat unter dem Mikroskop im polarisierten Licht bei etwa 40-facher Vergrößerung beurteilt. Die untersuchte Probe muss dabei den Anforderungen an mikrofeine Pulver entsprechen und kein Pulverteilchen darf größer als 90 µm sein. Quellen:
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2011/daz-48-2011/bestimmung-der-schmelztemperatur
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/sind-sie-wirklich-notwendig-119810/
 

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