Rezeptur
Praxiswissen
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Auf den pH-Wert kommt es an: Worauf bei Konservierung mit Sorbinsäure zu achten ist

Mit Zange wird ein Glas zum Erhitzen gehalten
Die Lösungsgeschwindigkeit der Sorbinsäure kann durch Erwärmen erhöht werden, längeres Erhitzen ist aber unbedingt zu vermeiden, da Sorbinsäure wasserdampfflüchtig ist und der Gehalt so schnell abnimmt. | Bild: Schelbert / PTAheute

Mikrobiell anfällige Rezepturen müssen in der Apotheke fachgerecht konserviert werden. Aufgrund ihrer guten Verträglichkeit kommt dabei bei Zubereitungen mit leicht sauren pH-Werten häufig Sorbinsäure 0,1% zum Einsatz. 

Dermatika und Lösungen zur Einnahme sollten vorzugsweise durch Sorbinsäure vor mikrobiellem Verderb geschützt werden, auch für Kinderrezepturen ist dieses Konservierungsmittel gut geeignet. Es zeigt eine Wirksamkeit vor allem gegen Hefen und Schimmelpilze, untergeordnet auch gegen Bakterien. 

Die Wirkung der Sorbinsäure ist dabei entscheidend vom pH-Wert der Zubereitung abhängig. Die Sorbinsäure steht mit ihrem Salz, das als Sorbat bezeichnet wird, in einem pH-abhängigen Gleichgewicht. Mit steigendem pH-Wert nimmt der Anteil der vorliegenden Säureform ab. Bei einem pH-Wert von etwa 5 liegen nur noch 36% Sorbinsäure vor, der Rest als dissoziiertes Salz (= Zerfall in Anionen und Kationen). Antimikrobiell wirksam ist dabei allerdings nur die Säureform. Der optimale pH-Wert zur Verwendung von Sorbinsäure als Konservierungsmittel liegt bei pH-Werten zwischen 3,5 und 5,5. Oberhalb dieses genannten pH-Bereichs liegt zu wenig Sorbinsäure vor und eine ausreichende Konservierung ist nicht mehr gewährleistet. 

Sorbinsäure nur begrenzt wasserlöslich

Bei der Herstellung von Zubereitungen muss allerdings beachtet werden, dass Sorbinsäure nur eine geringe Wasserlöslichkeit von 0,16% zeigt. Um die benötigte Sorbinsäure-Konzentration von 0,1% zu erhalten, muss eine Rezeptur einen Mindestwassergehalt von 62,5% aufweisen. 

Die Lösungsgeschwindigkeit der Sorbinsäure kann durch Erwärmen erhöht werden, längeres Erhitzen ist aber unbedingt zu vermeiden. Die Substanz ist wasserdampfflüchtig und Untersuchungen des NRF dazu haben gezeigt, dass der Gehalt an Sorbinsäure beim Erhitzen wässriger Lösungen relativ schnell abnimmt. Bei der Herstellung hydrophiler Cremes aus Einzelbestandteilen muss die wässrige Phase ohnehin erhitzt werden, hier kann Sorbinsäure durchaus direkt zur Konservierung verwendet werden.

Kaliumsorbat als Alternative für Sorbinsäure

Bei anderen Zubereitungen, insbesondere solchen, die ohne Zufuhr von Wärme hergestellt werden, ist es einfacher, das Salz der Sorbinsäure einzusetzen. Kaliumsorbat zeigt in Wasser unabhängig von der Temperatur eine gute Löslichkeit. Allerdings hat es selbst keine antimikrobielle Wirksamkeit. Erst unterhalb von pH-Werten von 5,5 liegt in ausreichender Menge die antimikrobiell wirksame Sorbinsäure vor. 

Eine Absenkung des pH-Wertes nach Auflösen des Alkalisalzes durch Zugabe einer Säure ist daher unbedingt durchzuführen, meist wird dazu Citronensäure verwendet. 

Rezepturbeispiel 1: Sotalolhydrochlorid-Lösung 20 mg/ml (NRF 10.4.)
Sotalolhydrochlorid2,0 g
Kaliumsorbat0,14 g
Citronensäure0,07 g
Gereinigtes Wasserzu 100,4 g

Die Lösung wird zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen in der Pädiatrie eingesetzt und lässt sich aufgrund der leichten Wasserlöslichkeit der Feststoffe unproblematisch herstellen. Zunächst werden dazu in einem mit Glasstab tarierten Becherglas der Wirkstoff und Kaliumsorbat im Großteil des Gereinigten Wassers gelöst, anschließend kann die Citronensäure hinzugefügt und gelöst werden. Danach kann der Ansatz bis zur Endmasse mit Gereinigtem Wasser aufgefüllt werden. 

Gut zu wissen: Konservierung basischer Rezepturen

Der rezeptierbare pH-Bereich der Sorbinsäure liegt zwischen pH 3,5 und 5,5, eine Konservierung basischer Zubereitungen ist damit nicht möglich. Säurelabile Wirkstoffe wie z. B. Erythromycin oder Gentamicinsulfat können daher nicht zusammen mit Sorbinsäure verarbeitet werden. Um entsprechende Rezepturen vor mikrobiellem Verderb zu schützen, ist ein Zusatz von 20% Propylenglycol (bezogen auf die Wasserphase) geeignet. 

Wie auch bei der Vorschrift 10.4. wird in zahlreichen NRF-Rezepturen eine Kombination von Kaliumsorbat und Citronensäure im Massenverhältnis 2:1 verwendet, dies entspricht 0,14% Kaliumsorbat und 0,07% Citronensäure. Grundsätzlich darf dabei die Citronensäure oder andere sauer reagierende Bestandteile erst am Ende der Herstellung dazugeben werden, ansonsten würde durch Absenkung des pH-Wertes und lokaler Übersättigung die schlecht wasserlösliche Sorbinsäure wieder ausfallen. 

Rezeptur mit Sorbinsäure ohne Citronensäure

Nach Auflösen von Kaliumsorbat in der wässrigen Phase wird der pH-Wert also durch Zugabe einer Säure abgesenkt, in den allermeisten Fällen wird dazu Citronensäure verwendet. Manchmal kann auf diese Zugabe verzichtet werden, da die Zubereitung bereits einen anderen sauer reagierenden Bestandteil enthält. 

Rezepturbeispiel 2: Captopril-Lösung 2 mg/ml (NRF 10.5.)
Captopril0,2 g
Kaliumsorbat0,1 g
Ascorbinsäure0,2 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 g

Die Lösung zum Einnehmen wird als Antihypertensivum und zur Behandlung der Herzinsuffizienz in der Pädiatrie verwendet. Der Wirkstoff Captopril neigt in wässriger Lösung zur Oxidation, die Reaktion lässt sich durch Zugabe von Antioxidanzien wie Ascorbinsäure verlangsamen. Der pH-Wert der Zubereitung liegt daher bereits im sauren Bereich, eine Zugabe von Citronensäure zur Freisetzung von Sorbinsäure aus Kaliumsorbat ist nicht nötig. Bei der Herstellung der Lösung ist wiederum zu beachten, dass zunächst das Salz Kaliumsorbat in Gereinigtem Wasser aufzulösen ist und erst danach die sauren Bestandteile Captopril und Ascorbinsäure ergänzt werden dürfen. 

Rezepturbeispiel 3: Hydrophile Creme mit Harnstoff
Harnstoff5,0 g
(S)-Milchsäure (90%)1,0 g
Natrium-(S)-lactat-Lösung (50%)4,0 g
Polysorbat 604,5 g
Cetylstearylalkohol9,0 g
Glycerol 85%9,0 g
Weißes Vaselin22,5 g
Gereinigtes Wasser zu 100,0 g

Die Verordnung für diese O/W-Creme enthält zunächst kein Konservierungsmittel. Die Zubereitung muss daher in der Apotheke konserviert werden. Der verwendete Lactat-Puffer bestehend aus Milchsäure und Natriumlactat schützt den Wirkstoff Harnstoff vor Zersetzung und stellt den pH-Wert auf etwa 4,5 ein. Eine Konservierung der Zubereitung kann durch Kaliumsorbat 0,14% erfolgen, daraus entsteht dann bei sauren pH-Werten ausreichend antimikrobiell wirksame Sorbinsäure. Auf eine Zugabe von Citronensäure kann verzichtet werden, da der pH-Wert durch den Lactat-Puffer bereits entsprechend eingestellt ist. 

Eignet sich Benzoesäure zur Konservierung?

Eine Konservierung von Dermatika und Oralia mit leicht sauren pH-Werten kann auch mit Benzoesäure (0,1 bis 0,2%) erfolgen. Dabei gilt grundsätzlich die bei der Sorbinsäure beschriebene Vorgehensweise. 

Auch die Benzoesäure zeigt mit 0,29% eine nur begrenzte Wasserlöslichkeit, weshalb zur Verarbeitung meist das sehr leicht wasserlösliche Salz Natriumbenzoat eingesetzt wird. Durch die Zugabe einer Säure entsteht bei pH-Werten kleiner 5 aus dem Salz ein ausreichender Anteil an antimikrobiell wirksamer Benzoesäure. Auch hier werden häufig Kombinationen im Massenverhältnis 2:1 verwendet, also 0,15% Natriumbenzoat und 0,075% Citronensäure. 

Im Gegensatz zur Sorbinsäure gilt Benzoesäure aber als kritischer Hilfsstoff in der Pädiatrie, Zubereitungen zum Einnehmen für Kinder sollen daher nicht mit Benzoesäure konserviert werden. Denn Kinder bis zu einem Alter von zwei Jahren verfügen noch über eine unzureichende Enzymaktivität in der Leber und können das Konservierungsmittel nicht vollständig abbauen. Durch eine Anreicherung von Benzoesäure sind schwere Schäden im Zentralnervensystem möglich. Auch das Konservierungsmittel Benzylalkohol wird im Körper zu Benzoesäure oxidiert, daher ist auch diese Substanz für jüngere Kinder nicht geeignet. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweis Sorbinsäure und Kaliumsorbat (03.11.2021)
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-40-2016/schutz-vor-verderben
DAC/NRF-Rezepturhinweis Benzoesäure und Natriumbenzoat (23.02.2021)
 

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