Titelbild: Schelbert / DAV
Rezepturen mit Amiodaron herstellen: So geht’s

Amiodaron kommt bei Herzrhythmusstörungen zum Einsatz, die sich in einer gestörten Herzfrequenz oder unregelmäßigen Herzschlägen äußern. Der Wirkstoff gilt als Mittel der zweiten Wahl, wenn andere Antiarrhythmika keine ausreichende Wirkung zeigen oder nicht angewendet werden können.
Amiodaron gehört zu den Antiarrhythmika der Klasse III und damit zu den sogenannten Kaliumkanalblockern. Diese Wirkstoffe verringern den Kaliumstrom aus der Zelle und verlangsamen damit die Erregungsweiterleitung sowie die Herzfrequenz.
Rezepturen mit Amiodaron: Verwendung von Fertigarzneimitteln zur Herstellung
Der Wirkstoff Amiodaron ist als Ausgangsstoff nicht erhältlich, daher kommen Fertigarzneimittel zur Herstellung von Rezepturen zum Einsatz. Diese enthalten Amiodaron in Form seines Hydrochlorids. Erhältlich sind
- Tabletten mit 100 mg und 200 mg Amiodaronhydrochlorid und
- Injektionslösungen mit 150 mg/3 ml Amiodaronhydrochlorid.
In den Injektionslösungen sind neben Wasser für Injektionszwecke als weitere Hilfsstoffe Polysorbat 80 sowie Benzylalkohol zur Konservierung enthalten. Da das Konservierungsmittel Benzylalkohol für Kinder als kritischer Hilfsstoff gilt, eignen sich die Injektionspräparate nicht zur Weiterverarbeitung für pädiatrische Zubereitungen.
Benzylalkohol wird im Körper zu Benzoesäure metabolisiert. Jüngere Kinder können diese Säure aufgrund einer unreifen Enzymaktivität nur unvollständig abbauen und somit kann sich die Substanz anreichern. Dabei besteht die Gefahr schwerer Schäden im zentralen Nervensystem.
Um Rezepturen für Kinder herstellen zu können, kommen daher nur die erhältlichen Fertigarzneimittel-Tabletten in Betracht.
Gut zu wissen: Dosierung von Amiodaron für Kinder
Amiodaronhydrochlorid wird bei Kindern ab einem Monat bei schweren therapieresistenten Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Dosiert wird dabei nach dem Körpergewicht des Kindes:
Als Initialdosis über zehn Tage werden normalerweise 10 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag eingesetzt – aufgeteilt in zwei Einzelgaben.
Als Erhaltungsdosis werden 2,5 mg bis 5 mg Amiodaronhydrochlorid pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag empfohlen.
Flüssige Zubereitungen mit Amiodaron als Suspension herstellen
Sowohl der Wirkstoff selbst als auch verschiedene Hilfsstoffe aus den Tabletten zeigen in Wasser keine ausreichende Löslichkeit. Daher müssen flüssige Zubereitungen zum Einnehmen als Suspensionen hergestellt werden.
In wasserhaltigen Zubereitungen neigt Amiodaronhydrochlorid zwar zur Zersetzung, in sauer konservierten Grundlagen ist aber eine ausreichende Stabilität über einige Wochen gewährleistet.
Zur Herstellung müssen die Tabletten im Überschuss fein gepulvert werden, daraus wird dann die benötigte Pulvermenge abgewogen und weiterverarbeitet. Durch diesen verwendeten Überschuss können zulässige Gehaltsschwankungen in den Tabletten ausgeglichen werden.
Eine genaue Festlegung zur Größe dieses Überschusses gibt es nicht. Das NRF empfiehlt grundsätzlich eine mindestens zweistellige Anzahl an Tabletten zu verreiben.
Zunächst wird das Pulver mit wenig Grundlage angerieben, anschließend kann schrittweise bis zum Endvolumen aufgestockt werden.
Gut zu wissen: Suspensionen als volumendosierte Darreichungsform
Bei Suspensionen wird die Konzentration meist in Milligramm pro Milliliter angegeben, es handelt sich also um volumendosierte Arzneiformen.
Wie auch bei den Amiodaronhydrochlorid-Suspensionen ist die Dichte der Zubereitung häufig nicht bekannt. Die flüssigen Zubereitungen müssen dann mit Hilfe volumetrischer Messvorrichtungen hergestellt werden.
Dazu wird die Anreibung des Wirkstoffs aus der Salbenschale in einen Messzylinder überführt und mit der Grundlage auf das gewünschte Volumen aufgefüllt.
Die fertige Suspension muss sich durch Aufschütteln jederzeit homogenisieren lassen – Apotheken sollten diese Aufschüttelbarkeit überprüfen. Dazu wird die Zubereitung für rund 24 Stunden stehen gelassen. Danach müssen sich die abgesunkenen Feststoffe gut aufschütteln lassen. Nur dann darf die Suspension an den Patienten abgegeben werden.
Zubereitungen mit Amiodaron: Verwendung von SyrSpend® als Grundlage
Als Trägerlösung kann für Kinder ab zwei Jahren die flüssige SyrSpend® SF pH 4 Grundlage eingesetzt werden. Die Grundlage ist bereits konserviert und mit verschiedenen Aromen erhältlich.
Rezepturbeispiel: Amiodaronhydrochlorid 20 mg/ml in SyrSpend® SF pH 4:
Amiodaronhydrochlorid (aus Tablettenpulver) | 2,0 g |
SyrSpend® SF pH 4 flüssig | zu 100,0 ml |
Laut Herstellerangaben ist diese Suspension bei einer Lagerungstemperatur zwischen 15 °C und 25 °C für 90 Tage stabil. Auf ähnliche Weise kann auch eine niedriger dosierte Suspension mit 5 mg/ml Wirkstoff hergestellt werden.
Gut zu wissen: SyrSpend® pH 4 SF flüssig für Kinder ab zwei Jahren verwendbar
Die flüssige Suspensionsgrundlage ist mit Natriumbenzoat konserviert. Dieses Konservierungsmittel darf allerdings erst für Kinder ab zwei Jahren verwendet werden.
Für jüngere Kinder muss eine Herstellung der Suspension daher mit SyrSpend® SF pH 4 Pulver erfolgen, dieses ist frei von Konservierungsstoffen. Die fertige Zubereitung muss dann im Kühlschrank bei einer Temperatur zwischen 2 °C und 8 °C aufbewahrt werden. Die Aufbrauchsfrist beträgt lediglich 14 Tage.
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.) auch geeignet
Als weitere Möglichkeit kann Amiodaronhydrochlorid auch mit der Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.) verarbeitet werden. Diese Suspensionsgrundlage wurde extra zur Anwendung bei Kindern jeden Alters entwickelt und kann in der Apotheke hergestellt oder auch fertig bezogen werden.
Neben Gereinigtem Wasser ist Hydroxyethylcellulose 10.000 als Verdickungsmittel sowie Glucose-Monohydrat zur Geschmacksverbesserung enthalten. Als Schutz vor Verkeimung wird Kaliumsorbat zugegeben sowie zur nötigen pH-Regulation Citronensäure.
Dosierung der Suspension: Mit Kolbenpipette abmessen
Um ein effektives Schütteln vor der Anwendung zu ermöglichen, sollte die fertige Suspension in eine ausreichend große Flasche abgefüllt werden.
Zur sicheren Dosierung wird eine Kolbenpipette mit geeigneter Graduierung mitgegeben. Mithilfe dieser Pipette kann die benötigte Einzeldosis kopfüber aus der Flaschenmündung entnommen werden. Nach der Entnahme der Dosis kann die Pipette mit einem Tuch von außen abgewischt werden, das Spülen mit Wasser wird nicht empfohlen.
Grundsätzlich sollten die Eltern bei der Abgabe pädiatrischer Suspensionen darauf hingewiesen werden, dass die Zubereitung vor der Entnahme der Einzeldosis gut zu schütteln ist. Nur so ist eine korrekte Entnahme der benötigten Dosis möglich.
Zur Applikation der Suspension sollte das Kind aufrecht sitzen und die Suspension vorsichtig in die Wangentasche geträufelt werden.
Herstellung von Kapseln mit Amiodaron
Neben Suspensionen können aus Amiodaronhydrochlorid-Tabletten auch Kapseln hergestellt werden. Zur Verabreichung können diese geöffnet und die Pulvermischung mit Nahrungsmitteln oder Getränken verabreicht werden.
Zur Herstellung werden die zuvor pulverisierten Fertigarzneimittel-Tabletten mit einem Füllmittel vermischt und in Hartgelatine-Steckkapseln gefüllt. Bei der Herstellung von Kapseln kommt es unweigerlich zu Pulververlusten, daher muss ein Produktionszuschlag berücksichtigt werden. Dieser Wirkstoff-Zuschlag beträgt grundsätzlich 5 %, bei niedrig dosierten Kapseln unter 20 mg Wirkstoff werden sogar 10 % empfohlen.
Eine Befüllung der Hartgelatine-Steckkapseln mit der Pulvermischung ist nach der Ergänzungsmethode möglich. Dazu wird die abgewogene Menge an gepulvertem Fertigarzneimittel mit etwas Füllmittel vermengt und diese Pulvermischung dann auf die geöffneten Kapselunterteile möglichst gleichmäßig verteilt. Anschließend werden die Unterteile mit reinem Füllmittel aufgefüllt. Die befüllten Unterteile werden dann auf eine Kapselmatte oder ein Papier entleert, die Pulvermischung kurz in der Fantaschale verrührt und danach gleichmäßig auf die Kapselunterteile verteilt.
Als Füllmittel kann das Standardfüllmittel aus Mannitol 99,5 % und Siliciumdioxid 0,5 % nach NRF S.38. verwendet werden. Lactose ist wegen möglicher Wechselwirkungen mit Amiodaron nicht geeignet. Quellen:
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Amiodaron (11.04.2025)
- https://www.kinderformularium.de/
- https://paedform.edqm.eu/home